Hamburg. Krankenkasse stellt Gesundheitsreport mit Schwerpunkt Gender vor. Medizin orientiere sich zu stark an einem Durchschnittsmenschen.
„Wir brauchen eine gendersensiblere Prävention in Unternehmen. Wir brauchen das Bewusstsein hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Unterschiede von Krankheitsbildern. Damit Praxen, Krankenhäuser und auch Patienten besser mit dieser Verschiedenheit umgehen können.“ Das fordert Susanne Klein, Hamburger Landesvorstand der Barmer Krankenkasse, bei der Vorstellung des diesjährigen Gesundheitsreports mit dem Schwerpunkt Gender. Konkret heißt das, dass Männer und Frauen, was Diagnostik und Therapie in der Medizin betrifft, künftig ungleich behandelt werden sollen.
Barmer stellt Gesundheitsreport vor
Für den Report wurden die bekanntesten Krankheiten der Barmer-Patienten verglichen, aufgeteilt in drei Altersgruppen. „Extrem fällt dabei auf, dass jüngere Menschen zwar deutlich mehr Fälle von Arbeitsunfähigkeit aufweisen, jedoch deutlich kürzer dafür krankgeschrieben werden“, so Susanne Klein. Mit Blick auf die geschlechterspezifischen Unterschieden sagte sie, dass Frauen häufiger und auch länger wegen psychischer Erkrankungen krankgeschrieben würden als Männer. Ein Trend, der mit dem Alter noch zunehme. Demnach fehlten Frauen in Hamburg bis zu 65 Prozent häufiger wegen psychischer Probleme als Männer.
Die Erklärung von Susanne Klein: „Einmal haben Frauen noch eine höhere Affinität dazu, zu einer psychischen Krankheit zu stehen und sich auch Unterstützung zu holen.“ Eine andere Ursache könne das Berufsfeld sein: Frauen leisteten noch immer einen großen Teil sogenannter Care-Arbeit: Sie kümmerten sich stärker um die Kinder oder pflegten Angehörige. Vor allem berufstätige Frauen hätten dadurch eine Doppelbelastung, die auch psychisch Kraft koste.
- Menschen mit Depression können zu Hause behandelt werden
- Warum Reiche besonders von Hautkrebs betroffen sind
- Ernährungs-Doc: Früchte sind Zuckerbomben – mit Risiken
In einem anderen Bereich ist es genau umgekehrt, zum Beispiel bei Verletzungen junger Menschen. Hier sind Männer in Hamburg deutlich häufiger betroffen als Frauen. Im Durchschnitt fallen sie deshalb rund 30 Prozent häufiger aus.
Die Geschlechter sollten unterschiedlicher behandelt oder therapiert werden
Auch bei Älteren gibt es Unterschiede. Bei Menschen zwischen 50 und 65 Jahren leiden Männer deutlich häufiger an HerzKreislauf-Problemen. Das Gefährliche: Die Symptome, zum Beispiel für einen Herzinfarkt, können komplett unterschiedlich sein. „Hätten Sie gewusst, dass Übelkeit, Abgeschlagenheit und Nackenschmerzen bei Frauen auf einen Herzinfarkt hinweisen können?“, fragte Susanne Klein. „Wenn eine Patientin sich eben dieser untypischen Symptome nicht bewusst ist, erkennt man den Herzinfarkt auch nicht.“
Das Fazit der Barmer: Die Geschlechter sollten unterschiedlicher behandelt oder therapiert werden. Was noch viel zu selten passiere. „Die Medizin orientiert sich generell zu stark an einem Durchschnittsmenschen, den es so nicht gibt“, sagt sie.
Die Barmer will genau deshalb dieses Thema künftig mehr in den Mittelpunkt rücken, die Menschen individueller ansprechen. Mit der Kampagne #Ungleichbehandlung will die Krankenkasse auf die Unterschiede aufmerksam machen. „Wir fordern die Ungleichbehandlung für alle. Davon können letztlich alle Patientinnen und Patienten profitieren.“