Nach dem mutmaßlich tödlichen TikTok-Dreh am S-Bahnhof Allermöhe ist eine Debatte um die Medienkompetenz von Jugendlichen entbrannt.

  • Zugunglück am S-Bahnhof Allermöhe führt zu einer politischen Debatte
  • Zwillinge mutmaßlich bei Dreh zu einem TikTok-Video verunglückt
  • Politiker diskutieren über Medienkompetenz von Jugendlichen

Noch ist nicht geklärt, was genau die Ursache für das Unglück war, bei dem am Dienstag eine 18-Jährige auf den Gleisen nahe dem Bahnhof Allermöhe starb und ihre Zwillingsschwester schwer verletzt wurde, als die Mädchen von einem Zug erfasst wurden. Aber die Vermutung, die beiden könnten auf den Gleisen ein bewusst riskantes Video für die Social-Media-Plattform TikTok gedreht haben, ruft die Politik auf den Plan.

„Der Tod des jungen Mädchens sowie die starken Verletzungen ihrer Zwillingsschwester nach einer wahrscheinlich ,digitalen Mutprobe‘ sind furchtbar und erschütternd. Es wird erneut deutlich, dass in Hamburgs Schulen ein großer Nachholbedarf im Umgang mit sozialen Medien vorhanden ist“, sagt CDU-Bürgerschafts-Fraktionschef Dennis Thering, der im Rahmen der neuen Bildungspläne einen deutlichen Zuwachs bei der Vermittlung von Medienkompetenz erwartet.

TikTok: Schulbehörde verweist auf Bildungspläne

Die Schulbehörde verweist auf die zahlreichen existierenden Angebote für Schüler, Eltern und Lehrkräfte. „Medienkompetenz kann eine Rolle dabei spielen, wie Jugendliche mit sozialen Plattformen und den dortigen Entwicklungen umgehen und partizipieren oder eben auch nicht“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. Im schulischen Bereich würden Beratung, Fortbildung, Trainings und Materialien angeboten.

Albrecht: „Zwar werden sogenannte Challenges oder Blackout-Challenges nicht explizit genannt, aber aktuelle Entwicklungen werden auch thematisiert. Auch die neuen Bildungspläne sehen vor, den kritischen Umgang mit Medien in all seinen Ausprägungen zu erlernen und sich damit auseinanderzusetzen.“

Den mutmaßlichen TikTok-Dreh bezahlte eine der 18 Jahre alten Zwillingsschwestern aus Hamburg mit ihrem Leben.
Den mutmaßlichen TikTok-Dreh bezahlte eine der 18 Jahre alten Zwillingsschwestern aus Hamburg mit ihrem Leben. © HA | Christoph Leimig

TikTok-Debatte: „Wir brauchen ethische Grundsätze“

„TikTok kann viel Spaß machen und auch Informationen transportieren. Doch als mediale Plattform muss dieser Anbieter auf den Prüfstand. Wir brauchen verbindliche ethische Grundsätze für die Nutzung, aber noch viel dringender brauchen wir eine entschlossene Förderung von Medienkompetenz in den Schulen“, sagt die Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus.

„TikTok muss die Verbreitung von Videos unterbinden, in dem selbstgefährdendes und selbstverletzendes Verhalten zur Schau gestellt wird. Tut TikTok das nicht, halten wir im Sinne des Jugendschutzes Bußgelder gegen das Unternehmen für sinnvoll“, sagt Krzysztof Walczak, digitalpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. „Ich sehe die Hauptverantwortung bei den Eltern, die bei der Medien- und Gerätenutzung ihren Kindern ganz altmodisch klare Regeln und Grenzen aufzeigen müssen“, sagt Walczak.

SPD Hamburg: „Müssen unsere Kinder schützen“

„Es kommt bei der Nutzung von Social Media leider immer wieder zu Todesfällen. Etwa, weil die handelnden Personen ihre Umwelt vergessen und für das perfekte Bild oder Video unkalkulierbare Risiken eingehen. Auf diese Gefahren müssen wir hinweisen, um unsere Kinder zu schützen“, sagt SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Es sei gut, dass es in den Hamburger Schulen Programme wie die Weiterbildung von Schülern zu Medien-Scouts oder den Hamburger Medienpass für Eltern und Lehrkräfte gebe.

Zuvor hatte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) im Abendblatt bereits eine gesellschaftliche Debatte über die Auswirkungen der intensiven Social-Media-Nutzung durch Kinder und Jugendliche gefordert.