Hamburg. Nur jede achte Lehrkraft an Grundschulen ist männlich. So wollen Schulbehörde und Zeit-Stiftung das Ungleichgewicht ändern.

Mehr Männer an die Grundschulen: Dieses Ziel verfolgt ein neues Modellprojekt, das die Hamburger Schulbehörde in Zusammenarbeit mit der Zeit-Stiftung startet. „Lehrerinnen und Lehrer haben gemeinsam mit Erzieherinnen und Erziehern den wichtigsten Beruf in dieser Bildungsrepublik“, sagte Manuel Hartung, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, am Montag. „Sie sind Vorbilder, regen an und prägen Leben.“ Daher sei es wichtig, dass die Vielfalt einer Gesellschaft sich in den Lehrerkollegien wiederfinde – auch im Geschlecht.

In Hamburg ist das bislang nicht der Fall. Nach Angaben der Schulbehörde und der Stiftung sind an den insgesamt 195 staatlichen Grundschulen der Hansestadt aktuell 6340 Lehrkräfte beschäftigt – mit 12,7 Prozent ist nur etwa jeder achte davon ein Mann. Den insgesamt 5536 Lehrerinnen würden so gerade einmal 803 Lehrer gegenüberstehen.

Schule Hamburg: Immer weniger Männer unterrichten

„Den größten Handlungsbedarf gibt es bei den Grundschulen“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). „Aber der Trend ist in allen Lehrämtern sehr klar: Es wollen immer weniger Männer diesen Beruf ergreifen.“ Dies hänge seiner Meinung nach auch mit einem „Rückfall in alte Rollenklischees zusammen“ und der falschen Annahme, dass für Kinder und Familie die Frauen zuständig seien.

Das Projekt „Mehr Männer in Grundschulen“ ist am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) angesiedelt. Die Leiterin der Abteilung „LIB – Arbeitsbereich Sexualerziehung und Gender“, Beate Proll, unterstützte am Montag die Einschätzung des Senators: „Die meisten Schulen in Hamburg sind im Ganztag. Die Vorstellung, dass ich als Lehrer nur zwei Fächer unterrichte und der Erziehungsauftrag ausschließlich Angelegenheit der Eltern und Sorgeberechtigten ist, hat sich verändert. Auch die Erziehungsarbeit und Pädagogik lerne ich inzwischen im Studium.“

Konkret sind drei Maßnahmen geplant

Genau diese erzieherische und pädagogische Arbeit würden sich Männer gerade bei jüngeren Kindern allerdings oft nicht zutrauen. „Da sind wir bei den Geschlechter-Rollenbildern, die wir mit diesem Projekt zu ändern versuchen“, so Proll.

Dafür sind konkret drei Maßnahmen geplant. Pro Schuljahr soll zweimal ein sogenannter „Schülercampus“ stattfinden, bei dem sich Oberstufenschüler in informellen Gesprächen über den Arbeitsalltag von Grundschullehrern und das Lehramtsstudium informieren können. Die Veranstaltungen werden an Wochenenden stattfinden. Der erste Schülercampus ist für den 19. November von 11 bis 17 Uhr in der Bucerius Law School geplant.

Lehrkräfte sollen Erfahrungen austauschen

Außerdem soll es den Schülern ermöglicht werden, Praktika und Hospitationen an Grundschulen zu machen. Dafür möchten das LI und die Zeit-Stiftung eine Kooperationsstruktur zwischen weiterführenden und Grundschulen aufbauen, die idealerweise im selben Stadtteil vernetzt werden können. In den kommenden 14 Tagen sollen die Schulen in Hamburg dafür angeschrieben werden.

Drittens sollen Grundschullehrer untereinander ins Gespräch gebracht werden, um Erfahrungen auszutauschen. Referentinnen und Referenten sollen Impulse zu pädagogischen Themen geben, in Fachgesprächen mit Expertinnen und Experten soll zudem herausgearbeitet werden, wie mehr Männer für das Grundschullehramt zu gewinnen sind.

Beamte starten mit Einstiegsgehalt von 4360 Euro brutto

Auch abseits des Geschlechterverhältnisses ist der Lehrkräftebedarf Thema an Hamburgs Grundschulen: Laut Berechnungen der Schulbehörde werden weitere Grundschullehrkräfte – weibliche wie männliche – auch in den kommenden Jahren dringend benötigt. Im laufenden Jahr 2022 liege die Einstellungsbedarfsprognose an Grundschulen bei 344 Personen, der höchste Wert aller Schulformen. An den Stadtteilschulen müssten 2022 laut Prognose insgesamt 323 Lehrkräfte eingestellt werden, an den Gymnasien 170. Im kommenden Jahr werden an Hamburgs Grundschulen 305 neue Lehrkräfte benötigt sowie 269 an Stadtteilschulen und 149 an Gymnasien.

Um den Job zu bewerben, betonte Senator Rabe am Montag die Höhe des Gehalts für Lehrerinnen und Lehrer. Unverheiratete und kinderlose Grundschullehrkräfte in der Steuerklasse 1 beginnen als Beamte mit einem Einstiegsgehalt von 4360 Euro brutto.

Schule Hamburg: Projekt auf drei Jahre angelegt

Das Projekt „Mehr Männer in Grundschulen“ ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Die Kosten dafür belaufen sich auf 280.000 Euro. Stiftungsvorstand Hartung hofft, dass es danach verlängert und möglicherweise auf andere Bundesländer und Partner ausgeweitet werden kann.

Vorbild ist eine Initiative, die von 2008 bis 2015 bereits mehr Migranten in den Lehrerberuf bringen sollte, und nach Angaben der Zeit-Stiftung in zehn weiteren Bundesländern ähnliche Projekte angestoßen hat.

Interessierte finden mehr Informationen unter maenner-grundschule.de