Hamburg. Inkontinenz ist ein Volksleiden, das Betroffenen oft peinlich ist. Welche Formen der Blasenschwäche es gibt und was der Experte rät.
Es ist ein Leiden, das oft immer noch mit Scham behaftet ist: Den Betroffenen, und das sind allein in Deutschland Millionen, ist es in der Regel sehr unangenehm, über Blasenschwäche zu sprechen. „Dabei handelt es sich längst um eine Volkskrankheit“, sagt Dr. Oliver Engel. „Zehn von 100 Männern und 15 von 100 Frauen sind von einem unkontrolliertem Urinabgang betroffenen. Man kann fast plakativ sagen: Kein Altern ohne Blasenschwäche.“
Grundsätzlich müsse man zwischen drei Formen der Inkontinenz unterscheiden, erklärt der Chefarzt des Zentrums für Urologie und Nephrologie am Asklepios Klinikum Harburg: „Die bekannteste und häufigste Variante ist die Belastungsinkontinenz. Beim Lachen, Husten oder beim schweren Tragen treten Tropfen von Urin aus.“
Medizin: Blasenschwäche – Beckenbodentraining nach der Geburt
Entscheidend sei immer das reibungslose Zusammenspiel von Harnblase, die als Hohlmuskel den Urin speichere, und Schließmuskel, der entweder fest aktiviert sein oder lockerlassen müsse. „Bei der Belastungsinkontinenz aber funktioniert der Schließmuskel nicht mehr richtig.“
Der erste Therapieansatz ist vielen Frauen, die nach der Geburt an Inkontinenz leiden, geläufig: Beckenbodentraining. „Mit täglichen Übungen, zumindest anfangs unbedingt unter physiotherapeutischer Anleitung, wird versucht, das Leiden zu lindern“, sagt der Experte. Schon nach einem Monat sei abzusehen, ob diese konservative Therapie – eben ohne Medikamente oder gar einen Eingriff – den gewünschten Erfolg bringe.
Medizin: Blasenschwäche – letzte Option künstlicher Schließmuskel
Doch was, falls nicht? „Man muss natürlich in der Diagnostik erst mal schauen, wo das Problem liegt“, sagt der Chefarzt. Bei Dranginkontinenz, einer zweiten Form der Blasenschwäche, sei nämlich die Harnblase selbst das Problem, sie reagiere quasi über und löse dadurch einen dauernden Harndrang aus. Und dann gebe es noch die Überlaufinkontinenz, bei der sich die Harnblase nie vollständig entleere. „Das ist oft ein Problem von Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie MS und Parkinson, aber auch nach einem Bandscheibenvorfall kann das auftreten.“
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Neben medikamentösen Therapien, die gerade bei Überlaufinkontinenz eher der „Goldstandard“ seien, könnten auch anatomische Korrekturen vorgenommen werden. „Die letzte Option ist es, einen künstlichen Schließmuskel, der aussieht wie eine Manschette, zu implantieren“, so der Experte. Gut eine Stunde dauere der Eingriff, der allein in Harburg bis zu 50 mal pro Jahr durchgeführt werde. „Das Ergebnis ist in der Regel für die Patienten sehr gut.“