Hamburg. Was Beamte im Einsatz alles erleben – dafür steht beispielhaft ein Fall aus der vergangenen Woche. Eine Analyse.

Sie werden bedroht, beschimpft, beleidigt. Sie werden geprügelt, getreten. Sie werden mit Steinen beworfen, mit Messern angegriffen, mit Eisenstangen geschlagen. Sie werden sexuell genötigt. Sie werden Opfer von „Straftaten gegen das Leben“, wie es im Amtsdeutsch heißt. Sie – das sind Polizistinnen und Polizisten. Und die Gewalt, egal ob verbal oder körperlich, erfahren sie, nur weil sie Polizisten sind.

Die Zahl der Fälle und die Zahl der Opfer steigen seit Jahren an, auch dieses Jahr wieder – egal ob in einer Millionenmetropole wie Hamburg oder einem Nest wie Klein Nordende, das wir später noch erwähnen. Die Zahlen steigen auch wegen einer Gesetzesverschärfung des Paragrafen 241 StGB, in dem Bedrohung unter Strafe gestellt ist. Und ja, sie steigen, weil sensibilisierte Polizisten Angriffe vermehrt zur Anzeige bringen. Aber sie steigen eben auch, weil Polizisten öfter angegriffen werden.

Gewalt gegen Polizisten: Umgang hat sich verschlechtert

Wer sich bei Polizisten in Hamburg und in Schleswig-Holstein umhört, erhält die immergleichen Antworten: Der Respekt gegenüber der Polizei habe deutlich nachgelassen, die Aggressivität – häufig durch psychisch auffällige Täter – sei merklich gestiegen. Und man hört, dass Respektlosigkeit und Aggressivität kein Problem allein „prekärer Schichten“ seien.

Der Umgang mit Beamten in Uniform hat sich seit März 2020 nochmals verändert – heißt: verschlechtert. Je länger die Pandemie dauerte und mit ihr die Einschränkungen der Freiheitsrechte, desto genervter reagierten die Menschen auf die Polizei. Aus Polizisten, die die Einhaltung von Regeln durchsetzen sollten, wurden Sündenböcke. Das ist nicht nur ein Gefühl der Beamten, das belegen Zahlen des Bundesinnenministeriums. Demnach erreichte die Zahl der Attacken auf Beamte 2021 ihren Höhepunkt mit 8556 bundesweit angegriffenen Polizisten im letzten Lockdown-Monat.

Gewalt gegen Polizisten: "Dort kann sich der Frust entladen“

Was Beamte im Einsatz alles erleben – dafür steht beispielhaft ein Fall aus der vergangenen Woche. Eine Polizistin verfolgte am Großneumarkt nach Sachbeschädigungen an Autos den Täter. Bei der Festnahme leistete er starken Widerstand und biss der 25-Jährigen ins Bein. Die musste den Dienst für den Tag beenden.

Aus der Sicht von Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer wird die Polizei als „personifizierter Staat“ wahrgenommen. „Und dort kann sich der Frust entladen.“ Doch die Gesellschaft dürfe sich nicht an solche Übergriffe gewöhnen. „Wir jedenfalls leisten unseren Anteil und legen schon in der Ausbildung unseres Nachwuchses einen starken Fokus auf Kommunikation und Deeskalation.“

Ihm sei es wichtig, dass die Polizei gut ausgestattet sei, sagt Meyer: „Wir benötigen hoch motivierte und gut ausgerüstete Mitarbeiter mit modernen Einsatzmitteln.“ Denn: „Angriffe auch auf Hamburger Polizeibeamte nehmen mit Sicherheit zu – auch wenn dies statistisch nicht optimal erfasst wird.“

Die Opfer und die Täter

„Wir wurden im Februar zur Unterstützung einer Abschiebung in eine Unterkunft gerufen. Der Mann wehrte sich stark. Bei der Festnahme hat er mir massiv auch auf meine Hände geschlagen. In der Folge riss eine Sehne in der rechten Hand. Ich war vier Wochen lang krank und in Behandlung, musste eine Schiene tragen“, sagt der Hamburger Polizeimeister Til F.

Der 31-Jährige arbeitet seit vier Jahren am Kommissariat in Hamm. Fast immer komme es bei Abschiebungen zu verbaler und körperlicher Gewalt, erzählt er. „Was mich hier überrascht hat, war die Intensität“, sagt das DPolG-Mitglied.

"Angriff gegen Polizisten ist ein Angriff auf uns alle"

Der Landesvorsitzende dieser Polizeigewerkschaft, Thomas Jungfer, fordert durchzugreifen: „Wer Polizisten bespuckt, beleidigt oder attackiert, gehört mit aller Härte des Gesetzes bestraft. Es gibt in unserem Rechtsstaat keine ,gute‘ Gewalt“, sagt der Hamburger Chef der DPolG. „Jeder Angriff gegen Polizisten und Polizistinnen ist ein Angriff auf uns alle."

„Respektlosigkeit und Aggressivität gegenüber uns Polizisten haben stark zugenommen“, sagt Polizeimeister Til F. Selbst bei einem Martinsumzug. Der Hamburger Polizist schildert, was er vor einem Jahr erlebt hat. „Eine jüngere Mutter hatte uns in Anwesenheit ihres Jungen übelst beleidigt und beschimpft mit ihren knapp unter drei Promille. Ich habe versucht, entspannend auf die volltrunkene Frau einzureden, aber sie hat sich nicht beruhigen lassen. Im Gegenteil. Sie hat sich immer weiter reingesteigert“, erzählt der Polizist.

„Bei vielen hat die Menschlichkeit nachgelassen"

Und wie geht man damit um? „Wenn der Mensch gegenüber mich anfeindet, gelangt dies nicht an mich als Person heran. Ich nenne es den ,Schutz der Uniform‘“, sagt Til F. Jedoch wirke sich das Verhalten auf seine Sicht auf die Menschen aus, mit denen er zu tun habe. „Bei vielen hat die Menschlichkeit nachgelassen. Ich behandle grundsätzlich jeden Menschen gleich. Doch inzwischen reagiere ich in bestimmten Situationen reservierter – um mein eigenes Bild vom Menschen zu schützen“, sagt der Polizist.

Nach einer Untersuchung der Kriminologischen Forschungsstelle des LKA Schleswig-Holstein steigt die Wahrscheinlichkeit von Gewalt gegen Polizeikräfte „mit wachsendem Urbanisierungsgrad“. Heißt: Je größer die Stadt, desto größer das Risiko für die Beamten. Das deckt sich mit Zahlen des Bundesinnenministeriums für 2021: „Obwohl der Bevölkerungsanteil in Städten mit 500.000 und mehr Einwohnern lediglich bei 16,9 Prozent lag, wurden dort 31,5 Prozent aller Gewalttaten“ mit Polizisten als Opfer begangen.

Angriffe vorwiegend nachts, am Wochenende

So zählte das Bundesministerium von den insgesamt 39.649 Gewalttaten mehr als 12.000 in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern, aber „nur“ 7800 in Städten unter 20.000. Hamburg hält in der Bundesstatistik einen traurigen 3. Platz, wenn die Gewalttaten gegen Polizisten in Relation zu der Zahl der Einwohner gesetzt werden. Nur in Berlin und knapp in Bremen kam es umgerechnet zu mehr Angriffen auf Beamte. Schleswig-Holstein liegt in der Betrachtung dieser „Häufigkeitszahlen“ im Bundesschnitt.

Die Kriminologische Forschungsstelle des Kieler LKA hat auch herausgefunden, dass, wenig überraschend, Polizisten vorrangig an Wochenendabenden und -nächten attackiert werden, „insbesondere nach täterseitigem Konsum von Alkohol oder Rauschmitteln“. Auch steige die Gefahr für Polizisten „an hochfrequentierten Örtlichkeiten stark“. Laut dem schleswig-holsteinischen Innenministerium werden in sozialen Brennpunkten mehr Polizisten attackiert, wenngleich die Abweichung vom Durchschnitt „nicht stark“ sei.

Gewerkschaft fordert Unterstützung von Politik und Bevölkerung

Auch wenn die Gewalt gegen Polizisten in Großstädten weiter verbreitet ist, auch auf dem Dorf ist sie längst angekommen, wie ein Fall aus Klein Nordende südlich von Elmshorn zeigt. Dort kontrollierte eine Streife neulich abends einen knapp 40 Jahre alten Autofahrer. Der Mann musste pusten, kam auf 1,8 Promille. Während der Fahrt zum Revier pöbelte und beleidigte er, drohte mit Prügel. Inzwischen Handfesseln tragend, versuchte der Mann mehrfach mittels Kopfstoß einen Beamten zu treffen, schlug mit den Ellenbogen um sich und versuchte zu beißen.

Die Gewerkschaft der Polizei fordert „klar erkennbare gesellschaftliche Anstrengungen gegen Gewalttaten“ an Polizisten. Die würden „angepöbelt, bedrängt, verletzt. Polizeibeschäftigte sind sich bewusst, dass sie einen Beruf ergriffen haben, der mit Gefahren für Leib und Leben verbunden ist. Sie können aber erwarten, dass sich Politik und Bevölkerung hinter sie stellen“, so die GdP.

„Unsere Einsätze werden viel stärker als früher infrage gestellt, kritisiert, gefilmt und ins Netz gestellt“, beobachten Polizistinnen und Polizisten in Hamburg. Die Polizeiführung hält deshalb ihre Leute an, vor Ort „gelassen zu bleiben“ und „klar und deutlich zu kommunizieren, welche Aufgabe sie zu erledigen habe“.

Hamburg: Dieses Jahr 200 mehr Angriffe gegen Polizisten

1939. 2068. 2329. Von Jahr zu Jahr werden in Hamburg mehr Polizistinnen und Polizisten im Dienst Opfer einer Straftat. 1939 Fälle von Gewalt gegen einzelne Hamburger Polizisten weist diese Statistik für 2019 aus. 2020 waren es bereits 2068 Opfer. 2021 stieg die Zahl auf 2329. Und die negative Entwicklung hält auch dieses Jahr an. So liegen dem Hamburger Abendblatt exklusiv Zahlen für die ersten drei Quartale vor.

Danach kam es von Januar bis Ende September zu 1958 Straftaten gegen Hamburger Polizisten. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es fast 200 Fälle weniger gewesen. Übrigens: Auch Feuerwehrleute und Rettungssanitäter werden immer wieder und zunehmend Opfer von verbaler oder körperlicher Gewalt – nur, dass es deutlich weniger Fälle als bei der Polizei sind.

Auch in Schleswig-Holsten gibt es mehr Fälle

Seit Jahren steigt auch im ländlichen Schleswig-Holstein die Gewalt gegen Polizeibeamte. Wurden 2012 noch 2459 Opfer gezählt, waren es 2021 schon 3160. Für das laufende Jahr lässt sich das Innenministerium zumindest auf eine „Trendaussage“ ein: „Die Fall- und Opferzahlen sind im Vergleich gegenüber 2021 leicht angestiegen.“

2021 registrierten die Statistiker der schleswig-holsteinischen Polizei unter anderem 594 Fälle von Widerstand, 631-mal tätliche Angriffe, 99 Bedrohungen. 478 schleswig-holsteinische Polizisten wurden vergangenes Jahr bei Einsätzen verletzt – fünf von ihnen schwer, 44 mussten krankgeschrieben werden. Insgesamt liefen im nördlichsten Bundesland so 363 Tage Dienstunfähigkeit auf.

Deutlicher Antsieg von Gewalt gegen Polizei im Kreis Segeberg

Ein Blick in die Region rund um Hamburg zeigt: Das Problem ist längst auf dem Land angekommen. So hat allein die Polizeidirektion Ratzeburg in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg im vergangenen Jahr 154 gewaltsame Übergriffe auf Polizeibeamte gezählt. „354 Kollegen waren betroffen, 48 davon wurden verletzt“, sagt Direktionssprecherin San­dra Kilian.

Im Kreis Segeberg hat die Polizei einen deutlichen Anstieg festgestellt. Nachdem die Zahlen der Attacken jahrelang konstant waren, ging die Zahl von 75 im Jahr 2020 auf 101 im Jahr 2021 nach oben. Warum es dazu kam – die Polizei weiß es nicht.

Fälle bundesweit steigen seit Jahren


Die Zahl der Fälle und die Zahl der Opfer steigen seit Jahren. Registrierte das Bundesinnenministerium vor neun Jahren noch knapp unter 32.000 Fälle von Gewalt gegen Polizisten, so waren es zuletzt fast 40.000. Die Zahl der Polizisten, die zu Opfern von Gewalttaten wurden, stieg im selben Zeitraum von rund 60.000 auf fast 90.000.

Während auf Bundesebene „Fallzahlen“ und „Opferzahlen“ ausgewiesen werden, erfasst Hamburg nur die „Opferzahlen“. Der Unterschied: Prügelt ein Verdächtiger auf zwei Polizisten ein, handelt es sich um einen Fall, aber um zwei Opfer. Dementsprechend höher sind Opferzahlen als Fallzahlen.

Verdächtigte: Meist männlich, deutsch und älter als 25 Jahre

Im Oktober hat das Bundesinnenministerium, kurz BMI, das aktuelle Lagebild veröffentlicht. Die Kurzfassung: „Mit fast 700 Fällen mehr als im Vorjahr erreicht die Zahl der Gewalttaten einen neuen Höchstwert“, heißt es darin. Das BMI hat im vergangenen Jahr 39.649 Fälle von Gewalt gegen Polizisten registriert. Das ist nochmals ein Anstieg um 1,8 Prozent gegenüber 2020.

Bundesweit wurden bei den fast 40.000 Fällen 88.626 Polizisten „Opfer von gegen sie gerichteten Gewalttaten“. Die Verdächtigen waren meistens männlich (84,2 Prozent), deutsch (70,6) und älter als 25 Jahre (69,6), schreibt das BMI. „Sie waren in der Regel allein handelnd (94,8), oft polizeilich bekannt (75,6), und fast jeder Zweite stand unter Alkoholeinfluss (49,3).“

Während 2021 insgesamt weniger Menschen bundesweit Opfer einer Straftat wurden, stieg trotzdem die Zahl der attackierten Polizisten. Im Detail: Das Bundesinnenministerium erfasste 2021 unter den Polizisten deutlich mehr Opfer von gefährlicher und schwerer Körperverletzung (+11,0 Prozent), tätlichen Angriffen (+5,1) und Widerständen (+5,0). Das sind alles Straftaten mit einem immanenten Verletzungsrisiko. Für das BMI belegen die Zahlen das „hohe und konkrete Berufsrisiko“ von Polizisten.

Wie Polizisten besser geschützt werden sollen

Um Polizisten im Einsatz besser zu schützen, plant Schleswig-Holstein den flächendeckenden Einsatz von Bodycams, also von Kameras, die an der Ausrüstung befestigt sind und filmen, was passiert. Allerdings muss die Landespolizei erst einmal die IT-Infrastruktur und das Equipment beschaffen. Hamburg ist hier deutlich weiter.

Der Einsatz der Schulterkameras wurde rund sechs Jahre lang auf St. Pauli getestet – mit Erfolg. Jetzt hat die Hamburger Polizei 64 Kameras samt Software bestellt. Damit will sie die Streifenwagen der Kommissariate 14 (Innenstadt), 21 (Altona), 25 (Bahrenfeld), 31 (Mundsburg), 37 (Wandsbek), 42 (Billstedt), 43 (Bergedorf) und 46 (Harburg) ausstatten. Darüber hinaus sollen die Spezialkräfte der USE, also der Unterstützungsstreifen, und erneut die Davidwache mit Bodycams versorgt werden.

Bodycams: Schutz und Beweislieferung

Der Vorteil der kleinen Kameras: Sie schützen vor Übergriffen, liefern Beweise, wenn es doch dazu kommt, schrecken ab. Der Nachteil: Sie sind – der Datenschutz will es halt so – nicht dauernd auf Sendung. Polizisten müssen die Aufzeichnung manuell starten, nachdem sie ihr Gegenüber darauf aufmerksam gemacht haben. Sinngemäß warnen die Beamten: „Wir zeichnen jetzt unsere Auseinandersetzung auf.“ Das allein kann in einzelnen Fällen durchaus reichen, die sich aufschaukelnde Lage etwas zu beruhigen.

Die schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein will diese Bodycams künftig auch bei Wohnungsdurchsuchungen zulassen – wegen ihres „deeskalierenden Potenzials insbesondere bei Einsätzen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt“. Da aber Wohnungen besonders geschützt sind, muss erst einmal das Gesetz geändert werden.

Auch Taser sollen gegen Gewalt helfen

Das zweite recht neue technische Hilfsmittel, auf das die beiden Nordländer und ihre Polizeien setzen, sind Taser oder auch Distanz-Elektroimpulsgeräte, kurz DEIG. Schleswig-Holstein testet sie seit August in Ahrensburg und Neumünster. Offiziell heißt es, der sehr kurze Erprobungszeitraum lasse eine Bewertung noch nicht zu. Eine klare Meinung dazu hat aber schon jetzt Marco Hecht-Hinz.

Er ist Vorsitzender der Regionalgruppe Lauenburg/Stormarn der Gewerkschaft der Polizei und spricht von „sehr positiven Erfahrungen“ mit den Elektroschockwaffen. „Die Gefühlslage der Kolleginnen und Kollegen ist, was diesen Feldversuch angeht, durchweg sehr positiv“, sagt Hecht-Hinz, der selbst die Polizeistation in Trittau leitet.

So funktionieren die Taser

Die Taser gäben nicht nur den Beamten im Einsatz ein besseres Gefühl, sondern sie hätten sich auch in Konfliktsituationen bewährt. „Kollegen aus Ahrensburg berichten, dass die Geräte in Situationen, in denen Dritte Gewalt androhen, nicht nur abschreckend, sondern auch beruhigend wirken“, sagt er. Die Elektroschocker trügen zur Deeskalation bei. „Ähnliche Erfahrungen gibt es auch in Neumünster“, sagt der Polizeigewerkschafter.

Mit diesen Tasern werden – laienhaft erklärt – nadelförmige Projektile verschossen. Deren Widerhaken verfangen sich in Kleidung oder Haut. Der über verbundene Drähte fließende Strom lässt die Muskeln kontrahieren, das macht den Angreifer handlungsunfähig. Taser sind aus Sicht von Sabine Sütterlin-Waack (CDU) eine gute Vorstufe zur scharfen Waffe.

Taser sollen landesweit eingesetzt werden

Deshalb steht für die schleswig-holsteinische Innenministerin schon jetzt fest: „Selbstverständlich werden wir den Tasereinsatz landesweit gewährleisten, sobald wir feststellen, dass dieses Mittel geeignet und hilfreich ist, um den Kolleginnen und Kollegen einen noch besseren Schutz gegen Angriffe und Gewalt zu bieten.“

Mit einem aufwendigen Forschungsprojekt hat Schleswig-Holstein die Ursachen analysiert und „Handlungsempfehlungen für die Landespolizei“ entwickelt. So wurden Fortbildungen extra für den Umgang mit Aggressoren entwickelt. Auch arbeiten inzwischen an allen Polizeidirektionen „Taktische Einsatznachbereiter/-innen“, die die Polizisten betreuen.

Das sagt die Ministerin in Schleswig-Holstein

Die Polizei in Schleswig-Holstein hat also taktische, fortbildungsbezogene und fürsorgerische Maßnahmen entwickelt, um die eigenen Leute besser zu schützen. Aber: Ein ganzheitlicher Schutz sei nur eingeschränkt möglich“, heißt es im Innenministerium. Deshalb hat das Bundesland – genau wie Hamburg – „erheblich in die Schutzausstattung der Einsatzkräfte investiert und setzt dies auch weiterhin fort. Alles, was der Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen dient, wird nach Erkennen und Nachweis einer Schutzwirkung prioritär und so schnell wie möglich auch zur Verfügung gestellt“, sagt Innenministerin Sütterlin-Waack. Konkret zählten dazu spezielle Schutzwesten, ballistische Helme und Splitterschutzbrillen.

"Der erneute Anstieg der Fallzahlen und der Opferzahlen ist tragisch und bedauerlich", Sabine Sütterlin-Waack, Innenministerin von Schleswig-Holstein. © picture alliance/dpa / Frank Molter

„Jede verletzte Polizeibeamtin und jeder verletzte Polizeibeamte macht mich persönlich betroffen“, sagt die CDU-Politikerin. Sie nennt den erneuten Anstieg der Fallzahlen und der Opferzahlen „tragisch und bedauerlich. Trotz der hervorragenden Aus- und Fortbildung, der Betreuung nach belastenden Einsätzen sowie der sehr guten Schutzausstattung bleibt leider für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ein Restrisiko, bei einem Einsatz verletzt zu werden“, sagt Sütterlin-Waack.

Das Land nehme die Entwicklung „sehr ernst. Gleichsam halten laut der letzten Dunkelfeldstudie der Polizei 90 Prozent der Menschen in Schleswig-Holstein die Polizei für vertrauenswürdig, professionell und bürgerfreundlich. Unser Anspruch ist, dass wir dieses hohe Vertrauen durch eine bürgerorientierte und kommunikative Polizei erhalten“, sagt Sabine Sütterlin-Waack. „Darauf richte ich meinen Fokus.“

Mitarbeit: Wolfgang Klietz (Kreise Segeberg und Pinneberg), Filip Schwen (Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg)