Hamburg. Aufsichtsratschef Michel Behrendt über den Einsatz des Milliardärs, Geld für Bundeskanzler Olaf Scholz und Udo Lindenberg.

Er war lange Vorstandsvorsitzender von Hapag-Lloyd, ist dort jetzt Chef des Aufsichtsrates, dazu noch Präsident des Übersee-Clubs, zählt so unterschiedliche Menschen wie Musiker Udo Lindenberg und Milliardär Klaus-Michael Kühne zu seinen Vertrauten. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht Michael Behrendt über Geld, das Olaf Scholz zurückbekommen wollte, über eine Eigenschaft, die man bei ihm nicht erwartet – und über die Freundschaft mit einem, von dem viele eine falsches Bild haben. Das komplette Gespräch ist unter www.abendblatt.de/entscheider zu hören.

Das sagt der Aufsichtsratschef von Hapag-Lloyd, Michael Behrendt, über…

… den Rekordgewinn von Hapag-Lloyd in Höhe von 17,5 Milliarden Euro:

„Wenn man durch alle Hochs und Tiefs in dieser Branche gegangen ist, wenn man erlebt hat, dass die Zukunft von Hapag-Lloyd in Hamburg auf der Kippe stand, dass wir 2009 wie viele in der Schifffahrt kurz vor dem Aus standen, macht einen, macht das ganze Unternehmen ein solcher Gewinn glücklich. Das ist so, als würde man in einem Jahr vier Mal den Jackpot im Lotto gewinnen. Aber dieser Gewinn wird auch ein einmaliges Erlebnis sein, weil wir während der Corona-Pandemie etwas erlebt haben, was niemand erwartet hat: dass die Menschen so viel bestellen, was per Schiff geliefert werden muss.“

… Geld, das Olaf Scholz unbedingt zurückbekommen wollte:

„Die Stadt Hamburg hat das Geld, dass sie dafür ausgegeben hat, damit Hapag-Lloyd in Hamburg bleibt, inzwischen mehrfach zurückbekommen, und das verdientermaßen. Hamburg hat damals Mut bewiesen und ist mit einigen hundert Millionen Euro bei Hapag-Lloyd eingestiegen, und ich kann mich noch gut an die Rede erinnern, die Olaf Scholz als Bürgermeister in der Bürgerschaft gehalten hat. Ich saß als Vorstandsvorsitzender der Reederei unter den Zuschauern und er sah zu mir hoch, als er sagte: ,I want my money back.’ Als er Bundeskanzler wurde, habe ich ihm in einem Brief zu seiner Wahl gratuliert, und dazu geschrieben: ,By the way: you get your money back.’ Die Beteiligung an Hapag-Lloyd ist für die Stadt ein gutes Geschäft geworden, mich freut das ungemein.“

… Klaus-Michael Kühne, ohne den es Hapag-Lloyd heute in Hamburg wahrscheinlich nicht mehr geben würde:

„Klaus-Michael Kühne war maßgeblich daran beteiligt, im Jahre 2008 Partner zu finden, die dafür sorgen, dass Hapag-Lloyd nicht nach Asien verkauft wird. Dann wären in Hamburg die Lichter ausgegangen. Ohne Kühnes Einsatz und seine Vehemenz wäre das Konsortium, dass Hapag-Lloyd schließlich übernommen hat, nicht zustande gekommen. Er war immer der Meinung, dass Hapag-Lloyd zu Hamburg gehört und dass ein Land wie Deutschland eine eigene Linienreederei haben muss. Daran hat er geglaubt und dafür hat er mit großer Kraft gekämpft. Ohne ihn wäre Hapag-Lloyd heute nicht mehr in Hamburg.“

… Kühnes Idee, in Hamburg eine neue Oper zu bauen:

„Ich finde, das ist ein grandioses Projekt, weil eine neue Oper ein weiterer Leuchtturm für Hamburg sein wird. Es gibt ein vergleichbares Projekt, das in Kopenhagen realisiert worden ist, das der inzwischen verstorbene Eigentümer der Reederei Maersk angestoßen hat. Der hat in Kopenhagen dafür gesorgt, dass dort eine Oper gebaut wurde, obwohl es dort natürlich schon eine Oper gab. Hamburg würde ebenfalls eine neue, spektakuläre Oper guttun, weil wir so viele moderne Leuchttürme neben der Elbphilharmonie und vielleicht dem Elbtower auch nicht haben. Deswegen glaube ich, dass es eine schöne Chance für Hamburg ist – die übrigens auch noch viel mehr als nur eine große Bühne für die hohe Kunst bieten würde.“

… das öffentliche Bild von ihm als immer ruhigem, freundlichem Geschäftsmann und Netzwerker:

„Ich würde schon sagen, dass ich ein Netzwerker bin, der verbindlich und diplomatisch ist. Aber nur mit nett sein kommt man im Leben auch nicht weiter, man muss bestimmte Ziele und Ehrgeiz haben, und man muss auch mal die andere Karte ziehen, wenn man weiterkommen will. Ich bin meistens freundlich und höflich, aber ich kann auch mal laut und deutlich werden, das gehört dazu. Wer glaubt, dass ich immer ruhig und gelassen bin, der irrt. Ich bin aber niemand, der Stress oder Angespanntheit nach außen trägt.“

… den Überseeclub und seine Mitglieder:

„Der Club ist kein Business- oder Social-Club, er ist ein Sprechsaal. Die Mitglieder kommen, um interessante Vorträge zu hören, 40 bis 45 im Jahr, und um darüber zu diskutieren. Das macht den Überseeclub so interessant, dass er fast 2000 Mitglieder hat und es nach wie vor viele Anfragen gibt. Wir nehmen allerdings pro Jahr nur etwa 20 neue Mitglieder auf, um nicht noch größer zu werden. Und, um die Frage auch gleich zu klären: Wir sind wesentlich lockerer mit den Bekleidungsvorschriften geworden, bei uns gab es auch schon Vortragende im Rollkragenpullover, und wer abends ohne Krawatte kommt, den lassen wir ausnahmsweise auch mal rein.“

… seine Freundschaft zu Udo Lindenberg:

„Ich glaube, dass die Erscheinung und das Auftreten von Udo Lindenberg lange nicht nach jedermanns Geschmack in Hamburg waren. Was daran liegt, dass viele ihn nicht richtig kennen. Ich habe ihn vor mehr als 20 Jahren kennengelernt, bei einer Ausstellung seiner Bilder auf der ,MS Europa’. Wir haben uns wunderbar verstanden, er war rührend zu meinen damals kleinen Kindern und er ist ein treuer Begleiter geworden. Udo ist ein großzügiger, engagierter Mensch, der nicht nur politisch klare Kante zeigt, sondern immer wieder auch anderen hilft, die in Not sind. Er ist im besten Sinne des Wortes ein Gutmensch, aber das weiß eben nicht jeder.“

Michael Behrendt ganz persönlich – der Fragebogen:

Was wollten Sie als Kind werden und warum?

„Lehrer, weil man damals den Nachmittag frei hatte – dachte ich zumindest.“

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

„In der Schule doch noch ein bisschen fleißiger zu sein. Spätestens nach einem ,Sitzenbleiben’ hatte ich begriffen, warum.“

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

„In meiner Jugend war das sicher Willy Brandt, ich hatte seinerzeit sogar auf meinem Auto den Aufkleber ,Willy wählen’, was meinen Eltern und der Nachbarschaft nicht behagte. Heute bewundere ich Udo Lindenberg für sein Durchhaltevermögen, die nie endende Kreativität, Großzügigkeit und (!) Treue Freunden gegenüber.“

Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?

„Siehe oben: er könnte noch ein bisschen fleißiger sein…“

Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie heute machen?

„Ich habe Jura studiert, weil man damals Juristen noch zutraute, dass sie alles können. Diese Entscheidung hat sicher zu dem beigetragen, was ich erreicht habe.“

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

„Am Anfang war das mein erster Chef, der damalige VTG-CEO Klaus-Jürgen Juhnke. Für das Fortbestehen von Hapag-Lloyd, und damit auch für mich, ist es Klaus-Michael Kühne.“

Auf wen hören Sie?

„Auf meine Frau, obwohl sie das nicht glaubt.“

Was sind Eigenschaften, die Sie an Ihren Chefs bewundert haben?

„Gradlinigkeit und Mut.“

Was sollte man als Chef auf keinen Fall tun?

„Zu sehr von oben herab agieren.“

Was sind die Prinzipien Ihres Führungsstils?

„Mitarbeitern zuhören, mit ihnen diskutieren, aber letztendlich auch verantwortlich entscheiden, auch wenn das Ergebnis nicht allen gefällt.“

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

„Es schadet nicht und beruhigt.“

„Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?“

„Dass sie bereit sind, für das, was sie tun, auch Verantwortung zu übernehmen und (!) nie nach unten treten, sondern auch den Mut zur sachlichen Auseinandersetzung haben.“

Worauf achten Sie bei Bewerbungen?

„In erster Linie auf fachliche Qualität, aber auch soziale Kompetenz ist mir wichtig.“

Duzen oder siezen Sie?

„Ich gehöre noch der „Sie-Generation“ an, aber das beginnt zu bröckeln…“

Was sind Ihre größten Stärken?

„Da sollte man andere befragen.“

Was sind Ihre größten Schwächen?

„Gelegentlich zu sehr an das Gute zu glauben – das ist die Schwäche eines Optimisten.“

Welchen anderen Entscheider würden Sie gern näher kennenlernen?

„Ich hatte das Glück, bereits viele sehr interessante Menschen kennenlernen zu dürfen. Aber die SAP-Gründer Dietmar Hopp und Hasso Plattner würde ich gern einmal treffen, weil sie bewiesen haben, dass man auch in der deutschen Provinz etwas geschaffen hat, mit dem Deutschland Weltspitze ist. Und gleichzeitig demonstrieren sie hohe soziale Kompetenz.“

Was würden Sie sie fragen?

„Was das Geheimnis ihrer Kreativität ist.“

Was denken Sie über Betriebsräte?

„Unverzichtbar, denn sie sorgen – auch wenn es mal kontrovers zugeht – in Unternehmen für ein anständiges Miteinander.“

Wann haben Sie zuletzt einen Fehler gemacht?

„Weiß ich noch nicht, man erkennt das meist ja erst später. Davor gab es sicher einige, das gehört nun mal dazu.“

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

„Siehe oben: Jura zu studieren.“

Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?

„Früher als CEO durchaus 60 bis 70 Stunden. Heute als Aufsichtsratsvorsitzender kann ich es etwas gemächlicher angehen lassen.“

Wie viele Stunden schlafen Sie (pro Nacht)?

„Acht.“

Wie gehen Sie mit Stress um?

„Viel Arbeit stresst mich selten, schwer zu ertragen sind nur Dinge, die nicht vorankommen.“

Wie kommunizieren Sie?

„Gern persönlich und ansonsten über die heute möglichen Kommunikationswege.“

Wie viel Zeit verbringen Sie an ihrem Schreibtisch?

„Immer noch zu viel.“

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

„Auch wenn der Begriff Ehrgeiz für einige belastet ist: ohne geht es nicht. Aber auch dabei entspannt bleiben.“

Was unterscheidet den Menschen von dem Manager Michael Behrendt?

„Ich hoffe wenig.“

Und zum Schluss: Was wollten Sie immer schon mal sagen?

„Pflegt mir die Demokratie!“