Hamburg. Nur 50 von 400 Psychiatrien in Deutschland bieten diese Therapie an. Das Asklepios Westklinikum gehört dazu.

Der Junge, chronisch depressiv, lebt seit Monaten in seiner eigenen Welt, seinem eigenen Reich. „Das ist wörtlich zu verstehen, denn er hat sein Zimmer nicht verlassen, sich nicht einmal ins Wohnzimmer seines Elternhauses im Erdgeschoss vorgewagt“, sagt Dr. Ulf Künstler. Sein Team aus Ärzten, Sozialarbeitern und Ergotherapeuten habe dann begonnen, den jungen Mann mit täglichen „Hausbesuchen“ zu therapieren: „stationsäquivalente Behandlung“ heißt das Konzept im Fachjargon.

„Für uns und natürlich für den Patienten und dessen Familie war es ein Erfolg zu sehen, wie sich die Tür und der Betroffene mit der Zeit immer weiter öffneten“, so der Chefarzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom Asklepios Westklinikum. Mittlerweile, nach einigen Wochen, fahre der Junge wieder Fahrrad.

Depression zu Hause behandeln

Rund zehn seiner Patienten würden derzeit zu Hause behandelt, der Bedarf sei deutlich größer. „Wir möchten das Angebot bekannter machen und ausbauen“, so der gebürtige Leipziger, der seit zehn Jahren zwischen Hamburg und seiner Geburtsstadt, wo die Familie lebt, pendelt.

Diee Therapie sei besonders geeignet für Patienten, die an Psychosen, Depressionen und Angststörungen leiden und stationär behandelt werden müssten, aber lieber in ihrer häuslichen Umgebung bleiben möchten. „Das Krankenhaus ist immer eine künstliche Welt, aus der man sich irgendwann wieder Richtung Alltag verabschieden muss“, so der Experte. Diese mitunter mühsame Wiedereingliederung entfalle. Ungeeignet für diese Therapie seien jedoch Menschen mit Suizidgedanken und jene, die sich aggressiv verhielten.

Dass es im Krankenhaus nicht unbedingt aussehen muss wie in einem Krankenhaus, das hält der verheiratete Vater von drei Kindern für hilfreich und oft zielführend in der psychiatrischen Therapie, weshalb er sich auch für die Wiedereröffnung seiner „Soteria-Station“ (kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „Geborgenheit“) im kommenden Jahr einsetzt. „Das Konzept hat erstmals der amerikanische Psychiater Loren Mosher in den 1970er-Jahren etabliert.

Im Grunde handelt es sich um eine Wohngemeinschaft auf dem Klinikgelände, in der ein kleines Kollektiv an Patienten gemeinsam lebt und den Alltag strukturiert.“ In den USA und auch in der Schweiz sei das Modell etabliert, auch die Forschungsergebnisse dazu seien eindeutig positiv. „Wir hoffen, dass bald die Finanzierung steht.“