Hamburg. Seit dem 1. Januar ist die Wohngeldreform in Kraft. Wem der Zuschuss zusteht und wie hoch die Leistungen steigen.
Claus H. ist kein Mensch, der wegen Geld unglücklich wird. Das sagt der 73-jährige Hamburger zumindest. Aber man mag es dem lebensfrohen und jung gebliebenen Rentner auch gerne glauben. Weil er sich die Miete von gut 1000 Euro für seine Zweizimmerwohnung in Winterhude nach insgesamt 50 Jahren nicht mehr leisten konnte, zog Claus H. im vergangenen Jahr in das östliche Hamm. Hier bezahlt er mit knapp 600 Euro nun deutlich weniger.
Doch obwohl der 73-Jährige sein ganzes Leben gearbeitet hat und sparsam lebt, wäre selbst diese Miete bei seiner Rente nicht drin. Eigentlich. Doch das hat sich mit dem ersten Januar und dem Eintreten der Wohngeldreform geändert.
Wohngeld Hamburg: So viele Haushalte profitieren von neuer Reform
Durch die Inflation, so Claus H., haben sich die Kosten seines Grundbedarfs an Lebensmitteln fast verdoppelt. Während Spaghetti im vergangenen Jahr noch 49 Cent im Discounter kosteten, seien es jetzt mit 99 Cent doppelt so viel.
„Ebenso verhält es sich mit der Spaghettisauce. Die hat 2021 noch 0,79 Euro gekostet. Jetzt sind es 1,49 Euro!“, rechnet der ehemalige Softwareentwickler durch, während er an seinen letzten Einkauf denkt. Die Wohngeldreform, so Claus H., komme deshalb zum richtigen Zeitpunkt.
Mieter.: Ohne Wohngeld würde ich es nicht schaffen
„Mit dem Wohngeld komme ich zwar über die Runden. Teurer darf es aber nicht mehr werden.“ Neben 958 Euro Rente sind es seit dem 1. Januar 370 Euro, die Claus H. durch das sogenannte „Wohngeld Plus“ zustehen. Im Juni des vergangenen Jahres waren es noch 113 Euro, im Herbst dann 229 Euro. „Ohne das Wohngeld würde ich es gerade nicht schaffen.“
Und das, obwohl der Hamburger schon immer ein sparsames Leben führt, wie er sagt. Auch wenn Claus H. durch seine Tätigkeit als Selbstständiger zwischenzeitlich üppig verdient hat, habe er sich nie mehr als 1500 Euro ausgezahlt. Und weil seine IT-Firma irgendwann in Schwierigkeiten geriet, verfügt der Hamburger aktuell über kein Vermögen. Das sei mal anders gewesen.
Wohngeldreform: 37.500 Haushalte in Hamburg profitieren
Doch mit dieser Situation ist Claus H. nicht allein. Wie die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen mitteilt, werden rund 37.500 Haushalte in Hamburg von der Wohngeldreform profitieren. 25.000 davon erstmalig. Insgesamt steigen die Leistungen für Wohngeld damit von circa 38 auf 114 Millionen Euro, welche jeweils zur Hälfte von Bund und Land getragen werden. Für Hamburg steigen die zu tragenden Wohngeldausgaben damit um geschätzt 38 Millionen Euro auf insgesamt 57 Millionen. Doch was bedeutet die Reform eigentlich? Und wem steht nun ein Zuschuss zu?
Die Bundesregierung spricht von der „größten Wohngeldreform in der Geschichte Deutschlands“. Nach Schätzungen des Bundes werden durch die Reform dreimal mehr Menschen finanziell unterstützt als bislang. Um den entsprechenden Andrang bei der Beantragungsstelle abzufangen, hat Hamburg deshalb zum 1. Dezember 2022 eine Zentrale Wohngeldstelle eingerichtet und will sein Personal um 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis März aufstocken.
Wohngeldreform: Wohnen darf kein Luxus sein
„Wohnen darf kein Luxus sein. Besonders in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten muss es auch bei geringem Einkommen möglich sein, die Miete zu bezahlen“, sagt Karen Pein (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen. „Unbürokratisch und bürgernah“ wolle die Senatorin die Beantragung deshalb für die Hamburgerinnen und Hamburger mit der neuen Wohngeldstelle gestalten.
Laut Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) sind es vor allem die Geringverdienenden, Alleinerziehenden sowie Rentnerinnen und Rentner mit Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze, die von der Reform profitieren. Denn „Hamburg verfügt über ein großes Netz an Unterstützungsmöglichkeiten, um Bürgerinnen und Bürger in schwierigen Lagen zu helfen. Das Wohngeld Plus richtet sich dabei an Menschen, die bislang noch keine Sozialleistungen beziehen, in deren Rahmen Kosten für die Wohnung berücksichtigt sind“, so Schlotzhauer.
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Wie die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen mitteilt, sind bereits am 2. Januar, dem ersten Arbeitstag nach Inkrafttreten der Reform, die ersten positiven Bescheide erteilt worden. 2591 Neuanträge waren es, die zwischen dem 1. Dezember und dem 4. Januar bei der Behörde eingegangen sind. Doch wer nun auf eine schnelle Bearbeitung hofft, der dürfte durch die angekündigten zehn Wochen Bearbeitungszeit enttäuscht werden.
Wie schnell es zu einer Auszahlung komme, „ist stark vom jeweiligen Einzelfall abhängig und ob es etwa zur Nachforderung von Unterlagen kommt“, heißt es in der Behörde. In vielen Fällen beginne die Wohngeldzahlung aber auch schon weitaus früher.
Wohngeld beantragen: So funktioniert es in Hamburg
Wer aktuell bereits Wohngeld empfängt, muss nichts veranlassen. Die bestehenden Ansprüche in den laufenden Wohngeldfällen wurden bereits automatisch überprüft, die Höhe neu berechnet und ein neuer Bescheid erstellt. Von diesem Verfahren profitierten bereits knapp 10.000 Haushalte.
Damit die Beantragung aber auch tatsächlich „unbürokratisch und bürgernah“ erfolgen kann, soll es künftig auch möglich sein, einen Online-Antrag zu stellen. Zwar konnte man den Wohngeldantrag auch bisher online aufrufen und digital ausfüllen. Versendet werden musste das PDF-Dokument aber gemeinsam mit den geforderten Nachweisen per Mail oder Post. Über www.hamburg.de/wohngeld gelangt man zur Online-Antragstellung auf dem Serviceportal.
Durch den Online-Antrag für Wohngeld sind die Daten der Antragstellenden künftig unmittelbar im System der bearbeitenden Dienststelle vorhanden. Das kann die Bearbeitungszeiten in den Dienststellen verkürzen. Unter 040-428 28 60 00 beantwortet die Zentrale Wohngeld-Hotline werktags von 8 bis 17 Uhr telefonisch Fragen zum Wohngeld und bietet auch Unterstützung wie etwa bei der Nutzung des Wohngeldrechners.