Hamburg/Lüneburg. Aufräumen ist Frauensache? Nicht das einzige Klischee, gegen das der Coach ankämpft. An seiner Seite: gute Argumente – und Steve Jobs.
Maximilian Schweigert nimmt gerne Steve Jobs als Beispiel. Oder besser gesagt, dessen Rollkragenpullover. „Sie waren nicht nur sein Markenzeichen, sondern hatten für ihn auch noch eine ganz andere Funktion“, sagt Schweigert. „Er wollte sich seine Kompetenz, Entscheidungen zu treffen, für wirkliche wichtige Situationen aufheben und diese nicht dafür verschwenden, zu überlegen, was er anziehen soll.“
Das zeige, wie Routinen und Organisation dabei helfen könnten, ein erfolgreiches Leben durch Ordnung zu erreichen. Der Kleiderschrank sei dabei nur ein Teil der Möglichkeiten, die potenziell in einer Wohnung steckten, so Aufräumcoach Schweigert, der mit diesem Beispiel eine spezielle Zielgruppe ansprechen möchte: Männer.
„Männer sind nicht per se unordentlicher als Frauen“, stellt Schweigert gleich zu Beginn klar – auch wenn er als Mann im Aufräum-Business eher eine Seltenheit ist. „Aber ihre Wahrnehmung ist eine andere: Zum einen stört sie eine unordentliche Wohnung oft nicht so sehr. Zum anderen haben viele nicht das Bewusstsein, dass sie sich durch Ordnung das Leben einfacher machen können.“ Frauen würden in der Regel eher wissen, was ihre Bedürfnisse sind – und damit erkennen, dass es ihnen gut tun würde, wenn es bei ihnen zu Hause ordentlich ist.
Aufräumen Hamburg: „Liebe Männer, öffnet euch!“
Gleichberechtigung und moderner Rollenbilder zum Trotz: Der Aufräumcoach ist davon überzeugt, dass das Interesse für heimische Ordnung und Struktur bei sehr viel mehr Männern da wäre – wenn ihnen nicht durch veraltete Erziehungsstile und Rollenverteilungen zu oft noch der Zugang fehlen würde. „Viele haben auch Angst davor, ihr Interesse für Ordnung und Ästhetik vor Freunden und Bekannten preiszugeben“, sagt Maximilian Schweigert. „Das Thema ist immer noch voller Klischees.“
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Der Appell des 30 Jahre alten Lüneburgers, der mit seinem Start-up „Aufgeräumt leben“ ebenso Kunden in Hamburg und im Umland betreut: „Liebe Männer, öffnet euch! Ihr dürft ein Bedürfnis nach Ordnung haben – und trotzdem Männer bleiben.“
Steve Jobs macht es vor: So spart man Zeit und Geld
Und bei denen, die das Bedürfnis nicht bereits schon selbst in sich spüren, versucht Schweigert es mit dem Aufzeigen ganz praktischer Vorteile von Ordnung á la Steve Jobs. Hauptargument: der Zeitgewinn. „Man will zum Sport, aber findet mal wieder nicht die richtige Hose und weiß nicht, wo die Trinkflasche abgeblieben ist.
Das stresst, kostet Zeit und womöglich kommst man wegen der Sucherei sogar zu spät und verliert wertvolle Trainingszeit“, sagt Schweigert. „Das ist einfach nur unnötig.“ Wenn man dafür sorge, dass die Sportkleidung einen festen Ort habe, an dem sie nach der Wäsche auch direkt wieder landet, müsse man nie wieder suchen – und könne ganz entspannt, ohne Zeitdruck und mit Vorfreude zum Sport gehen.
Zweites Argument, das Männer aus der Reserve locken soll: Ordnung spart Geld. „Wenn du ständig nach etwas suchst, ist die Gefahr groß, etwas nachzukaufen, obwohl du es noch besitzt. Irgendwann stellst du fest: ,Ach Mist, das hatte ich doch da hinten im Regal liegen’, sagt Schweigert, der aus Erfahrung weiß, dass dieses Phänomen nicht selten vorkommt. Wenn dagegen alles seinen Platz hat, habe man auch einen Überblick darüber, was man besitzt. Und was man doppelt habe oder längst nicht mehr benutze und verkaufen könne – was sogar Geld einbringe.
Durch Ordnung zu Hause Kontrolle über das Leben gewinnen
Etwas weniger greifbar, aber für Schweigert, der stets die eigene WG und Wohnungen von Freunden aufgeräumt und seine Dienste dann erst einmal probehalber kostenlos auf Ebay Kleinanzeigen angeboten hat, nicht weniger einleuchtend: Ordnung bringt Energie und Erfolg.
„Wenn du nach Hause kommst und eine unordentliche Wohnung siehst, in der sich Geschirr stapelt, Kleidung herumfliegt und einfach Chaos herrscht, sinkt dein Energielevel direkt, weil du davon heruntergezogen wirst“, erklärt der Aufräumcoach. In einer ordentlichen Wohnung dagegen könne man aufladen, zur Ruhe kommen und sich konzentriert den Dingen widmen, die man tun möchte. „Du hast ganz einfach mehr Energie für das, was für dich wirklich wichtig ist.“
Die volle Kontrolle über seine Wohnung und über all das, was man besitzt, zu haben, mache einen auch außerhalb der vier Wände erfolgreicher, meint Schweigert, der dafür auch oft gemeinsam mit seinen Kunden deren Papierkram sortiert. Seinen Besitz im Griff zu haben sorge dafür, „dass dein Selbstbewusstsein und damit auch dein Selbstwertgefühl gesteigert wird. Du wirst auch in anderen Bereichen die Kontrolle über dein Leben gewinnen.“
In manchen Fällen wird das Aufräumcoaching zur Paartherapie
Worauf warten die Männer dann noch? „Männer tun sich leider auch schwerer damit, Hilfe zu holen“, sagt Schweigert, dessen Kunden zu etwa 25 Prozent Männer sind. Denn das werde immer noch als Schwäche angesehen. „Paradox, denn eigentlich bedeutet es ja das Gegenteil: Damit gehe ich die Sache ja aktiv an und tue etwas für mein Wohlbefinden, statt es zu ignorieren.“
Schlussendlich könne das auch der Beziehung helfen. Nicht umsonst melden sich bei Maximilian Schweigert auch viele Paare, die das Problem haben, dass einer mehr Wert auf Ordentlichkeit legt als der andere. Gerade habe er so einen Fall gehabt, der fast in Richtung Paartherapie gegangen sei. „Das hat mich schon stark gefordert“, sagt Schweigert und lacht. Die Frau habe gestört, dass der Mann so viele Sachen hat, unter anderem eine umfangreiche Spirituosensammlung. Und er sei genervt davon gewesen, dass sie immer alles einfach auf seinen Schreibtisch geräumt hat.
Ordnung und Aufräumen kann die Beziehung retten
„Das Wichtigste ist, Dinge, die einen stören, immer sofort anzusprechen – und nicht erst, wenn sich alles aufgestaut hat und nur noch in Kritik und Beschuldigungen mündet“, sagt Schweigert, der mit den Kunden feste Verantwortungsbereiche in der Wohnung festgelegt hat. Wenn der Frau die Ordnung im Wohnzimmer wichtiger sei, dürfe sie diese dort festlegen. Dafür könne der Mann sich darum kümmern, alles, was aussortiert wurde, bei Second-Hand-Portalen zu verkaufen.
Der Arbeitsbereich des anderen sei gleichzeitig tabu. „Zudem ist es wichtig, Verständnis dafür zu haben, wenn dem anderen bestimmte Dinge besonders am Herzen liegen“, so Schweigert, der ein ganz privates Beispiel bringt: Seine Freundin habe eine riesige Büchersammlung – die für ihn okay sei, weil er verstünde, wie wichtig ihr die Bücher seien und wie gut ihr das Lesen tue. Allerdings müsse sie diese ins Regal räumen und nicht überall in der Wohnung aufstapeln.
„Wenn man dieses Verständnis nicht aufbringen und dem anderen gar nicht zuhören kann, muss man vielleicht gucken, ob es überhaupt noch passt als Paar“, sagt Schweigert. Durch mehr Ordnung die Beziehung retten – wenn das keine Motivation zum Aufräumen ist. Egal ob Mann oder Frau.
Weitere Informationen unter aufgeraeumt-leben.de