Hamburg. Hamburg ist das einzige Bundesland ohne Kooperation mit einer Stadt in dem Nahoststaat. Dabei gab es schon vor 23 Jahren Pläne.
Die CDU-Opposition will eine bemerkenswerte Leerstelle füllen: Die Christdemokraten fordern den rot-grünen Senat in einem Bürgerschaftsantrag auf, sich für eine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt einzusetzen. Insgesamt rund 100 solcher Kooperationen existieren zwischen Städten in Israel und Deutschland. Hamburg ist das einzige der 16 Bundesländer ohne eine Verbindung auf städtischer Ebene.
„Es geht uns dabei nicht nur um den symbolischen Wert einer Städtepartnerschaft, sondern um die klare Aussage: Wir stehen an der Seite Israels, des israelischen Volkes und zu Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson“, sagt CDU-Fraktionschef Dennis Thering.
Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen seien immens, „treue und verantwortungsbewusste Bündnisse der freien Welt umso notwendiger“. Eine Städtepartnerschaft stärke Freundschaft und Verbundenheit und sie biete „wirtschaftliches Entwicklungspotenzial für beide Seiten und einen überaus wertvollen kulturellen Austausch“.
Israel: Welche Stadt es werden soll, lässt die CDU offen
Thering verweist außerdem darauf, dass seit der Gründung des Staates Israel am 14. Mai vor 75 Jahren enge Verbindungen zwischen Deutschland und dem Nahoststaat entstanden seien. „Hamburg wird durch jüdisches Leben überaus bereichert und dieses gehört bewusst in die Mitte unserer Gesellschaft“, sagt Thering. Die Pläne zum Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge im Grindelviertel seien dafür ein „leuchtendes Beispiel“.
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Mit welcher Stadt Hamburg eine Partnerschaft eingehen soll, lässt der CDU-Antrag offen. Allerdings heißt es dort: „Israel gilt mit mehr als 6000 aktiven Start-ups und einer lebendigen Gründungskultur als eines der innovativsten Länder der Welt.
Tel Aviv und sein Start-up-Ökosystem rangieren in einem Ranking der weltweit innovativsten Städte vor Berlin und München. Eine Städtepartnerschaft könnte hier wertvolle Synergien schaffen.“ Die Wirtschaftsmetropole am Mittelmeer unterhält allerdings laut Wikipedia bereits 29 Städtepartnerschaften – darunter auch mit Köln, Frankfurt/M., Bonn, Essen und Freiburg.
Antrag für Städtepartnerschaft schmort noch im Europaausschuss
Der Vorstoß der CDU ist bei Weitem nicht der erste Versuch, eine Städtepartnerschaft mit einer Kommune im einzigen demokratischen Staat des Nahen Ostens zu begründen. Zuletzt war ein Antrag der rechtspopulistischen AfD-Fraktion, eine Partnerschaft mit einer israelischen Hafenstadt anzustreben, im September 2021 von allen anderen Fraktionen abgelehnt worden.
Die CDU-Fraktion hatte im Mai 2019 beantragt, der Senat möge prüfen, „mit welchen israelischen Städten und auf welchen Wegen die Schaffung sowie die Intensivierung von Kooperationen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Innovationsforschung möglich sind, um darauf aufbauend eine nachhaltige und zukunftsorientierte Städtepartnerschaft zu begründen“.
In einer Beratung des zuständigen Europaausschusses der Bürgerschaft am 29. September 2020 betonte der Senat, dass es zahlreiche Kooperationen zwischen Hamburg und Israel auf wirtschaftlichem und wissenschaftlichen Gebieten vor allem mit Einrichtungen in Jerusalem, Tel Aviv, Haifa und Rehovot gebe. Weiteres Potenzial werde „jedoch weniger in der Fokussierung auf einen bestimmten Ort gesehen, sondern vielmehr in der Bandbreite“. Städtepartnerschaften erforderten „die Investition von vielen Ressourcen in einen bestimmten Ort …, wodurch man sich der Agilität und Flexibilität beraube“, heißt es im Ausschussprotokoll.
Vor 23 Jahren: Bürgerschaft einstimmig für Drei-Städte-Partnerschaft
„Angesichts der besonderen Dynamik und der unterschiedlichen Interessensgebiete im Bereich Wissenschaft, Forschung und Innovation seien ortsunabhängige Kooperationen daher Städtepartnerschaften vorzuziehen“, heißt es weiter. Der CDU-Antrag von 2019 schmort immer noch im Europaausschuss. Die CDU wirft dem Senat nun vor, dass er sich einer Städtepartnerschaft „mit seiner Ablehnungshaltung seit mehr als einem Jahrzehnt verweigert“.
Dabei waren Landesregierung und Opposition schon einmal einer Meinung. Vor fast 23 Jahren – am 13. Juli 2000 – beschloss die Bürgerschaft einstimmig, eine Drei-Städte-Partnerschaft mit dem israelischen Ashkelon und dem palästinensischen Gaza anzustreben.
Auch damals war die Initiative von der CDU ausgegangen. Beide Städte hatten damals, als es Hoffnung auf den Abschluss des Friedensprozesses gab, Bereitschaft zu einer Partnerschaft bekundet. Aus der Idee ist bekanntlich nichts geworden, und eine Kooperation mit Gaza muss heute angesichts der politischen Lage als ausgeschlossen gelten.
Hamburg und Israel: Im Gespräch war Partnerschaft mit der Stadt Ashdod
Schon bei den damaligen Ausschussberatungen war als Alternative zu Ashkelon eine Verbindung zwischen Hamburg und Ashdod südlich von Tel Aviv ins Gespräch gebracht worden. Ashdod ist neben Haifa der größte israelische Hafen und Anlaufpunkt für Kreuzfahrtschiffe. Die Stadt (rund 220.000 Einwohner) hat unter ihren elf Partnerschaften lediglich eine deutsche – mit dem Berliner Bezirk Spandau.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft Hamburg (DIG) unterstützt die Initiative der CDU. „Das 75. Staatsjubiläum Israels wäre nicht nur ein idealer Anlass, sondern ist zugleich die Aufforderung an unsere Freie und Hansestadt, nach einem Dreivierteljahrhundert endlich eine derartige Bindung einzugehen“, sagt der DIG-Vorsitzende Daniel Killy.
„Als jüdischer Bürger Hamburgs erfüllt es mich mit Stolz, dass Judentum in der Stadtgesellschaft künftig mit der Bornplatzsynagoge sichtbarer wird. Da wäre eine Städtepartnerschaft – etwa mit Israels wichtigster Hafenstadt Ashdod – ein weiteres Signal“, sagt Killy.
„Ich freue mich, dass die Idee, Hamburg mit Israel durch eine Städtepartnerschaft zu verbinden, neu belebt wird und wünsche dieser Initiative eine breite Unterstützung“, sagt der Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel. Begegnungen unter anderem zwischen Juden, Moslems und Christen aus Israel und Hamburg würden dazu beitragen, dass antisemitische Stereotypen und israelbezogener Antisemitismus abnehmen.