Hamburg. 14- bis 17-Jährige fangen seltener mit Konsum von Alkohol, Tabak und Cannabis an. Negative Entwicklung fällt in anderem Bereich auf.
Die Corona-Pandemie hat nicht zu einem befürchteten Anstieg von Suchtmittelkonsum bei Jugendlichen geführt. Zu diesem Ergebnis kommt die achte Schüler- und Lehrkräftebefragung zum Umgang mit Suchtmitteln (kurz: SCHULBUS), die im Auftrag der Stadt Hamburg alle drei Jahre durchgeführt wird. Für die repräsentative Studie zum Umfang und zu Veränderungen beim Konsum von Drogen und anderen Suchtmitteln durch junge Menschen wurden in Hamburg rund 1920 Schülerinnen und Schüler, mehr als 150 Lehrkräfte und etwa 230 Eltern befragt. Parallel wurde die Studie für das Bundesland Bremen durchgeführt. Neben dem Suchtmittelkonsum und der Internetnutzung wurde auch die Zufriedenheit und persönliche Belastungen der Jugendlichen abgefragt.
Suchtmittel-Studie: Erstkontakt mit Rauschmitteln erfolgt später
Bei der Vorstellung der Ergebnisse am Montag durch die Sozialbehörde und die Fachstelle Sucht Hamburg sagte Studienleiter Theo Baumgärtner, die Verbreitung des Rauschmittelkonsums unter 14- bis 17-Jährigen sei erneut eher rückläufig. Dies gelte neben Hamburg auch für Jugendliche in Bremen und auf Bundesebene. Insgesamt steigen den Studienergebnissen nach immer weniger Jugendliche in den Konsum von Alkohol, Tabak und anderen illegalen Drogen ein. Der erste Kontakt erfolge außerdem zu einem späteren Zeitpunkt, also in höherem Alter.
Das durchschnittliche „Erstkonsumalter“ lag in Hamburg im vergangenen Jahr demnach bei 13 Jahren für Alkohol, und 14 Jahren für Tabak, E-Produkte, Cannabis und andere illegale Drogen. Das ist eine positive Entwicklung, denn: Je früher der Einstieg, desto größer die Wahrscheinlichkeit für einen später problematischen Konsum, wie Studienleiter Baumgärtner am Montag sagte. Als Gründe für einen reduzierten Alkoholkonsum während der Pandemie nannte knapp jeder zweite Jugendliche die reduzierten Kontakte mit Gleichaltrigen und den Ausfall von Partys. Kontrolldruck durch die Familie, erschwerte Beschaffung und Geldmangel waren weniger relevante Gründe.
Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) sagte bei der Vorstellung am Montag: „Der Suchtmittelkonsum ist mutmaßlich auch deswegen zurückgegangen, weil es schlicht an Gelegenheiten für Gelegenheitskonsum fehlte. Gut daran ist, dass dadurch weniger junge Menschen überhaupt angefangen haben, Suchtmittel zu konsumieren. Genau hinsehen müssen wir bei jenen, die schon zuvor konsumiert hatten und das in der Corona-Zeit sogar noch ausgeweitet haben.“ Unter den Jugendlichen, die bereits Drogen konsumierten, kam es laut der aktuellen Studie in dieser Zeit teilweise zu einer Intensivierung des bisherigen Gebrauchs.
Die Kontaktbeschränkungen, der ungewöhnlich hohe Unterrichtsausfall und die bis dahin kaum erprobten Ansätze des Online-Unterrichts in den vergangenen Jahren haben laut der Studie zu enormen Belastungen bei den betroffenen Schülerinnen und Schülern geführt. „Unsere untersuchungsbegleitenden Gespräche mit den Jugendlichen haben aber auch gezeigt, dass ein Teil von ihnen die veränderten Bedingungen des Schulalltags als durchaus entlastend empfunden haben“, sagte Studienleiter Theo Baumgärtner. „Die Schülerinnen und Schüler beschreiben nicht selten eine deutliche Reduzierung von Stress, Leistungsdruck, Konkurrenzverhalten und Mobbingerfahrungen, die offensichtlich auch einen Bestandteil ihrer Alltagsrealität darstellen.“
Suchtmittelstudie: Mehr problematische Nutzung von Internet und Computerspielen
Eine negative Entwicklung stellen die Studienautorinnen und -autoren in einem Bereich fest: So habe die „freizeitorientierte Nutzung der verschiedenen Internetangebote“ insgesamt zugenommen. Aktuell weise etwa ein Fünftel der Jugendlichen ein problematisches Nutzungsverhalten im Umgang mit dem Internet auf, Mädchen sind dabei besonders betroffen. Dazu gehört, dass sie beispielsweise Freundschaften vernachlässigen oder länger im Internet unterwegs sind als beabsichtigt. Da der Zugang zum Internet in unserer digitalisierten Welt nicht mehr wegzudenken ist, könne man im Vergleich zur Rauschmittelprävention keine Abstinenz anstreben, sagte Baumgärtner: „Was benötigt wird ist ein souveräner und sinnvoller Umgang – die Jugendlichen brauchen Medienkompetenz.“
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Bei Jugendlichen, die einer Risikogruppe für problematischen Alkohol- oder Cannabiskonsum, regelmäßiges Rauchen oder problematische Computerspiel- und Internetnutzung angehören, gibt es Auffälligkeiten in verschiedenen Bereichen: Zum einen gehen sie in ihrer Freizeit meist weniger sportlichen Aktivitäten sowie kreativen Hobbys nach und lesen weniger. Betroffene Jugendliche fallen durch ein schlechtes Verhältnis zu Familienangehörigen und Lehrkräften auf, haben dazu im Gegensatz aber meist ein besseres Verhältnis zum Freundeskreis oder Partnerinnen und Partnern. In der Schule fallen sie durch mehr unentschuldigte Fehlzeiten und schlechtere Leistungen auf. Jugendliche, die Risikogruppen angehören, sind meist weniger zufrieden mit sich selbst und ihrem Leben insgesamt.
Weitere Informationen: www.sucht-hamburg.de/information/publikationen