Hamburg. Heizen oder nicht? Diese Frage stellen sich zurzeit viele. Experten erklären, welche Folgen es haben kann, weniger zu heizen.
Die Bundesregierung ruft in der aktuellen Energiekrise zum Sparen auf. Die Heizung ein bis zwei Grad Celsius kühler einzustellen, gehört zu den Ratschlägen. Doch Experten warnen vor unerwünschten Nebeneffekten: In den Wohnungen könnte Schimmel entstehen. „‚Sparst du noch, oder schimmelt es schon?‘, darf nicht das Motto werden“, betont Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Schimmel.
Energiekrise: Was ist Schimmel und wie gefährdetet er Gesundheit und Bausubstanz?
Zu den Schimmelpilzen werden Pilze gerechnet, die typische Pilzfäden und winzige, nur unter dem Mikroskop sichtbare Sporen ausbilden. Sie können allergische Reaktionen wie beim Heuschnupfen (laufende Nase, Augenreizungen, Niesen) auszulösen. Außerdem gibt es nach Angaben des Bundesumweltamtes das Risiko für Atemwegserkrankungen und Asthma. Baulich kann Schimmelpilz den Putz im Innenraum schädigen.
Wie viel Prozent der Hamburger Wohnungen sind im langjährigen Durchschnitt von Schimmel befallen?
Beim Mieterverein zu Hamburg spielt Schimmel in der Beratung eine große Rolle. „Er kommt insbesondere in schlecht gedämmten Altbauten der 1950er bis 1960er Jahre vor. Das betrifft gut 15 Prozent des Gebäudebestandes in Hamburg“, sagt Rolf Bosse, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender. Schimmelbefall ist nach VNW-Angaben einer der häufigsten Streitfälle zwischen Mietern und Vermietern vor Gericht.
Wie kann der Laie Schimmelbefall feststellen?
Er zeigt sich durch schwarze, grüne oder weiße, manchmal pelzige Flecken. „Zu finden ist er oft in den Fugen der Dusche, hinter Möbeln und Vorhängen, aber auch auf der Tapete“, sagt Andreas Breitner.
Was sind die Ursachen?
Die zu große Differenz zwischen der Raumtemperatur und der Oberflächentemperatur der Innenseite der Außenwand. So schlägt sich die in der Raumluft gebundene Feuchtigkeit an solchen Stellen nieder.
Wie kann man Schimmelpilze in der Wohnung verhindern? Welche Raumtemperatur ist die beste Prävention?
Die Experten empfehlen Temperaturen von 19 oder 20 Grad Celsius. Bei der Absenkung unter 16 bis 18 Grad Celsius steige das Risiko für Schimmelbildung in den genutzten Wohnungen „zum Teil massiv“, heißt es im Bundesumweltamt. Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen empfiehlt, die gesamte Wohnung gleichmäßig zu beheizen. In allen Räumen die Temperaturen auf 19 Grad Celsius einzustellen sei besser, als einzelne Räume auf 21 Grad und die übrigen gar nicht zu heizen. Alle Räume zudem sollten regelmäßig stoßgelüftet werden, damit die verbrauchte, feuchte Raumluft schnell nach draußen ziehen kann.
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Bei Temperaturen unter fünf Grad Celsius ist in älteren, ungedämmten Gebäuden häufig eine Raumluftfeuchtigkeit von unter 50 Prozent notwendig, um die Schimmelpilzbildung zu vermeiden. Steigt die Luftfeuchtigkeit dauerhaft über mehr als 60 Prozent, kann Schimmel entstehen.
Wenn Räume mit Schimmel befallen sind: Was ist zu tun?
„Es sollte unverzüglich gehandelt und der Schimmel beseitigt werden. Dann sollte geklärt werden, wie es zu dem Schimmel gekommen ist, welche Maßnahmen als ergriffen werden müssen, um Schimmel künftig zu vermeiden“, rät Rolf Bosse vom Mieterverein. Am einfachsten wäre es, sein Heiz- und Lüftungsverhalten anzupassen. Das führe aber nicht in allen Wohnungen zum Erfolg. „Die müssen dann nachträglich gedämmt werden, idealerweise von außen.“ Für den Fall, dass der Schimmelbefall noch so klein ist wie vergleichsweise eine Scheckkarte, können die Mikroorganismen mit Spiritus oder 80-prozentigem medizinischen Alkohol beseitigt werden, rät Andreas Breitner.
Energiekrise: Welche Pflichten haben Vermieter und Mieter?
Mieter haben die Pflicht, ihr Wohnverhalten so anzupassen, dass Schimmel in Wohnräumen vermieden wird. Es soll also nicht zu wenig geheizt und genug gelüftet werden. „Mieter sollten sich ein Hygrometer anschaffen, wenn sie Zweifel haben, ob die Luftfeuchtigkeit in Ordnung ist“, rät der Mieterverein.
Kommt es trotz korrektem Nutzerverhaltens dennoch zu Schimmel, liegt ein Mangel an der Bausubstanz vor, der in die Verantwortlichkeit des Vermieters fällt. Der Vermieter muss dann den Schimmel beseitigen und Maßnahmen ergreifen, dass es nicht wieder zu Schimmel kommt. SAGA-Mieter zum Beispiel sollen Schimmelbefall dem Hauswart melden. Bei einem Termin vor Ort wird die Ursache ermittelt und analysiert, ob beispielsweise ein falsches Heizverhalten oder ein Baumangel vorliegt.