Hamburg . Betrunkene, Demonstranten, Randalierer und Stalker können betroffen sein. Stadt hofft auf Einnahmen von einer Million Euro jährlich.
Wenn man eigentlich noch nichts Strafbares getan hat, aber von der Polizei als Gefahr für sich selbst oder andere angesehen wird, kann man in Hamburg vorbeugend in Gewahrsam genommen werden. So sieht es das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, kurz SOG, vor. Jetzt will die Stadt damit auch Kasse machen. Betroffene sollen für die Leistungen der Polizei zahlen.
Jeder Kilometer, mit der ein in Gewahrsam Genommener im Peterwagen gefahren wird, schlägt mit einem Euro zu Buche. Die Fahrt in einem Gefangenentransporter ist schon zehn Euro pro Kilometer teuer. Jeder Polizist oder Angestellte im Polizeidienst, der für die Ingewahrsamnahme eingesetzt wird, berechnet die Behörde zukünftig mit 33 Euro und 20 Cent je angefangene halbe Stunde. Für den Aufenthalt in einem Verwahrraum werden für die ersten sechs Stunden 40 Euro fällig. Jede weitere Stunde kostet dann 6,20 Euro.
Wen die Polizei in Hamburg in Gewahrsam nimmt, soll künftig zahlen
Wer ist betroffen? In Gewahrsam kann beispielsweise ein Betrunkener genommen werden, der dann bis zur Ausnüchterung in einer Zelle bleibt. Auch wer mit einem „Näherungsverbot“ belegt ist, beispielsweise weil er seine Ex-Frau oder Ex-Freundin belästigt hat oder als Stalker unterwegs ist, kann bei einem Verstoß in Gewahrsam genommen werden. Auch Personen, die einem Platzverweis nicht nachkommen, können präventiv in einer Zelle landen.
Auch im Zusammenhang mit Demonstrationen gibt es immer wieder Ingewahrsamnahmen. Allein bei einer Aktion im Zusammenhang mit dem Klimacamp im Sommer letzten Jahres führte die Polizei 58 Ingewahrsamnahmen durch. Und auch die beiden glücklosen Klimakleber, die sich in der Elbphilharmonie an einer Stange des Dirigentenpults pappten und so ein Beethoven-Konzert störten, waren von der Polizei in Gewahrsam genommen worden, was offenbar zukünftig auch mit Gebühren belegt werden würde.
Ingewahrsamnahme: Obdachlose müssen nicht zahlen
Eine Gruppe will man von den Gebühren ausnehmen. Obdachlose. Was zunächst ein bisschen großherzig wirkt, dürfte eher von Pragmatismus geprägt sein. Die Zustellung von Gebührenbescheiden ist schwierig. In der Regel ist bei „Personen ohne festen Wohnsitz“, wie es im Beamtendeutsch heißt, auch ohnehin nichts zu holen.
Ausgeheckt hat die Gebühren die Polizeiverwaltung, die regelmäßig überprüft „welche Leistungen, die nach dem Gebührengesetz abrechnungsfähig sind, tatbestandsmäßig noch nicht erfasst sind und ob der Aufwand der Erhebung in einem günstigen Verhältnis zu den zu erwartenden Erlösen steht“. Die erhofften Einnahmen durch Ingewahrsamnahmen wird mit einer Million Euro jährlich beziffert.
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Nichts zu befürchten, jedenfalls nicht in Richtung Gebühren, haben weiterhin Straftäter. Für sie bleiben vergleichbare Leistungen der Polizei bei einer Festnahme auch zukünftig kostenfrei.