Hamburg. Familienvater aus Hamburg soll sich an fünf Mädchen vergangen haben – mit einer besonders perfiden Masche. So lief der Prozessauftakt.
Die Vergangenheit holte Jens S. (Name geändert) erst sieben Jahre später und Tausende Kilometer entfernt vom eigentlichen Tatort ein – nun muss sich der heute 56-Jährige aber für seine mutmaßlichen Taten verantworten. Seit Montag steht er wegen Kindesmissbrauchs vor dem Landgericht.
Im Jahr 2013 und 2014 soll der Hamburger, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, mit zwei etwa 16-Jährigen und einer 13-Jährigen Geschlechtsverkehr gehabt und an zwei weiteren Mädchen im Alter von 13 und 14 Jahren sexuelle Handlungen vorgenommen haben – nicht in Deutschland, sondern auf Kuba. Außerdem soll er die Taten gefilmt haben.
Prozess Hamburg: Besonders perfider Sextourist
Besonders perfide: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Jens S. den Missbrauch und die Aufzeichnung mit den Eltern der Kinder gegen Geld vereinbart habe.
Dabei habe er deren wirtschaftliche Situation gekannt und für seine Zwecke ausgenutzt, so die Anklage. Der bettelarme Staat wie auch die anderen karibischen Inseln gelten nach Einschätzung von Experten als bevorzugte Destinationen von Kindersextouristen.
Kindesmissbrauch: Spur führt von Köln nach Hamburg
Sieben Jahre konnte sich der Familienvater in Sicherheit wähnen, bis bei einem Verfahren gegen einen Mann vor einem Kölner Gericht im Jahr 2020 auch sein Name in den Akten auftauchte. Wie ein Gerichtssprecher sagte, hatte der Hamburger mit dem zwischenzeitlich verurteilten Mann aus dem Raum Köln kinderpornografische Fotos getauscht.
Bei der Durchsuchung der Wohnanschrift von Jens S. im Oktober 2020 stießen die Ermittler auf 24 Bild- und sechs Videodateien, die den – auch schweren – sexuellen Missbrauch von Kindern zeigten. Die kubanischen Mädchen zu identifizieren, sei den Behörden nicht gelungen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Liddy Oechtering, dem Abendblatt. Man habe nur die Videos.
Angeklagter wird vom Gericht geschützt
Beim Prozessauftakt am Montag sieht man Jens S. zwischen seinen zwei Verteidigern, im Anzug, mit Krawatte und Schutzmaske. Von September bis Oktober 2021 saß er einen Monat in Untersuchungshaft.
Was der Angeklagte am Montag zu sagen hat – eine Einlassung kündigen seine Anwälte an – ist allerdings nur für die Ohren der Prozessbeteiligten bestimmt, die Öffentlichkeit wird auf Antrag der Verteidigung ausgeschlossen. Selbst der Anklagesatz soll nicht – wie üblich – öffentlich verlesen werden, beschließt das Gericht.
- Sexueller Missbrauch bei Kirchenreise: Betroffene gesucht
- Bürgerbeauftragte: Kindeswohlgefährdung im Norden nimmt zu
- Missbrauchsbeauftragte: "Sexuelle Gewalt ist eine Realität"
Zwar diene der Publikums-Ausschluss in der Regel den Opfern eines (Sexual-)Strafverfahrens, so das Gericht, doch habe auch ein Beschuldigter das Recht, dass sein Privatbereich unter bestimmten Bedingungen geschützt werde.
Jedenfalls kämen im Verfahren Umstände zur Sprache, deren öffentliche Erörterung „schutzwürdige Interessen“ des Angeklagten verletzten könnten. Ein Urteil wird frühestens am 6. Oktober erwartet.