Hamburg. Es geht um über 500.000 Einwegsäcke für Laub, die zum Teil verbrannt werden. Auch Greenpeace äußert Kritik – es gebe Alternativen.
Plastiktüten gibt es nur noch in seltenen Fällen – und dann gegen eine Schutzgebühr. Plastikflaschen sind sowieso schon lange nur noch im Pfandsystem zu bekommen. Nun müssen künftig sogar Gastronomen und andere Unternehmer, die Essen und Trinken zum Mitnehmen anbieten, Mehrweggeschirr herausgeben. Das Thema Plastikvermeidung hat in Hamburg eine große Bedeutung. Nur in einem Bereich gilt das anscheinend nicht: bei den Laubsäcken.
Noch immer entsorgen in Hamburg die meisten Menschen ihre Blätter in Plastiksäcken. Im vergangenen Jahr waren es 540.000 Stück, das sind sogar rund 100.000 mehr als im Durchschnitt der Jahre zuvor. 4270 Tonnen Grünabfälle wurden so von der Stadtreinigung eingesammelt.
Stadtreinigung Hamburg: Säcke müssen einige Kriterien erfüllen
„Unsere Laubsäcke bestehen zu 100 Prozent aus alten Folien und stellen betrieblich und ökologisch eine angemessene Entsorgungsmöglichkeit für Privathaushalte dar“, sagt der Sprecher der Stadtreinigung, Kay Goetze. „Im Jahr 2020 hat die Stadtreinigung beim Wuppertal-Institut ein Gutachten in Auftrag gegeben – das Ergebnis war, dass unsere Laubsäcke die beste Klimabilanz haben, verglichen mit Alternativen wie Papier oder Jute.“
Die Säcke zum Einsammeln des Bio-mülls müssten, so Goetze, einige Kriterien erfüllen. Zum einen sollen sie robust sein, „damit sie bei der Entsorgung nicht reißen und den nasskalten Witterungsverhältnissen standhalten“. Das wäre bei Papiersäcken nicht der Fall. Wichtig sei außerdem, dass die Laubsäcke transparent seien. „Dadurch lassen sich falsche Befüllungen schneller identifizieren.“ Ein weiterer Grund für die Verwendung von durchsichtigem Material sei das Thema Arbeitsschutz. „Unsere Mitarbeitenden werden vor falsch befüllten Säcken durch beispielsweise spitze oder schwere Gegenstände vor Verletzungen geschützt.“
Säcke landen bei einem Verwerter
Die eingesammelten Säcke landen in Hamburg bei einem sogenannten Verwerter. Dort werden sie maschinell geöffnet, Laub und Säcke werden voneinander getrennt. Je nach Verschmutzungsgrad wird dann entschieden, was mit den Säcken passiert. Die besser erhaltenen werden recycelt, die stark verschmutzten Säcke „der thermischen Verwertung zugeführt“, also verbrannt.
Ein Fakt, der bei Greenpeace für Verärgerung sorgt: „Es kann nicht sein, dass im Jahr 2022 die Stadtreinigung keine Alternative zu diesen Einwegplastiksäcken findet, die einfach verbrannt werden“, sagt Viola Wohlgemuth, die in der Umweltschutzorganisation für die Bereiche Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz zuständig ist. Die Stadtreinigung mache schließlich Werbung mit dem Slogan „Der beste Müll ist der, der nicht entsteht“.
Auch Nabu äußert Kritik
Und versuche auch sonst viel für den Umweltschutz zu tun. „Aber an dieser Stelle arbeiten sie mit Methoden von vorvorgestern.“ Auch beim Nabu sieht man die Methode kritisch. „Dass die Laubsäcke aus Kunststoff sind und nach einmaliger Verwendung in der Regel verbrannt werden, ist wirklich tragisch“, sagt Sprecher Jonas Voß. Er ist der Meinung, dass die Säcke mehrfach genutzt werden sollten. „Dafür müsste die Öffnung und Verarbeitung der vollen Säcke wieder von Hand und nicht mehr maschinell erfolgen“, so Voß.
Viola Wohlgemuth von Greenpeace hat eine andere Idee. „Es müssen Säcke oder andere Mehrweg-Alternativen im Stile der Big Packs entwickelt werden, die eingesammelt werden können. Sie müssen zudem so robust sein, dass sie nach einer Reinigung wieder genutzt werden können.“ Genau nach dem Prinzip arbeite man schließlich auch beim Einsammeln der besagten Big Packs. Und die Biotonne funktioniere auch so. Damit in diesen großen Säcken dann nichts anderes landet als der Biomüll, könne man sie verschließbar fertigen.
„Es gibt auf jeden Fall Alternativen"
„Es gibt auf jeden Fall Alternativen. Und es ist höchste Zeit, sich darüber Gedanken zu machen“, so Wohlgemuth. Der Nabu schlägt zudem vor, dass die Stadtreinigung zur „Laub-Saison“ öffentliche Container aufstellt, wie zum Beispiel die Altglas-Container, „die dann zentral geleert werden“.
Diese Möglichkeit gibt es bereits in anderen Städten. Die Stadtreinigung sieht sie allerdings kritisch: „Wir glauben, dass diese Sammelboxen für eine Großstadt eher ungeeignet sind“, sagt Goetze. „Durch die Anonymität solcher Standplätze werden diese häufig für illegale Müllentsorgung missbraucht und haben sehr negative Auswirkungen auf die Stadtsauberkeit und die Lebensqualität.“ Für ländlichere Gebiete hingegen erscheine diese Methode durchaus sinnvoll.
Laubhaufen können Igeln als Winterquartier dienen
Goetze ermuntert alle Gartenbesitzer allerdings dazu, möglichst wenig Laub aus dem Garten zu entfernen. „Kompostieren Sie es vor Ort, wenn das irgendwie geht“, so Goetze. Laubhaufen seien für Igel beispielsweise ein Winterquartier. Zudem sei Laub auch für die Pflanzen ein guter Frostschutz im Winter. Und Wohlgemuth von Greenpeace ergänzt: „Unter Hecken kann man wunderbar das Laub liegen lassen. Hier ist es auch für andere Lebewesen und gerade Nützlinge im Garten hilfreich, vom Regenwurm bis zum Igel-Winterquartier.“ Dazu lasse es sich gerade auf dem Rasen bis in den späten Herbst wunderbar mitmähen.
„Dann sollte der Rasenschnitt als Dünger liegen gelassen werden. Das ist sogar sehr gut und liefert dem Boden wichtige Nährstoffe und spart Dünger, der sonst extra gekauft werden müsste.“ Auch Voß vom Nabu bittet alle Gartenbesitzer, auf den laubfreien Garten zu verzichten. „Die Stadtreinigung könnte auf öffentlichen Grünflächen ebenfalls beispielhaft für Igel Laubhaufen anlegen“, sagt er. „Laub auch mal liegen zu lassen wird so zum ganz praktischen Beitrag zum Artenschutz.“
Stadtreinigung Hamburg: Laub kann in Biotonne entsorgt werden
Sollte das den Gartenbesitzern nicht möglich sein, berichtet Goetze, gebe es andere Möglichkeiten der Entsorgung: „Die Anlieferung von Laub aus Hamburger Privathaushalten auf den Recyclinghöfen ist beispielsweise gebührenfrei.“ Natürlich könne auch in der Biotonne viel Laub entsorgt werden – und das sogar günstiger als im Plastiksack.
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Die Biotonne gibt es nämlich ab 1,72 Euro monatlich (80 Liter Volumen, 14-tägliche Leerung). Unbedingt vermieden werden sollte übrigens die Entsorgung in der Restmülltonne, „weil durch die thermische Verwertung vom wertvollen Biomüll nur das relativ niedrige energetische Potenzial genutzt wird und kein Kompost für die stoffliche Verwertung erzeugt werden kann“.