Hamburg. Micha Teuscher will nicht erneut kandidieren. Studierende und Lehrende fordern zusätzliche Mittel – Protest auch vor der Bürgerschaft.
Die HAW Hamburg steckt wirtschaftlich in Schwierigkeiten – und steht vor Veränderungen an der Hochschulspitze: Präsident Micha Teuscher (58), dessen Amtszeit im April 2023 endet, will nicht erneut kandidieren. Er habe sich dazu aus persönlichen Gründen entschlossen, wolle nach mehr als 20 Jahren in der Hochschulpolitik „einen Perspektivwechsel vornehmen“, teilte der Professor für Betriebswirtschaftslehre und Management auf Abendblatt-Anfrage mit.
Die HAW Hamburg verfüge über „großes Potenzial als vielfältige Hochschule, die zukunftsrelevante Themen und Fragen aus der Gesellschaft direkt bearbeitet und nachhaltige Lösungen für sie schafft“, so Teuscher. „In den kommenden Monaten wird mein Schwerpunkt darin liegen, die Hochschule für die Zukunft strategisch und finanziell sicher aufzustellen.“
HAW Hamburg: Defizit von neun Millionen Euro bis Ende 2022?
Teuscher hatte die Leitung von Hamburgs zweitgrößter Hochschule (knapp 16.900 Studierende, 412 Professorinnen und Professoren) im Mai 2017 übernommen. Er trieb unter anderem Forschung und Digitalisierung an der HAW voran, engagierte sich für die Vernetzung mit der regionalen Wirtschaft und für Wissenstransfer, war zwei Mal nominiert für den Titel „Hochschulmanager des Jahres“.
Als Vorsitzender der Landeshochschulkonferenz hob Teuscher oft hervor, dass die Grundfinanzierung der Hamburger Hochschulen bei weitem nicht ausreiche, um zusätzliche Kosten durch Tarif- und Inflationssteigerungen auszugleichen. Als es 2021 zu einer Einigung mit der Wissenschaftsbehörde über die Grundfinanzierung bis 2027 kam, erklärte Teuscher: „Die Kostenschere besteht weiterhin. Sie stellt die Hochschulen weiterhin vor große Herausforderungen.“
An der HAW spitzt sich die Lage nun offenbar zu. Am Dienstag wollen eine Betriebsgruppe der Gewerkschaft Verdi, Studierende und Mitarbeitende auf dem Campus Berliner Tor mit einem „Aktionstag gegen die Unterfinanzierung“ auf Probleme hinweisen. Am Ende dieses Jahres werde die HAW voraussichtlich ein Defizit von neun Millionen Euro haben. Die Folgen? „Jetzt schon werden Tutorien auf ein Minimum gekürzt oder ganz eingestellt, stellenweise ist die Verwaltung so überlastet, dass Tutor:innen auf ihre Gehälter und Studierende in Prüfungsangelegenheiten monatelang warten müssen“, erklären die Initiatoren des Aktionstags.
HAW: Forderungen an die Bürgerschaft übergeben
In einer Stellungnahme des Finanzausschusses des Hochschulsenats heißt es, die Mittelverteilung im Jahr 2023 könne nur aufgehen durch eine „zweckentfremdete Verwendung“ von Mitteln aus dem Hochschulpakt und dem Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken. Am Dienstagnachmittag wollen die Protestierenden ein Forderungspapier an Wissenschaftsstaatsrätin Eva Gümbel (Grüne) übergeben, die es an die Abgeordneten der Bürgerschaft weitergeben soll.
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HAW-Sprecher Matthias Echterhagen teilte auf Abendblatt-Anfrage mit, die Hochschule befinde sich in einer „äußerst angespannten Finanzlage“. „Im Rahmen der von 2013 bis 2020 geltenden Hochschulvereinbarung wurde das Grundbudget jährlich nur um 0,88 Prozent gesteigert. Weder die Kostensteigerungen noch die gestiegenen Anforderungen und Aufgaben in Lehre, Forschung, Weiterbildung und Verwaltung wurden kompensiert.“
Auch der 2027 geltende „Zukunftsvertrag“ schließe die Deckungslücke nicht, „sodass die Kostenstruktur den gegebenen Finanzierungsbedingungen angepasst werden“ müsse. Derzeit suche die HAW mit Beratern des HIS-Institut für Hochschulentwicklung nach „Einsparpotenzialen“. Bis zum Ende dieses Jahres solle die Hochschule der Wissenschaftsbehörde ein „Konsolidierungskonzept“ vorlegen.