Hamburg. Das Pilotprojekt verstößt eigentlich gegen eine Richtlinie des Personalamts und steht deshalb massiv in der Kritik. Die Hintergründe.
Die Polizeiführung spricht von einem möglicherweise zukunftsweisenden Pilotprojekt, ein Teil der Beamten dagegen von einem Tabubruch: Der Plan, Leiharbeitende bei der Kriminalpolizei beschäftigen zu wollen, sorgt für heftige Diskussionen im Präsidium (wir berichteten exklusiv). Neben Widerstand des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) gibt es auch neue Verwirrung um das Vorhaben. Denn eigentlich verstößt es gegen Regeln, die die Stadt selbst aufgestellt hat. Wann in den oftmals sensiblen Bereichen der Verwaltung überhaupt externe Leiharbeitende eingesetzt werden dürfen, ist in einer Richtlinie des Personalamtes festgeschrieben.
Dort heißt es, der Einsatz der externen Kräfte sei nur zulässig, wenn sich „sehr kurzfristig“ ein personeller Engpass ergebe, der in seiner Tragweite „so nicht vorhersehbar“ war. Wohl um zu verdeutlichen, dass es sich nicht nur um eine Empfehlung handelt, sind diese Wörter dick unterstrichen. Das gilt auch für die maximale Einsatzdauer: Grundsätzlich dürfe diese einen Monat nicht überschreiten – und auch in „besonders zu begründenden Einzelfällen“ geht die Stadt selbst davon aus, dass der Engpass nach „maximal drei Monaten“ mit Leiharbeitenden als Aushilfen doch behoben sein sollte.
Polizei Hamburg: Pilotprojekt soll sechs Monate laufen
Die Polizei hält es aber nicht nur für denkbar, mit Entlastung durch Leiharbeitende den Beruf von Kripobeamten auch längerfristig „attraktiv zu halten“. Bereits das Pilotprojekt, für das Kosten von rund 480.000 Euro veranschlagt sind, soll sechs Monate laufen – also doppelt so lange, wie die eigene städtische Richtlinie es selbst in Ausnahmefällen erlaubt.
Die Polizeisprecherin Sandra Levgrün betonte dazu am Dienstag auf Anfrage des Abendblatts, dass die Richtlinie bekannt und berücksichtigt worden sei. Hintergrund für das Vorhaben ist eine gewaltige Zahl von 8000 Verfahren, die zurückgestellt werden mussten, weil die Beamten im LKA überlastet sind. „Um eine merkliche Reduzierung der Rückstellungen zu erreichen, wurde das Pilotprojekt auf sechs Monate angelegt“, sagte Levgrün.
Leiharbeitenden sollen Verwaltungsaufgaben übernehmen
„Da es sich damit um einen besonders zu begründenden Einzelfall handelt – insbesondere auch aufgrund der Anstiege der Rückstellungen in der Corona-Zeit –, wurde gemäß genannter Richtlinie die Behördenleitung um Zustimmung gebeten.“ Diese sei erfolgt. Auch das Personalamt bestätigte auf Anfrage eine Abstimmung.
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Die Leiharbeitenden sollten nur Verwaltungsaufgaben und keine Ermittlungsarbeit übernehmen, so die Polizei. Für die Kripogewerkschaft BDK ist aber bereits die Vorstellung von Leiharbeitenden, die mit Akten zu Kriminalfällen hantieren, grauenvoll. Er sei weiterhin fassungslos über die Pläne, und diese müssten verworfen werden, so der BDK-Landesvorsitzende Jan Reinecke. „Es kann nicht die Lösung sein, polizeiliche Aufgaben an privatwirtschaftliche Firmen auszugliedern“.
Polizei Hamburg: Personalamt äußert Bedenken
Tatsächlich betont auch Volker Wiedemann, Leiter des Personalamtes: „Die Arbeitgeberin Freie und Hansestadt Hamburg steht für solide und unbefristete Beschäftigungsverhältnisse (...) und Vermeidung von Leiharbeit.“ Sollten Leiharbeitende nach dem Pilotprojekt also weiter bei der Kripo beschäftigt werden, bräuchte es weitere Genehmigungen oder sogar eine Änderungen des Regelwerks. Polizeisprecherin Sandra Levgrün sagt dazu auf Nachfrage knapp, es sei „keine Verstetigung geplant“.