Hamburg. Vor gut 20 Jahren gab es erste Ideen für den zentralen Standort für Fraktionen und Verwaltung – jetzt ist er gefunden.
Das ist selbst für Hamburger Verhältnisse eine lange Planungszeit: Schon vor mehr als 20 Jahren entstand die Idee für ein „Haus der Bürgerschaft“, in dem die Räume für alle Fraktionen, Abgeordnete und die Bürgerschaftskanzlei unter einem Dach zentral zusammengefasst sind. Jetzt ist der „Traum“ (Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit, SPD) seiner Realisierung ein gutes Stück näher gerückt.
Der Senat hat dem von der Bürgerschaft ausgehandelten Mietvertrag für das Bürogebäude Alter Wall 38 in unmittelbarer Nähe zum Rathaus am Dienstag zugestimmt. Wie bereits berichtet, wird der Komplex, der sich bis in die Straße Adolphsbrücke erstreckt und rückseitig an das Alsterfleet grenzt, derzeit entkernt, umgebaut und aufgestockt. Der Investor Art-Invest Real Estate geht davon aus, dass das Gebäude 2025 bezugsfertig sein wird. Außer der Bürgerschaft wird im Erdgeschoss zur Fleetseite das Brauhaus Joh. Albrecht einziehen, das bereits vor dem Umbau an diesem Standort war.
Immobilien Hamburg: Erstmals hat Bürgerschaft einen Geheimschutzbereich
Die von der Parlamentsverwaltung und den Fraktionen genutzten Räumlichkeiten verteilen sich auf acht Stockwerke und umfassen 9850 Quadratmeter Nutzfläche. Vorgesehen ist auch ein repräsentativer ebenerdiger Eingangsbereich, der die Bürgerschaft als Erste Gewalt im Stadtstaat sichtbarer machen soll. Das Raumkonzept soll so gestaltet werden, dass auf Veränderungen der Fraktionsgrößen nach Wahlen flexibel reagiert werden kann. Erstmals wird die Bürgerschaft über einen abhörsicheren Geheimschutzbereich verfügen. Vorgesehen sind auch Flächen für parlamentarische Sondergremien und Besprechungsräume.
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Die monatliche Nettokaltmiete wird 354.000 Euro betragen oder 28,90 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Der über 30 Jahre laufende Mietvertrag sieht eine jährliche Steigerung von 2,5 Prozent vor. „Mit allen Nebenkosten gehen wir von einem Volumen von 202 Millionen Euro über die 30 Jahre aus. Das ist viel Geld, aber das ist 30 Jahre Demokratie, wenn ich das so sagen darf“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit am Dienstag.
Das Haus der Bürgerschaft löst ein Provisorium von sechs Standorten ab
„Einen günstigeren Mietvertrag für ein Objekt in fußläufiger Nähe zum Rathaus wird man kaum finden. Umso wichtiger sind auf der anderen Seite die Effizienzsteigerungen, die sich durch die Zusammenlegung an einem Standort ergeben. Das ist ein sehr guter Weg“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).
Das Haus für die Demokratie wird ein Provisorium ablösen: Die Verwaltung des Parlaments und die Fraktionen sind derzeit auf fünf Standorte rund ums Rathaus verteilt. Die Büroräume haben unterschiedlich lange Mietlaufzeiten, die zudem nicht an die Legislaturperioden gekoppelt sind.
Bislang hat die Bürgerschaft außerhalb des Rathauses insgesamt 8606 Quadratmeter Büroräume angemietet – also weniger als in Zukunft. Derzeit zahlt das Landesparlament für die „Außenstellen“ insgesamt eine Nettokaltmiete von rund 160.000 Euro, wobei allerdings mit deutlichen Mietsteigerungen zu rechnen gewesen wäre, falls es zu einer weiteren Nutzung gekommen wäre.
Das Rathaus soll „Herz der parlamentarischen Arbeit“ bleiben
Allerdings sind die bisher genutzten Räume zum Teil renovierungs- und modernisierungsbedürftig. Das Haus der Bürgerschaft am Alten Wall soll höchste Energie- und Klimaschutzstandards („LEED gold“) erfüllen. Außerdem wird das Gebäude komplett barrierefrei sein.
Von den derzeit angemieteten Räumen will die Bürgerschaft lediglich das Gebäude Adolphsplatz 6 mit seinen Sälen weiterhin nutzen. Dort tagen derzeit der Parlamentarische Untersuchungsausschuss Cum-Ex sowie weitere Ausschüsse der Bürgerschaft.
Im Rathaus verbleiben die sogenannten Kopfstellen der Fraktionen und der Bürgerschaftskanzlei sowie der Plenardienst mit dem Parlamentsarchiv und das Protokoll. „Das Rathaus ist weiterhin repräsentativer Sitz der Hamburgischen Bürgerschaft und bleibt das Herz der parlamentarischen Arbeit“, heißt es in der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft.
Immobilien Hamburg: Helmut Schmidt brachte erste Planungen vor 15 Jahren zu Fall
Vor gut 15 Jahren hatte kein Geringerer als Helmut Schmidt erste Pläne für ein Haus der Bürgerschaft auf dem Domplatz spektakulär zu Fall gebracht. Hamburgs mittlerweile verstorbener Ehrenbürger, Ex-Bundeskanzler und_Ex-„Zeit“-Herausgeber wollte nicht auf den freien Blick aus seinem Büro im benachbarten „Zeit“-Haus verzichten. Vergleichbare Querschüsse drohen beim neuen Projekt offensichtlich nicht.