Er kam mit 2,50 Mark nach Hamburg, heute ist Vincenzo Andronaco Chef von 400 Mitarbeitern und auf der Suche nach neuen Standorten.
Er kam als junger Mann mit 2,50 Mark und dem Ziel nach Hamburg, hier so viel Geld zu verdienen, dass er sich eines Tages davon einen Ferrari kaufen kann. Heute ist Vincenzo Andronaco Chef von fast 400 Mitarbeiter in elf großen italienischen Supermärkten in Deutschland, und würde gern noch weitere eröffnen.
In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht der 71-Jährige über Ohrfeigen, die er als Schüler bekommen hat, weil er sonst den Unterricht verschlafen hätte, über einen Kredit ohne jeglichen Eigenanteil – und über Arbeitstage, die plötzlich „erst“ um halb sechs Uhr beginnen.
Das sagt Vincenzo Andronaco über seine Reise von Sizilien nach Hamburg, von der die Eltern nichts wissen durften:
„Ich bin in Sizilien genau gegenüber vom Festland aufgewachsen und habe schon mit 13 Jahren zu meiner Mutter gesagt: Wenn ich 18 Jahre alt bin, werde ich Sizilien verlassen, und von einem auf den anderen Tag weg sein. Genauso ist es gekommen. Ich bin tatsächlich mit 18 Jahren und sechs Monaten von zu Hause weggelaufen, ohne meinen Eltern etwas zu sagen. Die wollten, dass ich dortbleibe.
Heute bin ich selbst Vater und Großvater und weiß, was ich meiner Mutter und meinem Vater angetan habe, aber damals ging es nicht anders. Als ich in Hamburg angekommen bin, dem Tor zur Welt!, habe ich ihnen einen Brief geschrieben, in den Jahren danach habe ich sie sehr oft besucht. Und sie waren stolz darauf, was aus ihrem Sohn geworden ist, der mit 2,50 Mark abgehauen war.“
… einen Kredit mit null Prozent Eigenanteil:
„Wir arbeiten heute noch mit der Hamburger Sparkasse zusammen, die von Anfang an mein Konzept geglaubt hat. Die Mitarbeiter dort haben gesehen, dass ich fleißig war und hart gearbeitet habe, und die haben tatsächlich meinen ersten großen Supermarkt in Billbrook zu hundert Prozent finanziert. Aber ich habe immer pünktlich zurückgezahlt und sieben Tage die Woche 16, 17 Stunden gearbeitet.“
… seinen Arbeitstag heute:
„Ich komme jeden Tag zwischen halb sechs und sechs Uhr ins Geschäft, weil mein Sohn sonst schimpft. Denn früher war ich immer schon so gegen vier Uhr da. Ich arbeite dann bis 13, 14 Uhr, eigentlich bin ich ja schon seit sechs Jahren Rentner. Wir haben die einzelnen Bereiche der Firma innerhalb der Familie aufgeteilt, das Unternehmen gehört aber nach wie vor mir. Und auch alle wichtigen Entscheidungen gehen über meinen Schreibtisch.“
… die Schwierigkeit, neue Mitarbeiter zu finden, und eine Arbeitseinstellung, die sich verändert hat:
„Ich könnte sicherlich noch zwei, drei Läden aufmachen, wenn es nicht so schwer wäre, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Manchmal frage ich mich, wo die ganzen Leute geblieben sind. Und die Menschen haben heute auch eine andere Einstellung zum Arbeiten. Ich habe mein ganzes Leben nur gearbeitet, nie länger als zwei Wochen Urlaub gemacht. Das mögen einige traurig finden, für mich war das eine bewusste Entscheidung. Mir macht es bis heute Spaß, morgens in Büro zu gehen.“
… die am besten laufenden Produkte:
„Am besten laufen bei uns Weine, natürlich die gesamte Palette an Nudeln, Schinken und Käse – wir haben allein davon 220 Sorten. Jede Region Italiens ist dabei.“
… Ideen für neue Standorte:
„Interessant wäre etwas in Richtung Duvenstedt oder Eppendorf. Aber ich brauche jedes Mal eine Fläche von mindestens 1000 Quadratmetern, und vor allem bräuchte ich für neue Standorte Mitarbeiter. Ich bin froh, dass wir die rund 400, die wir derzeit beschäftigen, zusammen haben, und ich kenne übrigens fast alle noch mit Namen.“