Hamburg. Die Klimaaktivisten hatten Peter Tschentscher angekündigt, ganz Hamburg lahmzulegen. So reagieren Justiz und Politik darauf.

Die Grünen gehen vorsichtig auf Distanz zur Klimabewegung Letzte Generation. Zwei ihrer Vertreter hatten in einem Brief an Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Fraktionsvorsitzende der Bürgerschaft Unterstützung für die Einrichtung eines „Gesellschaftsrates Klima“ bei der Bundesregierung gefordert. Sollte das Ansinnen abgelehnt werden, drohte die Letzte Generation damit, vom 14. März an „unseren Protest auf die Stadt Hamburg auszuweiten für eine maximale Störung der öffentlichen Ordnung“ zu sorgen.

Letzte Generation: Angedrohte Aktionen ein Fall für den Generalbundesanwalt?

Diese angedrohten Störaktionen in Hamburg könnten jetzt ein Fall für den Generalbundesanwalt werden. Das habe eine Prüfung der Staatsanwaltschaft ergeben, sagte Sprecherin Liddy Oechtering am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Drohung war an Senat und Bürgerschaft gerichtet gewesen. Das könne ein Verstoß gegen Paragraf 105 und 106 des Strafgesetzbuches sein, wo es um Nötigung von Verfassungsorganen oder deren Mitgliedern gehe. „Da gibt es eine ausschließliche Zuständigkeit des Generalbundesanwalts“, sagte Oechtering.

Zwar bezeichnete Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg das Anliegen der Gruppe als „grundsätzlich durchaus legitim“, fügte aber hinzu: „Offene Briefe mit Drohungen sind allerdings keine Art und Weise, miteinander in Austausch zu kommen. Demokratie lebt von gegenseitigem Respekt, nicht von Ultimaten.“ Indirekt macht Jasberg aber doch ein Gesprächsangebot. „Generell lehnen wir einen konstruktiven Austausch, bei dem es um die Sache geht, aber nicht ab“, sagte die Fraktionsvorsitzende.

Nach Ultimatum: Hamburger Grüne gehen auf Distanz zu Letzter Generation

„Von dem Instrument des zivilem Ungehorsams halte ich grundsätzlich viel, solange es zum sachdienlichen Diskurs führt. Von dem gewählten Kommunikationsweg über einen offenen Brief, ohne vorher direkt mit uns das Gespräch zu suchen, halte ich nicht viel“, sagte auch die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal, betonte aber: „Wir teilen das sachliche Ziel miteinander: die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels.“ Tschentscher hatte Gespräche mit der Letzten Generation dagegen abgelehnt und das Schreiben nach dem Eingang an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Lea-Maria Rhein, die die Hamburger Landesgruppe der Letzten Generation koordiniert und Unterzeichnerin des Briefs ist, reagierte enttäuscht. „Wir hatten gehofft, dass Herr Tschentscher bereit ist, mit uns ins Gespräch zu kommen und dass wir zumindest in den Austausch gehen können“, sagte Rhein dem Abendblatt. „Wir sind jederzeit bereit mit unseren Protesten ganz aufzuhören, wenn Herr Tschentscher sich für unseren Gesellschaftsrat einsetzt.“

Aktivisten hatten sich angeblich Gespräche mit Tschentscher erhofft

Dass der Bürgermeister das Schreiben direkt an die Sicherheitsbehörden weiterleitet, habe die Gruppe nicht erwartet. Vielmehr habe man gehofft, dass es wie in Hannover, Marburg oder Tübingen auf der Basis gleicher Briefe zu Gesprächen komme. In den Städten war es zu Kompromissen mit der Letzten Generation gekommen, die zu einem Ende der Proteste führten.

Boris Palmer, Bürgermeister von Tübingen und sein Hannoveraner Amtskollege Belit Onay sprachen sich zudem explizit für den Vorschlag der Gruppe aus, eine Bürgerbeteiligung auf Bundesebene für ein Klimaschutzpaket mit dem Ziel der Klimaneutralität 2030 durchzuführen.

Lea-Maria Rhein: Alle müssen mehr für Klimaschutz einstehen

„Ich glaube, wir sind uns doch alle einig, dass wir mehr Klimagerechtigkeit und -schutz brauchen und unser Anliegen grundsätzlich richtig ist. Das haben ja auch andere Politikerinnen gesagt.“ Sicherlich, so Rhein, könne man sich über die Art des Protestes und über den Brief an sich unterhalten. Rhein sei aber davon überzeugt, dass die Gesellschaft nun an einem Punkt angelangt sei, „wo wir alle für mehr Klimaschutz einstehen müssen.“