Hamburg. Unterstützer Putins verwenden den Buchstaben “Z“ als Zeichen der Billigung des russischen Angriffskriegs. 62-Jähriger verurteilt.

Der russische Angriffskrieg hat den Buchstaben „Z“ seiner Unschuld beraubt. Das Z ist zu einem Symbol geworden, semantisch aufgeladen mit Blut, Leid und Unrecht. Seit dem Überfall steht es auch für die Parole „za Popedu“, auf deutsch: für den Sieg. Wer es in Deutschland öffentlich verwendet, könnte damit auch zum Ausdruck bringen, den Angriffskrieg gutzuheißen. Gleichwohl gilt im Zusammenhang mit der Strafbarkeit: Kontext ist alles. Nicht jedes Z ist natürlich ein Z für Putin.

Am 29. März fährt Jörg S. aus Schenefeld (Kreis Pinneberg) mit seinem Auto durch Hamburg, einmal hält er es am Grindelberg, einmal an der Stresemannstraße. Er hat auf ein weißes Din-A4-Blatt ein dickes blaues Z gemalt und gut sichtbar an der Heckscheibe seines Autos angebracht. Es ist eine Botschaft, ein leicht zu durchschauender Code für jeden „durchschnittlich verständigen Betrachter“, wie es die Richterin später ausdrückt. Überall und praktisch zu jeder Zeit sind in diesen Tagen die Bilder vom Krieg zu sehen. Wer nicht völlig abgeschnitten ist von der Kommunikation, weiß sofort, wofür ein ohne jeden Kontext zur Schau gestelltes „Z“ steht.

Mit "Z"-Symbol durch Hamburg gefahren – 4000 Euro Strafe

Als einer der wenigen bisher steht der 62-Jährige am Dienstag wegen des „Z“-Symbols und damit der Billigung einer Straftat – in diesem Fall des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges – vor Gericht. Gegen einen zuvor erlassenen Strafbefehl in Höhe von 1500 Euro hatte er Einspruch eingelegt. Bis Mitte Oktober hat die Hamburger Polizei 78 ähnlich gelagerte Verfahren eingeleitet.

Die Vorsitzende Richterin hat es nicht leicht mit dem Angeklagten, der sich auch deshalb verspätet, weil bei der Überprüfung an der Sicherheitsschleuse eine Kinderschere in seinem Aktenordner gefunden worden sei. „Fasst man es“, sagt Jörg S und schüttelt den Kopf. Überhaupt wundert er sich darüber, was in Deutschland alles möglich oder besser: immer noch möglich ist. Mit Blick auf die zwei Menschen, die wegen des „Z“ in seinem Auto Ende März kurz hintereinander bei der Polizei anriefen, sagt er: „Ja, das funktioniert weiter gut in Deutschland, das Denunziantentum.“ Irgendjemand habe dann auch noch die Heckscheibe seines Autos zertrümmert.

Das"Z"-Symbol – ein leicht zu durchschauender Code

Doch was habe er sich eigentlich zuschulden kommen lassen? „Ich sehe das Z als den letzten Buchstaben im lateinischen Alphabet, mehr nicht.“ Und es sei „eine steile These, diese Aktion mit der Billigung des Krieges in Verbindung zu bringen“. Warum dann der Zettel, will die Richterin wissen. Jörg S.: „Ich weiß nicht, warum ich das begründen soll. Das steht jedem frei“, sagt er. Ein Polizist, am Dienstag als Zeuge geladen, erinnert sich, dass Jörg S. ihm gegenüber den Angriffskrieg bagatellisiert habe. Und daran, dass der Angeklagte ihn wissen ließ, dass er sich von „Marionetten des Staates gar nichts sagen lassen“ werde.

Dieser passiv-aggressive Ton zieht sich durch den ganzen Prozess. Als die Richterin ihn, wie üblich vor Ende der Beweisaufnahme, zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und seinem Familienstand befragt, macht Jörg S. komplett dicht. „Dazu muss ich nichts sagen“, sagt er. Er interpretiert die Fragen aber so, dass die Richterin schon ihren Stab über ihn gebrochen habe, das Urteil schon feststehe.

Seinen bizarren Höhepunkt erreicht der Prozess, als der Angeklagte und sein Verteidiger der Richterin verschiedene „Deutungsmöglichkeiten“ für den Buchstaben Z präsentieren. Etwa, dass Z ja auch für „Generation Z“ stehen könne. Oder für den 1969 erschienenen, griechischen Film „Z“ oder für eine längst geschlossene Kneipe in der Nähe des Strafjustizgebäudes.

4000 Euro Strafe für "Z"-Symbol: Angeklagter will sich wehren

Oder eben für eine Billigung des russischen Angriffskrieges, wie die Richterin in ihrem Urteil betont. Das „Z“, dahingekritzelt auf ein Blatt Papier, gut sichtbar für jeden, könne der „Durchschnittsbetrachter“ aktuell durchaus als ein Gutheißen des Krieges verstehen. Jedenfalls sei die Aktion geeignet, den „öffentlichen Frieden“ zu stören. Das Urteil: eine Geldstrafe von 80 Tagessätze á 50 Euro, insgesamt 4000 Euro. Damit werde er sich nicht abfinden, sagt Jörg S.

Muss er auch nicht. Nicht in Deutschland.