Hamburg. Er war ein besonderer Hochschullehrer, ein “Mentor, als es noch keine Mentoringprogramme gab“. Was Dieter Roß auszeichnete.

Der langjährige Hamburger Journalistik-Professor Dieter Roß ist tot. Wie das Leibniz-Institut für Medienforschung (früher: Hans-Bredow-Institut) berichtet, starb Roß bereits vor Weihnachten im Alter von 86 Jahren. Roß war nach seiner Tätigkeit für die Tagesschau von 1965 an wissenschaftlicher Referent am HBI und seit 1983 bis zu seiner Emeritierung Professor am Institut für Journalistik der Uni Hamburg.

„Jetzt ist er tatsächlich und für immer gegangen. Die, die das Glück hatten, ihm am Hans-Bredow-Institut oder später, als er schon zur Universität hinübergewechselt war, zu begegnen und mit ihm arbeiten zu dürfen, werden ihn nicht vergessen“, heißt es auf der Homepage des Institutes.

Prof. Dieter Roß war ein liberaler Hochschullehrer

Roß war für seine Studentinnen und Studenten ein sehr liberaler, väterlicher Hochschullehrer, dessen tiefgründige Analysen von aktueller Medienberichterstattung und der Sprache, mit der sie daherkam, immer anregend und nie dozierend wirkten. Ihm gelang es wie keinem Zweiten, aus seiner Belesenheit die passenden Aphorismen in Seminare und Übungen locker einfließen zu lassen.

Dazu zählten wohlformulierte Spitzen von Friedrich Schiller, Heinrich Heine oder Karl Kraus. Oft zitierte er einen Kraus-Satz, der die absurde Vergeblichkeit journalistischen Tuns auf die Spitze trieb: „Ein Feuilleton schreiben heißt: auf einer Glatze Locken drehen.“

Prof. Dieter Roß gestorben: "Ein väterlicher Mentor"

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Dieter Roß nannte seine Studentinnen und Studenten beim Vornamen, blieb aber beim „Sie“ – formvollendet. Dieses Hamburger Sie war sein klug gewählter Pfad abseits der Debatte, ob sich seit der 1968er-Rebellion Professoren und Studierende auf Du-Augenhöhe begegnen oder die klassische Hierarchie zumindest in der Anrede beibehalten wollen und sollen.

Der frühere Bredow-Direktor, Jura-Professor, Justizsenator und Richter am Bundesverfassungsgericht, Prof. Wolfgang Hoffmann-Riem, sagte: „Dieter Roß war ein freundlicher, empathischer, kompetenter und immer zuverlässiger Kollege, dem das Institut viel zu verdanken hat.“

Roß‘ ehemaliger Instituts-Kollege Prof. Otfried Jarren erklärte: „Dieter verfolgte die wissenschaftliche (und politische) Entwicklung intensiv, hielt aber Distanz. Er las viel, so zeitgeschichtliche und historische Arbeiten, und brachte engagiert Einsichten und Erkenntnisse in die Lehre wie in die Debatten ein. Er tat dies weniger im großen Kreis, er pflegte die kleine Runde, die Wort und Widerwort ermöglicht.“

Dieter Roß habe „liebenswürdig spöttisch und ironisch“ sein können. Jarren ergänzte: „Dieter Roß war ein Mentor in einer Zeit, in der es noch keine Mentoringprogramme gab. Nun habe ich einen geschätzten Kollegen und einen väterlichen Freund verloren.“