Hamburg. Regierungsfraktionen wollen neues Chancen-Aufenthaltsrecht mit Infokampagne und Sprachkursen flankieren.

Es ist ein Leben in der Warteschleife – fast 250.000 geduldete Ausländer hielten sich im vergangenen Herbst in Deutschland auf, knapp 137.400 von ihnen waren seit mehr als fünf Jahren hier. Mit dem seit Jahresbeginn geltenden neuen Chancen-Aufenthaltsgesetz will die Bundesregierung die Zahl der Langzeit­geduldeten verringern. In Hamburg könnten davon etwa 3000 Menschen profitieren, erklären die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen. In einem Antrag für die Bürgerschaftssitzung am kommenden Mittwoch fordern sie den Senat auf, das Bundesgesetz in der Hansestadt mit mehreren Maßnahmen zu unterstützen.

Dem neuen Recht zufolge können Menschen, die sich zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre lang in Deutschland aufgehalten haben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, unter bestimmten Bedingungen ein reguläres Bleiberecht bekommen. Dazu müssen sie innerhalb von 18 Monaten nachweisen, dass sie eigenständig ihren Lebensunterhalt sichern können und gute Kenntnisse der deutschen Sprache haben (mündlich, Niveau A2). Zudem müssen sie einen Identitätsnachweis vorlegen.

Geflüchtete: Rot-Grün fordert Infokampagne für Betroffene

Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht werde nur dann auch in Hamburg eine optimale Wirkung entfalten können, wenn die Betroffenen sich gut vorbereiten könnten und die dafür notwendige Unterstützung erhielten, heißt es in dem Bürgerschaftsantrag von SPD und Grünen. „Dazu gehören insbesondere die Einschätzung der eigenen Kompetenzen, der Qualifizierungsbedarfe, die Hilfe beim Zugang zu Arbeit und Ausbildung sowie bei der Klärung der Identität.“

Mit Antrag fordern SPD und Grüne eine Informationskampagne für alle Betroffenen in Hamburg. Zudem sollen das Hamburg Welcome Center und die Agentur für Arbeit ausreichend Sprachkurse anbieten sowie Ausbildungsplätze und Jobs vermitteln, damit die Betroffenen die notwendigen Qualifizierungen in der Hansestadt rechtzeitig erhalten können.

Geflüchtete: Großteil der CDU-Bundestagsfraktion lehnt das Gesetz ab

„Das neue Gesetz ist gerecht, zeitgemäß und kann ein echter Gewinn für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft sowie den Hamburger Arbeitsmarkt sein – doch dafür muss es bekannt gemacht werden“, sagt Kazim Abaci von der SPD-Fraktion. Von einem „Bleiberecht auf Probe“ spricht Michael Gwosdz von den Grünen. Seiner Meinung nach eröffnet die neue Regelung den Betroffenen „eine wichtige Perspektive, beendet die Kettenduldungen und fördert eine schnelle und gute Integration in unsere Stadtgesellschaft“.

Das sehen längst nicht alle so. In der Unionsfraktion im Bundestag gab es zuletzt Streit über das Chancen-Aufenthaltsgesetz der Ampel-Koalition. Ein Großteil der Fraktion lehnte das Gesetz ab, wobei sich 20 Abgeordnete enthielten. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) fordert von seiner eigenen Partei eine offene Haltung. „Die CDU ist gut beraten, wenn sie Zuwanderung als etwas Positives begreift“, sagte Günther dem „Tagesspiegel“. Es gehe nicht darum, Schwierigkeiten auszublenden. „Aber wir müssen in Deutschland weltoffen sein – schon allein, um das riesige Arbeits- und Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen und massive Wohlstandsverluste abzuwenden.“