Hamburg. Die Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen soll “robust“ auftreten und “normale“ Polizisten unterstützen.

  • Die Polizei Hamburg hat eine neue Spezialeinheit aufgestellt: USE
  • Die sogenannte Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen verstärkt die Bereitschaftspolizei
  • Archivtext: Zur Berichterstattung über den Amoklauf bei den Zeugen Jehovas finden Sie alle aktuellen Informationen auf Abendblatt.de

Sie sollen „robust eingreifen“ können. So kann man kurz das Konzept für die neue Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen, kurz USE, bezeichnen. Zwei Fahrzeuge der Bereitschaftspolizei sind täglich in Hamburg unterwegs, um anzurücken, wenn Kollegen oder Bürger gefährdet werden. Abgeschaut hat sich die Hamburger Polizei das Konzept bei der Wiener Polizei, die in der österreichischen Hauptstadt die Sondereinheit WEGA im Einsatz hat.

„Es kann um Randalierer gehen, eine Schlägerei, einen Einbrecher, der noch in einem Gebäude ist, oder einen angekündigten Amoklauf“, zu dem die USE gerufen wird, sagt Polizeisprecher Thilo Marxsen. Auch bei Terrorlagen soll die Unterstützungsstreife eingreifen, so wie die Wiener WEGA, deren Angehörige 2020 neun Minuten nach den ersten Notrufen zu einem Terroranschlag den Täter erschossen. Bei der Ausbildung bekommt man Unterstützung vom „Vorbild“ WEGA. Aktuell sind Hamburger Beamte in Wien, um dort mit den Angehörigen der Einheit zu trainieren.

Neue Einheit der Polizei fährt täglich durch Hamburg

Im Alltag sind es in Hamburg bislang zwei Busse mit je vier Beamten, die tagsüber durch die Stadt fahren. „Wir verteilen uns so, dass wir möglichst gut jeden Punkt des Stadtgebietes erreichen“, sagt ein Beamter der Truppe. Angefordert wird die USE vom Einsatzleiter vor Ort über die Funkeinsatzzentrale.

Das passiert mittlerweile täglich sechs- bis achtmal. Meistens sind es „Alltäglichkeiten“, wie handfeste Streitereien, bei denen die USE anrückt. „Oft reicht es, wenn die Kollegen aussteigen, um die Lage zu beruhigen“, sagt ein Polizist. Nicht nur die Aufgabe, auch die Erscheinung der Beamten ist „robust“.

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Beamte der USE müssen „gut abgehangen seien“

Genauso „robust“ soll die Mentalität der eingesetzten Beamten sein. „Wir nehmen Kollegen, die gut abgehangen sind“ sagt ein Polizist, womit er meint, dass sie keine Heißsporne sein dürfen, sondern über eine besonnene Professionalität verfügen sollen. Dabei geht es auch um das Auftreten gegenüber den Beamten der Wache. „Die USE soll nicht belehrend und forsch daherkommen, sondern den Kollegen ihre Hilfe anbieten“, so der Polizist. „Nur so finden sie die nötige Akzeptanz.“

Ausgerüstet ist die USE-Streife, um verschiedenste Aufgaben lösen zu können. So ist auf dem Fahrzeug ein ganzer Satz Rammen, um Türen zu öffnen, wenn sich beispielsweise jemand verbarrikadiert.

Ballistische Schutzschilde und Maschinenpistolen

Für den Extremfall, also einen Amoklauf oder einen Terroranschlag, sind die Beamten mit ballistischen Schutzschildern, schützenden Helmen und Maschinenpistolen, sowie der polizeilichen Version des Sturmgewehrs von Haenel ausgerüstet, das das neue Standardgewehr der Bundeswehr werden sollte. Dass Feuerkraft gefragt sein kann, verraten die drei Ersatzmagazine, die die Beamten für den Notfall in der Weste ihrer Antiterror-Ausrüstung haben.

Gestellt werden die Beamten für die USE von der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei, die sich von einer Truppe für Demonstrationslagen zu einer vielfältig einsetzbaren Einheit für kniffeligere Einsätze gemausert hat. Das ist auch eine Folge der Erfahrungen aus den Ausschreitungen rund um den G-20-Gipfel.

So gehört auch das Höheninterventionsteam, das unter anderem für das Räumen von Hausdächern aufgestellt wurde, zur BFE. „Wir haben die USE jetzt einige Monate im Rahmen eines Pilotprojektes im Einsatz und wollen das Konzept weiterführen“, so Marxsen. „Wir haben festgestellt, dass die Kollegen der Wachen die USE sehr schätzen.“

Spezialeinheit bisher nur unter der Woche im Einsatz

Bislang ist die Unterstützungsstreife nur an den Werktagen im Einsatz. Das liegt daran, dass die acht Mann auf den beiden Fahrzeugen aus dem Personalpool der BFE rekrutiert sind. „An den Wochenenden wird die Bereitschaftspolizei und damit auch die BFE für Einsätze in Hamburg oder auch als Unterstützung in anderen Bundesländern gebraucht“, so ein Beamter. „Mit dem Personal lässt sich die zusätzlich Aufgabe deshalb an den Tagen nicht abbilden.“

Auch die Ausrüstung der Unterstützungsstreife ist „BFE-Standard“. „Hier sollte noch einmal nachgebessert werden“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Er hat dabei den Taser im Blick.

Psychisch auffällige Täter in Hamburg

„Wir haben es in Hamburg vermehrt mit Tätern zu tun, die psychisch auffällig sind oder sich in einem psychischen Ausnahmezustand befinden und nicht auf polizeiliche Einsatzmittel wie Pfefferspray reagieren“, sagt Jungfer. Durch die Elektroschockpistole könnte in Extremsituationen gerade gegen solche Personen der Einsatz der Schusswaffe verhindert werden.

Dass so ein Szenario real ist, zeigt sich an dem Wiener Vorbild. Beamte der Einheit WEGA erschossen 2013 einen psychisch kranken Randalierer, der plötzlich ein Messer gezogen und vier Beamte verletzt hatte. „Einen Schusswaffeneinsatz möchte niemand bei der Polizei“, sagt Jungfer. Die Unterstützungsstreife sei eine geeignete Einheit, um die Taser in der Fläche einzusetzen.