Hamburg. Ein Hamburger Rechtsanwalt wurde Opfer von Betrügern. Er schildert seinen Fall, Experten erklären, wie man sich schützen kann.

Vor einem Monat erhielt der in Peru geborene Axel Nycander eine Mahnung vom Versandhändler Otto wegen einer offenen Rechnung. Die geforderte Summe war nicht klein, es ging um 262 Euro. Wenig später folgten weitere Rechnungen, diesmal von Thalia – zwei Mahnungen über jeweils je 8 Euro. Die Besonderheit: Der 28 Jahre alte Hamburger hatte überhaupt nichts bestellt.

Es zeigte sich, dass er das Opfer eines Identitätsbetrugs geworden war. Nycander, der von Beruf Rechtsanwalt ist, erkannte schnell, was geschehen war. „Ich dachte augenblicklich, dass es sich um einen Betrug handelt und jemand mit gefälschten Konten Geld von mir erhalten wollte“, sagte er.

Identitätsbetrug: Polizei Hamburg vermutet hohe Dunkelziffer

Sein Gefühl erwies sich als fast richtig: „Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich entdeckte, dass die IBAN-Nummern tatsächlich die von Thalia und Otto waren“, erzählt der 28-Jährige. Jemand hatte also seine Daten genutzt, um Bestellungen auf Rechnung zu tätigen. Eine der Anschaffungen bei Otto: ein sogenanntes „Bobby Car Neo“, eine der bekanntesten Varianten des Rutschautos für Kinder. Der Brief war an „Frau Adam Axel Nycander“ gerichtet. Der erste Vorname und das Geschlecht des Opfers wurden in diesem Fall also gefälscht.

Es handelt sich um eine beliebte Form des Identitätsbetrugs, bestätigen Daten der Hamburger Polizei. Pressesprecher Florian Abbenseth weist darauf hin, dass es 2021 mehr als 1400 Meldungen gab über Waren- und Warenkreditbetrug, bei denen Identitätsdiebstahl eine Rolle spielte. Damit sind mehr als die Hälfte der digitalen Identitätsdiebstähle von dieser Art. Dazu dürfte eine Dunkelziffer nicht angezeigter Taten kommen.

„Sie haben mich sofort ernst genommen"

Opfer Nycander war beunruhigt. „Ich hatte auch Angst vor einer schlechten Schufa-Auskunft. Denn ich war damals intensiv auf der Suche nach einer neuen Wohnung.“ Deshalb versuchte er sofort, mit den beiden Unternehmen in Kontakt zu treten, allerdings ohne schnellen Erfolg. So wandte sich der Anwalt an die Polizei – und war positiv überrascht: „Sie haben mich sofort ernst genommen. Die Polizei hat für mich noch einmal Kontakt zu Otto und Thalia aufgenommen, und wir haben eine Strafanzeige erstattet.“ Nycander schickte dann ein Schreiben an die Unternehmen mit dem Polizeibericht. Die Mahnungen wurden zurückgezogen.

Ob allerdings der Eigentümer des ergaunerten Bobby Cars aufgespürt wird, ist eine zweite Frage. Thalia und Otto konnten der Polizei nicht einfach am Telefon sagen, wo das Paket abgegeben wurde. „Das ist eine private Information“, so der Peruaner. Nach Angaben von Otto-Pressesprecher Frank Surholt liefern offizielle Anfragen der Polizei durchaus Informationen. „Wir sind ja daran interessiert, solche Täter zur Strecke zu bringen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Datenschutz da greifen wurde.“ Der Sprecher bestätigt, dass am Ende des Tages die Unternehmen die Kosten tragen müssen.

Für jede Website ein anderes Passwort

„Das Wichtigste ist, dass man versucht, für jede Website und Shop ein anderes Passwort zu verwenden“, rät der Sprecher. In den meisten Betrugsfällen sei es so, dass ein Kundenkonto geknackt wurde. Viele Internetnutzer benutzten ein Passwort bei mehreren Konten. „Ein und dasselbe Passwort bei Google, bei About You, bei Otto. Dann haben die Täter es leicht, die Identität zu stehlen“, sagt Surholt.

Für einen solchen Identitätsdiebstahl, wie Nycander ihn erlebt hat, ist jedoch weniger nötig. Eine Wohnanschrift, der vollständige Name und das Geburtsdatum reichten schon aus. Wer ähnliche Mahnungen wie Nycander erhält, sollte sie nicht einfach ignorieren, empfiehlt die Verbraucherzentrale Hamburg, das lässt sie nämlich leider nicht verschwinden. Man müsse den Vertragsschluss bestreiten.

Keine Informationen in sozialen Medien veröffentlichen

Auch Otto-Sprecher Surholt empfiehlt, sich immer schnell an den Kundenservice des Unternehmens zu wenden, wenn man solche Mahnungen erhält, ohne etwas gekauft zu haben. „Man sollte sofort sagen, was alles bestellt worden ist, damit man es nicht bezahlen muss und wir das Konto für den Täter sperren können.“

Auch Polizeisprecher Abbenseth hat Tipps, wie sich Warenbetrug vermeiden lässt: So ist es beispielsweise wichtig, keine Informationen und Fotos in sozialen Medien zu veröffentlichen, die missbraucht werden könnten. Es ist auch gut zu prüfen, ob Konten auf privat eingestellt sind, damit nicht jeder einfach hineinschauen kann. Außerdem sei es ratsam, die Kontoauszüge im Auge zu behalten.

Identitätsbetrug: Passwörter mit vielen Zeichen können hilfreich sein

Starke Passwörter mit vielen unterschiedlichen Zeichen können hilfreich sein. Weiter gibt es auch noch die sogenannte Zwei-Faktor-Au­thentisierung für viele Internetseiten. Falls man doch Opfer eines Betrugs werde, heißt es schnell zu reagieren. Gegen einen Mahnbescheid muss man innerhalb von zwei Wochen Widerspruch einlegen. Überprüft werden sollte auch, von welchen Konten die Daten abgegriffen wurden.

Nycander findet, „es sollte nicht möglich sein, auf Rechnung zu bestellen und die Rechnungsadresse von der Liefer­adresse abweichen zu lassen“. Sonst werde der Betrug zu leicht gemacht.