Hamburg. Beamte der Unterstützungseinheit in Hamburg werden erstmals mit Tasern ausgestattet. Doch das ist nicht ganz ungefährlich.

Die Hamburger Polizei hat erstmals Taser für den Streifendienst angeschafft. Seit Anfang des Monats verfügen die Beamten der Unterstützungseinheit (USE) über die Elektroschockpistole. Die USE wird bei Einsätzen im gesamten Stadtgebiet angefordert, wenn es zu besonders brenzligen Lagen kommt. Durch die Ausrüstung mit dem Taser will die Polizei quasi eine Lücke zwischen dem Einsatz von Schlagstock oder Pfefferspray und der Schusswaffe schließen.

Die nicht tödliche Waffe eignet sich zum Einsatz gegen Personen, die so stark unter der Wirkung von Drogen oder Alkohol stehen oder sich in einem so extremem psychischen Ausnahmezustand befinden, dass sie weitgehend unempfindlich gegen den Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray sind.

Polizei Hamburg: Anforderung des Spezialkommandos dauert manchmal zu lange

Es war ein jahrelanges Gerangel um die Einführung des Tasers „in der Fläche“ bei der Hamburger Polizei. Bislang verfügt lediglich das Spezialeinsatzkommando (SEK) über so eine Elektroschockpistole. „Wir haben aber festgestellt, dass es häufig zu lange dauert, bis das SEK, das erst alarmiert werden muss, vor Ort ist“, so Polizeipräsident Ralf Martin Meyer.

Mit dem Taser bei der USE habe man sich nach seinen Worten „ganz bewusst“ für einen Teameinsatz mit entschieden. „Der einzelne Beamte kann schnell überfordert sein“, so der Polizeipräsident. Denn der erfolgreiche Einsatz des Tasers, der durch Strom Muskellähmungen auslöst, die den Getroffenen „umhauen“, ist nicht sicher. Zwar wurde ein Taser zuletzt Anfang August in Harburg erfolgreich eingesetzt, nachdem ein bewaffneter Mann nach einem Ehestreit Polizisten mit einem Brotmesser bedrohte. Der Taser habe dazu geführt, dass der 50-Jährige „wie ein Baum“ umgefallen sei.

Beim Taser ist ein Teameinsatz entscheidend

An der Hebebrandstraße in Winterhude, wo im Mai vergangenen Jahres ein SEK-Mann einen Taser gegen einen 36-Jährigen einsetzte, der mit einem Messer auf die Polizisten losstürmte, wirkte die Elektroschockwaffe, wie zuvor Pfefferspray, nicht. Der 36-Jährige wurde erschossen.

Das Problem: Es gibt mehrere Umstände, die den Tasereinsatz wirkungslos machen. Dicke Kleidung kann verhindern, dass die beiden Nadeln der abgeschossenen Spitze, über die der Strom in den Körper fließt, die Haut erreicht. Bewegt sich eine Person, ist die Treffsicherheit stark reduziert. „Es gibt also keine Garantie, dass der Taser wirkt“, sagt Meyer. Kommt ein mit einem Messer bewaffneter Täter auf einen Polizisten zu, der den Taser einsetzt, hat der bei einer Fehlfunktion keine Chance einen zweiten Schuss mit der Elektroschockpistole zu setzen. Deswegen sei beispielsweise ein Sicherungsschütze mit Pistole oder Maschinenpistole unerlässlich.

Schon Knattern des überspringenden Stroms macht Eindruck

„Im Fall der USE würde sich ein Täter vier Beamten der Bereitschaftspolizei gegenüber sehen, die ein eingespieltes Team sind und selbst bei einer Fehlfunktion noch genug Alternativen haben, ihr Gegenüber zu stoppen“, so Meyer. Zudem erhofft sich der Polizeipräsident auch eine präventive Wirkung. „Der Einsatz des Tasers wird angekündigt“, so Meyer.

Schon das Knattern des zwischen den Nadeln an der Spitze des Projektils überspringenden Stroms mache einen starken Eindruck. Erfahrungen aus anderen Bundesländern hätten gezeigt, dass dort der eine oder andere Täter in so einer Situation aufgibt.

Taser kann Alternative zu Schusswaffeneinsatz sein

Taser gelten als gute Alternative, um die Lücke zwischen dem Einsatz von Pfefferspray und von Schusswaffen zu schließen.
Taser gelten als gute Alternative, um die Lücke zwischen dem Einsatz von Pfefferspray und von Schusswaffen zu schließen. © picture alliance / SvenSimon | Malte Ossowski/SVEN SIMON

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) begrüßt die Einführung des Tasers bei der USE. „Es ist eine langjährige Forderung von uns, den Taser in die Fläche zu bringen“, sagt der Landesvorsitzende Thomas Jungfer. „Bislang war das an Vorbehalten aus der Politik gescheitert.“ Man sehe die Ausrüstung der USE mit der Elektroschockpistole aber nur als einen ersten Schritt. „Taser können eine Alternative zum Schusswaffeneinsatz sein. Das trifft vor allem bei Einsätzen zu, bei denen sich die Kollegen einer nicht steuerbaren Person gegenüber sehen. Solche Einsätze sind extrem dynamisch und nicht vorhersehbar. Deswegen ist es wichtig, in so einer Situation schnell einen Taser am Einsatzort zu haben“, so Jungfer.

Gewerkschaft: Taser flächendeckend zur Verfügung stellen

Die USE sei zwar schnell verfügbar, weil die Kräfte schon „direkt auf der Straße“ seien und nicht erst ausrücken müssten. „Wir haben aber in ganz Hamburg lediglich zwei Fahrzeuge im Einsatz und das nicht einmal rund um die Uhr, da die Beamten als Angehörige der Bereitschaftspolizei auch andere Aufgaben, beispielsweise bei Demonstrationen oder Fußballeinsätzen, wahrnehmen müssen“, so Jungfer. „Das Ziel muss sein, dass der Taser wirklich flächendeckend zur Verfügung steht.“

Polizei Hamburg: Wie es mit dem Pilotprojekt weitergeht

Laut Polizeipräsident Meyer ist der Einsatz des Tasers bei der USE zunächst als Pilotprojekt angelegt. „Wir werden mindestens zwölf Monate Erfahrungen sammeln“, sagt Meyer. Vielleicht wird die Pilotierungsphase verlängert, weil die Zahl der Tasereinsätze in Hamburg niedrig ist und nach einem Jahr noch nicht genug Erkenntnisse gewonnen wurden. Erst danach werde entschieden, wie es weiter geht. „Ich sehe den Taser als ein Einsatzmittel für ein eingespieltes Team“, so Meyer.

Das wäre, wenn verschiedene Peterwagenbesatzungen bei einem Einsatz zusammentreffen, nicht so gegeben, wie beim SEK oder der USE. „Wir brauchen Leute, die die Möglichkeit haben, den Tasereinsatz intensiv miteinander zu trainieren und auch später im Einsatz als Team agieren“, so Meyer. „Das ist unser Weg.“