Hamburg. Aufräumcoach Nicole Schutz weiß, wie man sich trennt und welche Kleidung unbedingt weg muss. Sie schwört auf einen besonderen Trick.

Eigentlich müsste es doch so einfach sein: Anziehen, gucken, ob es noch passt und gut aussieht – wenn nicht: weg damit. Doch so leicht ist das Ausmisten des Kleiderschranks leider nicht. Zumindest tun sich viele schwer damit, denn Anziehsachen können eine emotionale Angelegenheit sein.

Das weiß auch Aufräumcoach Nicole Schutz, die seit 2015 als „Ihre OrdnungsPartnerin“ selbstständig ist und in dieser Zeit zahlreiche Garderoben ihrer Kunden sortiert und ausgemistet hat.

Aufräumen: Bei Kleidung wird viel nach Ausreden gesucht

„Es wird bei Kleidung viel nach Ausreden gesucht, die gegen das Aussortieren sprechen, sagt Nicole Schutz. „Zum Beispiel: ,Das Kleid habe ich Weihnachten 1995 getragen – so ein schönes Fest’.“ Die Empfehlung der Ordnungsexpertin: Ein Foto von dem Kleid machen und dieses in der Handygalerie unter „Erinnerungen“ speichern. Und dann raus damit aus dem Kleiderschrank.

Ein anderes, oft gehörtes Argument: „Aber das hat mal viel Geld gekostet!“ Schutz rät ihren Kunden dann, den Preis in Kosten pro getragene Einheit umzurechnen. Wenn man ein Kleid, das vor 20 Jahren 500 Euro gekostet hat, seitdem 500 Mal getragen hat, lag der Preis pro Tag bei einem Euro. Man könnte sagen, das Kleid hat sich bezahlt gemacht. Im Gegensatz zu einem Shirt für fünf Euro, das man nur zweimal trägt. Man kann das Kleid also guten Gewissens gehen lassen.

Und auch bei Kleidungsstücken, die einem geschenkt wurden, die man aber einfach nicht anzieht, dürfe man kein schlechtes Gewissen haben. „Was würde diese liebe Person wohl sagen, wenn sie hört, dass Sie das Geschenk belastet?“, fragt die 52-Jährige ihre Kunden in so einem Fall. „Würde sie verlangen, dass Sie es trotzdem behalten?“

Zu voller Kleiderschrank schadet dem Selbstbewusstsein

Größte Hürde beim Aussortieren des Schranks sei aber das Argument, dass einem das betreffende Kleidungsstück doch irgendwann wieder passe könnte. „Mein großer Appell: Bitte gestehen Sie sich ein, dass sich ein Körper nun mal verändert“, sagt Aufräumcoach Schutz. „Wie lange soll das Kleidungsstück wie ein Mahnmal in Ihrem Kleiderschrank hängen und Ihnen ein schlechtes Gewissen machen? Schaffen Sie Platz für die gut sitzende Kleidung, in der Sie sich rundum wohlfühlen.“

Damit ist die Expertin, die nach eigenen Angaben bereits um die 220 Privatpersonen, aber auch Firmen und Vereinen und sogar Menschen mit „leichter Desorganisationsproblematik“, einem Messie-Syndrom, zu mehr Ordnung und Struktur in allen Teilen des Haushalts und Bereichen des Lebens verholfen hat, beim wesentlichen Punkt: Die meisten Menschen haben einfach zu viel zum Anziehen. Und sie tragen meistens nur einen Bruchteil davon wirklich.

Auch, weil sie oft gar keinen richtigen Überblick mehr über ihre Kleidung haben. Morgens vor dem Schrank zu stehen und nicht das Passende zu finden, kostet unnötig Zeit und ist extrem frustrierend. Und schadet auch dem Selbstbewusstsein. Beim Aufräumen des Kleiderschranks geht es also um mehr als nur genug Platz für T-Shirts und Socken.

Jede Aufräumaktion beginnt gleich: Alles muss raus

Die Frage, wie viel Kleidung der Mensch braucht, sei natürlich nicht pauschal zu beantworten, so Nicole Schutz, die vor ihrer Selbstständigkeit mehr als 20 Jahre lang in der Immobilienwirtschaft tätig war. Jeder müsse abwägen, wie viel er brauche, um glücklich zu sein – und ab wann es ihn belaste. Und natürlich muss es auch irgendwie in den Kleiderschrank passen.

Darum gilt laut Schutz auch hier, wie eigentlich zu Beginn einer jeden Aufräumaktion: Alles muss raus. „Es ist wichtig, sich visuell klar zu machen, wie viel Kleidung man besitzt“, sagt Schutz, die schon als Kind gerne „aufräumen“ gespielt hat. „Bereits beim Ausräumen empfehle ich, die Sachen nach Kategorien zu sortieren: Machen Sie einzelne Stapel, wie zum Bespiel Kleider, Röcke, Sportkleidung, Langarm-Shirts, T-Shirts uns so weiter.“

Danach solle man sich jede Kategorie einzeln vornehmen. Alles, was nicht mehr passt, vom Schnitt nicht vorteilhaft ist, sogar kaputt ist, Flecken hat, ausgeleiert, verblichen ist oder einfach nicht mehr schön ist, dürfe gehen.

Kleidung wird nach Kategorien sortiert – und nach Farben

Nicole Schutz rät, viel Zeit einzuplanen und sich Unterstützung von einer Freundin oder einem Freund zu holen, die oder der motivieren und beratend zur Seite stehen kann. Oder eben von einem Profi. In der Regel benötigt Schutz für einen Kleiderschrank vier bis fünf Stunden, pro Stunde berechnet sie 52 Euro plus Anfahrtspauschale.

Sind alle Stapel durch, geht es ans Einräumen – am besten auch nach Kategorien. „Ich empfehle, innerhalb der einzelnen Kategorien nach Farbe zu sortieren“, sagt Schutz. „Das bringt ein ruhigeres Gesamtbild.“ Kleidungsstücke wie Blusen, Kleider und Röcke am besten auf Bügel hängen – am schönsten natürlich einheitliche Exemplare mit Antirutschbeschichtung.

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Strickwaren oder Kleidung aus dehnbaren Materialien sollten dagegen nicht hängend gelagert werden. Tücher, Gürtel oder Strumpfhosen könne man wunderbar in einheitliche Ordnungsboxen oder Schubladen sortieren. Extra-Tipp der Expertin: Socken und Unterwäsche, sofern Platz ist, direkt in einer Kommode im Badezimmer aufbewahren.

Profitipp: Auf die Richtung der Kleiderbügel achten

Ganz oben oder ganz hinten im Schrank sei der Platz für Kleidungsstücke, die je nach Saison gewechselt werden. Aktuell also für Sommershirts, die den Platz im Frühjahr mit den Wollpullovern tauschen. Alternativ könne man saisonale Kleidung am besten in Vakuumbeuteln verpacken und im Bettkasten oder auf dem Dachboden lagern.

Schuhe, die man nur zu bestimmten Anlässen trägt, bewahrt man am besten in Kartons auf, die man entsprechend stapeln kann (nachdem man auch hier ausgemistet hat, selbstverständlich) – am besten mit einem Foto von dem jeweiligen Paar drauf, damit man nicht lange suchen muss.

Nicole Schutz rät, den Kleiderschrank nach diesem Prinzip alle ein bis zwei Jahre durchzugucken. „Mein Tipp: Bei der ersten Ausmistaktion sollten alle Kleiderbügel in eine Richtung in den Schrank gehängt werden. Sobald ein Kleidungsstück getragen wurde und zurück in den Schrank kommt, wird der Bügel umgedreht. So ist beim nächsten Durchgang ganz einfach zu erkennen, ob ein Kleidungsstück getragen wurde oder eben nicht“, sagt Schutz. Ist Letzteres der Fall: weg damit.

Aufräumen: Kunden von Schutz kommen aus ganz Hamburg und Umgebung

Für die Zwischenzeit gilt laut Schutz, die auch Mitglied im bundesweiten Netzwerk der „OrdnungsCoaches“ ist: Lassen sie sich nicht verführen! „Kaufen sie nie sofort, sondern überdenken Sie den Kauf noch einmal“, rät die Expertin, die mit ihrer Familie in Marschacht im Kreis Harburg lebt und Kunden in ganz Hamburg und Umgebung betreut.

Nur wenn Passform, Größe, Farbe, Material, Stil und die Möglichkeit, das Kleidungsstück zu kombinieren, perfekt sind, dürfe etwas gekauft werden. Fehlkäufe kämen viel zu häufig vor, gerade auch durch „verlockende“ Angebote im Internet.

Der Ansatz, für jedes neue Teil kommt ein altes weg, helfe zwar, den Kleiderschrank übersichtlich zu halten – Nicole Schutz verfolgt aber lieber ein anderes Prinzip, das auf allen Ebenen nachhaltig ist: Am besten gar nichts Neues kaufen. Oder zumindest nur, um den Kleiderschrank mit „qualitativ guten Basics“ auszustatten, die sich gut kombinieren lassen. „Wenn ich das berücksichtige, kann ich auch mit einer kleinen Auswahl an Kleidung jeden Tag toll angezogen aussehen.“

Weitere Informationen unter ihre-ordnungspartnerin.com