Hamburg. Anwohner ringen um einen Kompromiss. Initiative befürwortet die Unterkunft für 200 Menschen, fordert aber bauliche Änderungen.

Das gibt es nicht oft: Kurz nachdem den Anwohnern der Friedensallee in Ottensen im November 2021 die Pläne der Sprinkenhof GmbH über die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft mitgeteilt wurden, gab es Zustimmung. Zustimmung dazu, geflüchteten Personen mit Bleibeperspektive ein Zuhause zum Wohlfühlen zu bieten und Raum für Begegnung mit Anwohnern zu schaffen.

Ja, die Anwohner sprechen sogar von „Freude“, wenn sie daran denken, gemeinsam mit Geflüchteten und ihren Kindern im Innenhof zu sitzen und das Ankommen der Neuankömmlinge durch gemeinsames Beisammensein womöglich zu beschleunigen und zu erleichtern. Wie schön wäre es, wenn sich Freundschaften schließen und sich gegenseitig Hilfe geleistet würde? Sich Sprachkenntnisse durch ehrenamtliches Engagement vermittelt würden?

Doch trotz aller Gastfreundschaft und Offenheit: Wie so oft, so kommt auch das Projekt an der Friedensallee nicht ohne Kritik seitens der Anwohnerinnen und Anwohner aus. Doch sie ist anders. Anders insofern, als dass sie sich auf die Pläne der Unterkunft bezieht und sich nicht an das Projekt an sich richtet.

Haus für Geflüchtete in Ottensen – Ringen um Kompromiss

Für insgesamt 200 Personen, so gibt es die Sozialbehörde vor, soll in dem Hinterhof zwischen Friedensallee und Behringstraße ein fünfstöckiges Gebäude mit einem sechsstöckigem Anbau errichtet werden. Da das Grundstück sich aktuell in der Hand der Sprinkenhof GmbH befindet, hat die Behörde die Sprinkenhof GmbH beauftragt, den Bau der sogenannten UPW – Unterkunft mit Perspektive Wohnen – in die Hand zu nehmen. Dort, wo sich derzeit ein leer stehender Schotterhof mit angrenzenden Gewerbeeinheiten befindet, soll die Einrichtung entstehen. Betrieben werden soll sie anschließend von Fördern & Wohnen.

Hintergrund ist, die Bewohnerinnen und Bewohner der zweieinhalb Kilometer entfernten Geflüchtetenunterkunft „Holmbrook“ in den Hinterhof der Friedensallee umzusiedeln, da diese aufgelöst und Kleingärten weichen soll. Die Kleingärten werden wiederum dort freigegeben, um den Neubau zweier Schulen am Standort Schwengelkamp/Behringstraße zu ermöglichen.

„Die Errichtung der Unterkunft finden wir an sich gut. Wir freuen uns sogar, wenn wir mit den Geflüchteten hier zusammenkommen können, deren Kinder auch wahrscheinlich schon in dieselbe Schule wie meine Kinder gehen“, sagt Anwohner David Schumacher. Was den 48-Jährigen und die anderen Anwohner allerdings stört, sei die Höhe des geplanten sechsstöckigen Gebäudes. „Das ist zu nah. Da bleibt kaum Platz für eine Grünfläche, auf der man gemeinsam sitzen kann.“ Zudem würde bei der Planung, wie die Sprinkenhof GmbH sie aktuell vorsieht, kaum noch Licht in den Innenhof und die Wohnungen der Anwohnerinnen und Anwohner drängen. Ganz zu schweigen von dem Lärmpegel, der durch solch ein Gebäude entstehen würde.

Vorschlag der Initiative: Gebäude soll aufgestockt werden

Um trotzdem Platz für 200 Personen zu schaffen, schlägt die Anwohnerinitiative „Ein Hof für alle“ der Sprinkenhof GmbH und Sozialbehörde vor, ein bereits bestehendes Gebäude aufzustocken, das sich am Eingang des Hinterhofs (Friedensallee 45) befindet, sowie auch ein Gebäude im Innenhof zu errichten. Dieses solle der Initiative folgend aber lediglich drei Stockwerke hoch und etwas weiter entfernt von den Wohngebäuden der Anwohnerinnen und Anwohner errichtet werden. Hierfür sieht die Initiative auch das Abreißen einer bestehenden Gewerbeeinheit vor.

Mehrere Stunden seien es gewesen, die Schumacher und die anderen Anwohner fast tagtäglich damit verbracht hätten, konstruktive Gegenpläne zu denen der Sprinkenhof GmbH zu entwickeln. Um ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen, hat die Initiative ihren finalen Gegenplan vergangene Woche bereits allen Fraktionen sowie der Sozialbehörde vorgelegt. Doch die Mühe lohnt sich: Weil auch die örtlichen Parteifraktionen dafür plädieren, eine Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten leben können, hat der zuständige Planungsausschuss der Bezirksversammlung Altona die Pläne der Sprinkenhof GmbH bereits mehrmals zurückgewiesen.

In der nächsten Ausschusssitzung am 18. Januar sollen deshalb nun der vierte Entwurf der Sprinkenhof GmbH sowie der Änderungsvorschlag der Initiative besprochen werden. „Wir wollen alle möglichen Varianten anschauen und beraten, um überhaupt eine vernünftige Meinungsbildung erzielen zu können“, sagt Mithat Capar, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Altona. Derzeit, so Capar, sei noch nichts in Stein gemeißelt.

Sprinkenhof GmbH hält Vorschlag für nicht realisierbar

Erstmals, so bestätigt es die Sozialbehörde dem Abendblatt, habe sie der Initiative zudem Gesprächsbereitschaft offeriert. Deshalb wird es am Mittwoch auch „zu keiner Beschlussfassung oder finalen Entscheidung kommen“, sagt Christian Trede, Sprecher für Stadtentwicklung und Vorsitzender des Bauauschusses der Grünen-Fraktion Altona. Der Sprecher und die Fraktion hätten noch jede Menge Fragen – sowohl an die Sprinkenhof als auch an die Initiative.

Die Sprinkenhof GmbH äußert sich dem Abendblatt gegenüber jedoch bereits zu dem Vorschlag der Initiative und hält ihn nicht für „realisierbar“. Für sie erschließe sich nicht der Ansatz, „hier im städtischen Interesse zu einer bestmöglichen Lösung zu kommen“.

Sven Hielscher, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion Altona, geht aber davon aus, dass die Sprinkenhof GmbH die Ausschusssitzung am Mittwoch mit „einer Menge an Hausaufgaben und Prüfaufträgen“ verlassen wird. Die CDU-Fraktion stimme dem Einwand der Initiative, das neue Gebäude mit mehr Abstand von den Wohngebäuden zu errichten, grundsätzlich zu, bezweifelt aber, dass die benötigte Kapazität von 200 Plätzen durch das dreistöckige Gebäude und die Aufstockung des bestehenden Gebäudes erzielt werden kann. Auch die FDP-Fraktion pocht auf die 200 Plätze, hofft aber auf eine Einordnung der Vorschläge durch die Sozialbehörde. „Wir können das am Ende nur gemeinsam schaffen“, so die Fraktionsvorsitzende Katarina Blume.