Hamburg. Allein die Mitarbeiter der Senatskanzlei haben im Schnitt 68 Plusstunden. CDU kritisiert fehlende Aufgabenkritik.
Wer in einer Hamburger Behörde arbeitet, hat in der Regel ein Gleitzeitkonto, das er oder sie „eigenverantwortlich unter Beachtung der dienstlichen Belange“ im Blick zu haben hat. So hatte es der Senat kürzlich auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe dargestellt. Demnach darf dieses Konto bis zu 40 Minus- oder bis zu 80 Plusstunden aufweisen.
Hamburger Behörden sind überlastet
Wie Kappe jetzt durch eine weitere Anfrage erfahren hat, haben fast 2000 der 77.000 Beschäftigten mehr als 80 Überstunden angehäuft – sie haben also Anspruch auf mehr als zwei Wochen Freizeit zum Ausgleich.
Von den exakt 1914 Beschäftigten mit mehr als 80 Überstunden stammt die größte Gruppe (206) aus der Sozialbehörde, gefolgt von der Umwelt- (146) und der Schulbehörde (141), den Bezirksämtern Wandsbek (132) und Mitte (120), dem Unternehmen Schulbau Hamburg (103), der Stadtentwicklungsbehörde (101) sowie der zur Finanzbehörde zählenden Steuerverwaltung (98).
Da diese Ämter und Behörden unterschiedlich groß sind, ergibt sich ein etwas anderes Bild, wenn man die Anzahl der Beschäftigten mit mehr als 80 Überstunden auf jeweils 100 Beschäftigte umrechnet: Dann steht die relativ kleine Senatskanzlei am schlechtesten da, wo allein 75 Beschäftigte ihr Überstunden-Konto überzogen haben. Es folgen die Umwelt-, die Wirtschafts-, die Innen- sowie die Verkehrsbehörde. Sie kommt inklusive ihrer Landesbetriebe auf 71 Mitarbeiter mit mehr als 80 Überstunden.
Senat kündigt an, Unterstützungskräfte zu schicken
Für die erst seit 2020 eigenständige Verkehrsbehörde begründet der Senat die vielen Überstunden mit dem „besonderen Aufwand im Zusammenhang mit der Neugründung der Behörde“, mit „Aufgaben im Rahmen der Mobilitätswende“ sowie mit weiteren Anforderungen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine, „insbesondere bei der Steuerung von Angeboten und Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)“.
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Für die Senatskanzlei, wo die Beschäftigten im Durchschnitt (!) auf 68 Überstunden kommen und damit auf mehr als in allen anderen Behörden, wird auf die „außerordentlich“ hohe Belastung während der Corona-Pandemie verwiesen.
Für Sandro Kappe ist das so nicht hinnehmbar: „Die bekannte Anzahl der Überstunden steht deutlich für Arbeitsbelastung der Beschäftigten“, sagt der CDU-Sprecher für den öffentlichen Dienst. „Ein guter Arbeitgeber hat Überlastungen frühzeitig im Blick, macht eine Aufgabenkritik.“ Als Beispiel nennt er die aufwendigen Abstimmungen zwischen den Behörden: „Fünf Abstimmungsrunden beim Klimazwischenbericht sind einfach zu viel. Gutes Führungspersonal würde mithilfe von gemeinsamen Treffen schnelle Einigungen herbeiführen.“
Auf die Beschäftigten der Senatskanzlei komme schon die nächste große Aufgabe
Kritisch sieht er auch, dass der Senat nach eigenen Angaben nicht aktiv darauf hinwirkt, die Überstundenregelung einzuhalten: „Im Vergleich achtet die Zollverwaltung darauf, dass die Beschäftigten grundsätzlich nicht mehr als 40 Überstunden aufweisen.“ Die Ankündigung des Senats, die Bereiche mit den höchsten Zeitkontensalden je 100 Beschäftigten temporär Unterstützungskräfte zu schicken, begrüßt Kappe: „Das wurde auch Zeit.“
Denn auf die Beschäftigten der Senatskanzlei komme schon die nächste große Aufgabe zu: 2023 wird Hamburg die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit ausrichten. „Eine weitere Aufgabe für einen Bereich, der bereits mit Überstunden absäuft“, so Kappe. Immerhin: Zu den fünf Mitarbeitern, die sich jetzt schon darum kümmern, sollen am 1. Dezember zwei weitere hinzustoßen.