Hamburg. Die Wasserversorgung der Stadt ist langfristig gesichert. Trotzdem zieht Hamburg Wasser eine gemischte Jahresbilanz.
Es wird wärmer in Hamburg; Hitze- und Trockenphasen treten als Folge des Klimawandels künftig wohl häufiger auf. Trotzdem sollte es weiterhin meist ausreichend Grundwasser in der Hansestadt geben für unsere Trinkwasserversorgung – sofern wir sparsam mit der kostbaren Ressource umgehen. Das ist die Kernaussage des Wasser-Reports 2021/22, den der städtische Versorger Hamburg Wasser am Mittwoch vorgestellt hat.
Grundwasser ist Teil des Wasserkreislaufs. Es stammt überwiegend aus Regenwasser, das im Boden versickert. Ein Teil des Niederschlags wird von der Vegetation genutzt, allerdings kaum im Winter. Dann gelangt viel Regenwasser bis in die Grundwasserleiter, wo es verfügbar ist für die knapp 500 Brunnen, aus denen Hamburg seine Wasserversorgung bestreitet.
Hitzephasen nehmen wegen Klimawandel zu
Infolge des Klimawandels nehmen nicht nur Hitzephasen zu. Weil warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, könnten auch starke Niederschläge in unseren Breiten bald häufiger vorkommen, insbesondere im Winterhalbjahr, wenn die Verdunstung nicht so stark ausfällt, dass sie das Plus an Niederschlag kompensierte, wie Daniel Petry vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am Mittwoch erläuterte.
Der DVGW hatte das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig mit einer Untersuchung beauftragt, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Neubildung des Grundwassers in Deutschland haben könnte. Die Forschenden nutzten 70 Einzelsimulationen mit elf verschiedenen regionalen Klimamodellen, also Computerprogrammen, die naturwissenschaftliche Gegebenheiten der Erde beschreiben, etwa Abläufe in der Atmosphäre. Damit lässt sich simulieren, was passiert, wenn die Konzentration von Kohlendioxid (CO₂) in der Atmosphäre zunimmt.
Die Zukunft bringt wahrscheinlich große Herausforderungen
Die meisten Simulationen ergaben, dass es insbesondere im Norden und Nordosten Deutschlands bis zum Jahr 2100 mehr Winterniederschläge und damit eine „deutliche Zunahme“ der Grundwasserneubildung geben könnte – im Fall eines ungebremsten Klimawandels, wie Petry erläuterte. Es gebe allerdings „Ausreißer“ bei den Simulationen, die von einer Abnahme der Grundwasserneubildung ausgehen.
Für die Trinkwasserversorgung bei uns sei zu erwarten: Im langjährigen Mittel sollte es keine Knappheit geben. „Das bedeutet aber nicht, dass wir Entwarnung geben können“, sagte Petry. „Denn das Ausmaß und die Dauer extremer Ereignisse werden die Wasserversorgung künftig vor größere Herausforderungen stellen.“
Niederschlagsmenge wieder angestiegen
Ähnlich stellte es Hamburg-Wasser-Chef Ingo Hannemann dar. Zwar habe die Messstation des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Fuhlsbüttel für das hydrologische Jahr (Anfang November bis Ende Oktober) 2021/2022 eine Jahresniederschlagsmenge von 750 Millimetern registriert. Das entspreche dem Durchschnittswert seit 1891 und liege nur knapp unter dem Vergleichswert der vergangenen 30 Jahre (770 mm).
Bezogen auf das Grundwasser sei es „erfreulich“, dass das für die Neubildung besonders relevante Winterhalbjahr mit einer Niederschlagssumme von 404 mm überdurchschnittlich nass gewesen sei, sagte Hannemann. Gegenüber dem Durchschnittswert der Jahre 1991 bis 2020 hätten die Niederschläge zwischen November 2021 und April 2022 um gut 15 Prozent zugelegt.
Trotz Hitzerekords 2022 gab es keine Rekordverbräuche
Trotzdem sei nicht alles gut und normal, sagte Hannemann. Denn es zeigten sich große Schwankungen. Beispiel 2022: Der Februar brachte mit 153 mm knapp dreimal so viel Niederschlag wie in diesem Monat üblich. Dem gegenüber standen lange Trockenphasen: Der März lag mit 18 mm Niederschlag 70 Prozent unter dem langjährigen Mittel, der August mit 11 mm Niederschlag erheblich unter dem 30-jährigen Referenzwert (78 mm).
Der Sommer 2022 war sehr heiß: an zehn Tagen mit Temperaturen über 30 Grad. Im Juli verzeichnete die DWD-Station in Neuwiedenthal sogar mit 40,1 Grad die höchste in diesem Jahr vom DWD gemessene Temperatur hierzulande. Trotz solcher Hitzerekorde hätten sich die Hamburgerinnen und Hamburger allerdings zurückgehalten: An keinem Tag im Sommer habe es einen Gesamtverbrauch von mehr als 400.000 Kubikmeter gegeben, sagte Hannemann.
Hamburg Wasser kann 450.000 Kubimeter Wasser täglich bereitstellen
Normalerweise liege der Verbrauch bei 330.000 Kubikmetern pro Tag – im vergangenen Sommer habe der Verbrauch an einem Tag sogar unter 300.000 Kubikmetern gelegen. Zum Vergleich: 2021 lag der Verbrauch an sechs Tagen über 400.000 Kubikmetern, 2020 sogar an 20 Tagen, 2018 an 21 Tagen.
Zwar könne Hamburg Wasser bis zu 450.000 Kubikmeter Wasser pro Tag bereitstellen, „aber diese Abgaben bereiten unserem System eine gewisse Anspannung“, sagte Hannemann. Deshalb rufe der städtische Versorger dazu auf, „nicht gerade an heißen Tagen zu versuchen, den Rasen noch grün zu halten und den Pool zu befüllen“.
Grundwasserleitern haben sich noch nicht erholt
Für den vergleichsweise geringen Verbrauch im vergangenen Sommer hat Hannemann zwei Erklärungen. Zum einen könnte ein generell verändertes Verbrauchsverhalten bei Energie eine Rolle spielen. Wer Warmwasser spare, um seinen Energieverbrauch zu reduzieren, spare damit auch Trinkwasser. Zudem dürfte das trockene Frühjahr einen Teil beigetragen haben. „Wer im Mai schon einen trockenen Rasen hat, der fängt nicht mehr im Juni an, ihn zu bewässern, damit er wieder grün wird“, sagte Hannemann.
Dass ein sparsamer Umgang mit Trinkwasser sinnvoll sei, zeige die Auswertung der Grundwasserleiter in verschiedenen Tiefen. Der „Abwärtstrend“ bei den Wasserständen infolge der trockenen Jahre 2018 bis 2020 sei in oberflächennahen Grundwasserleitern gestoppt. Durch das nasse Winterhalbjahr 2021/22 verzeichneten die Messstellen von Hamburg Wasser dort „überwiegend wieder normale“ Wasserstände, so Hannemann. In den tieffliegenden Grundwasserleitern habe die Erholung aber „noch nicht eingesetzt“.