Hamburg. Potenzielle parteilose Nachrückerin der Ökopartei bezeichnet sich als „sehr grün-affin“. Entscheidung wohl in dieser Woche.
Nachdem drei Abgeordnete die Grünen-Fraktion der Bezirksversammlung Wandsbek verlassen haben – zwei von ihnen haben ihre Mandate als Fraktionslose behalten –, wackelt die hauchdünne rot-grüne Mehrheit. Alles hängt davon ab, ob sich die oder der Nachrückende für den dritten Platz tatsächlich der Fraktion anschließt oder nicht.
Als Erste auf der Nachrückerliste der Ökopartei steht Maria von Trotha, die kein Mitglied der Grünen ist, was zunächst zu Spekulationen geführt hatte. Die 60 Jahre alte Senioren-Assistentin hat sich zwar noch nicht entschieden, ob sie das Mandat annehmen wird. Dennoch macht sie aus ihrer Unterstützung für die grüne Politik keinen Hehl.
Bezirksversammlung: Maria von Trotha "sehr grün-affin"
„Ich bin sehr grün-affin. Ich habe schon, als ich 1982 das erste Mal wählen durfte, den Grünen meine Stimme gegeben – damals als Einzige in dem kleinen Dorf in Niedersachsen, in dem ich aufgewachsen bin“, sagt von Trotha im Gespräch mit dem Abendblatt. Seitdem habe sie bei allen Wahlen die Grünen gewählt.
„Ich warte erst einmal ab, bis die Benachrichtigung des Bezirksamtes eingetroffen ist, dann mache ich mir Gedanken, ob ich das Mandat annehme“, sagt von Trotha. Nach Informationen des Abendblatts hat das Bezirksamt das offizielle Schreiben mit der Frage nach der Mandatsannahme an von Trotha Ende der vergangenen Woche verschickt. Von da an läuft eine siebentägige Frist, innerhalb derer die Annahme oder Ablehnung des Mandats erklärt werden muss.
Chiandone: „Ich bleibe zurückhaltend"
Grünen-Fraktionschefin Julia Chiandone hofft, dass sich die ungewisse Lage in der Fraktion und damit auch im rot-grünen Bündnis bald klärt. „Ich bleibe zurückhaltend und möchte keinen Druck auf Frau von Trotha ausüben“, sagte Chiandone. Es gehe vor der Übernahme eines Mandats auch darum, sich die zeitliche Belastung zu vergegenwärtigen und zu prüfen, ob das mit dem beruflichen Engagement vereinbar sei.
„Ich hoffe schon aus feministischer Perspektive, dass Frau von Trotha das Mandat annimmt. Es ist immer gut, wenn engagierte Frauen bei uns mitarbeiten“, hatte die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal gesagt, die aus Wandsbek kommt und früher Grünen-Fraktionschefin in der Bezirksversammlung war. Dass von Trotha sich der Grünen-Fraktion anschließen würde, ist für Blumenthal klar.
Jan Otto Witt legte sein Mandat nieder
„Wir haben nicht einfach einen Namen aufgestellt, sondern eine Person, die wir kennen“, sagte die Parteichefin. Sollte von Trotha auf das Mandat verzichten, folgt Stefan Fehlauer als Nächster auf der Liste, von dem es heißt, dass er sich wohl auf jeden Fall der Grünen-Fraktion anschließen würde.
Vor gut einer Woche hatten sich die Ereignisse im sonst eher mit ruhiger Hand regierten Bezirk Wandsbek überschlagen. Mit einem Paukenschlag legte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jan Otto Witt, sein Mandat nieder. Zwar begründete der Bezirkspolitiker den Schritt mit einem Umzug nach Ahrensburg, aber er unterzog seine ehemaligen grünen Mitstreiter in der Bezirksversammlung Wandsbek einer sehr grundsätzlichen Kritik. Sie seien nur „13 Farblose zur Mehrheitsentscheidung“, denen es an „Herz, Intelligenz, Durchsetzung, Taktik und Strategie“ fehle.
Rot-grüne Mehrheit war zunächst weg
Mit dem Abgang Witts war die rot-grüne Mehrheit in der Bezirksversammlung zunächst einmal weg. In der folgenden Sitzung des Gremiums nutzte die CDU-Opposition die Lage, um einen auf den ersten Blick harmlosen, in Wahrheit aber brisanten Antrag zur Abstimmung vorzulegen. Die Union forderte, die Stelle des Bezirksamtsleiters auszuschreiben – und damit kam es zum Eklat.
Am 1. Juli 2023 endet die Amtszeit des 60 Jahre alten Bezirksamtsleiters Thomas Ritzenhoff (SPD). Der nicht unumstrittene Verwaltungschef, der seit elf Jahren an der Spitze des Bezirksamts steht, würde angeblich gern bis zu seiner Pensionierung weitermachen. Allerdings sollen auch SPD-Bezirksfraktionschef Marc Buttler und die Wandsbeker SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Anja Quast Interesse an dem Job haben.
Bezirksversammlung: In der Sitzung kam es zum Eklat
Die von der CDU-Fraktion geforderte öffentliche Ausschreibung des Postens ist möglich, aber durchaus nicht immer üblich. Häufig einigen sich die Mehrheitsfraktionen auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten, die oder der dann in der Bezirksversammlung gewählt und vom Senat berufen wird. Nachdem SPD und Grünen klar war, dass sie an diesem Abend keine Mehrheit hatten, verließen sie die Sitzung, machten das Gremium beschlussunfähig und verhinderten so eine Abstimmung.
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Die CDU-Fraktionsvorsitzende Natalie Hochheim warf Rot-Grün daraufhin vor, dass Demokratie für sie nur funktioniere, „wenn sie taktisch in das politische Konzept passt“. SPD und Grüne reagierten dagegen mit dem Vorwurf, die Union habe das zwischen allen Bezirksfraktionen beschlossene Pairing-Abkommen aufgekündigt. Es sieht vor, dass beim Fehlen von Abgeordneten auf der Regierungsseite auch auf der Oppositionsseite Abgeordnete in entsprechender Zahl nicht mit abstimmen, sodass die Mehrheitsverhältnisse gewahrt bleiben.