Hamburg. Neuer Ehrenbürger: Die Bürgerschaft stimmte dem Antrag mit großer Mehrheit zu. Nur eine Fraktion sorgte für schlechte Stimmung.

Es war exakt 19.22 Uhr, als Udo Lindenberg der 37. Hamburger Ehrenbürger wurde. Die Bürgerschaft stimmte dem Vorschlag des Senats mit sehr großer Mehrheit bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung der AfD-Fraktion zu. Minutenlanger Beifall waren die Folge, fast alle Abgeordneten und auch der komplett vertretene Senat erhoben sich und Lindenberg – mit Hut und Sonnenbrille – winkte beinahe huldvoll mal in diese, mal in jene Richtung. Der „Panik-Rocker“ schien seine Ehrung zu genießen.

Selten war die Bürgerschaft so entspannt und cool. Schon als Lindenberg den Plenarsaal betrat und langsam zu seinem Platz vorne direkt vor dem Rednerpult ging, schlug ihm eine Welle der Sympathie und Begeisterung entgegen. Dann wurde es formal. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) begründete den Antrag des Senats, Lindenberg die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. „Er engagiert sich bis heute entschlossen gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Diskriminierung. Er ist Botschafter für Toleranz, Frieden und Freiheit. Mit anderen Worten: Udo Lindenberg ist Hanseat, nicht von Geburt, aber aus Überzeugung“, sagte Tschentscher über den 76-Jährigen.

Udo Lindenberg prägte „Deutschrock“ als neues Genre

Der Bürgermeister erinnerte an Lindenbergs Auftritte in „Onkel Pös Carnegie Hall“ in den 70er-Jahren und daran, dass er den „Deutschrock“ als neues Genre geprägt hat. Doch das sei nicht alles. „Sein Bemühen um die innerdeutsche Verständigung gehört zur Geschichte der Wiedervereinigung“, sagte Tschentscher und erinnerte an Songs wie „Mädchen aus Ostberlin“ und „Sonderzug nach Pankow“. Lindenberg habe zudem wesentlich zur Entwicklung der Musikstadt Hamburg beigetragen und sich in der Nachwuchsförderung engagiert. Kurzum: „Udo Lindenberg ist eine herausragende Persönlichkeit unserer Stadt.“

Hamburgs  Erster Bürgermeister Peter Tschentscher begründet in der Debatte den Antrag des Senats zur  Verleihung der Ehrenbürgerwürde.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher begründet in der Debatte den Antrag des Senats zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde. © HA | Thorsten Ahlf

Die gute Stimmung trug. „Wir finden es richtig und wichtig, Udo Lindenberg die Ehrenbürgerwürde zu verleihen“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. „Udo Lindenberg gehört zu Hamburg wie Alster, wie Elbe, wie Michel, wie Reeperbahn.“ Lindenberg rahme „unser Handeln für Toleranz und Völkerverständigung“ musikalisch ein, was „das beste ist, was uns passieren kann“, so Kienscherf.

"Du hast ein Stück der Mauer niedergerissen“

„Und sie haben an den Nachwuchs gedacht“, sagte er mit Bezug auf den „Panikpreis“ der Udo Lindenberg Stiftung, einen renommierten Musikpreis für Nachwuchskünstler. Er wolle ihn zudem an sein Versprechen erinnern, dass Hamburg lange mit dem Ehrenbürger Udo Lindenberg leben kann. „Das kriegen wir hin“, so Kienscherf. „Wir freuen uns darauf und nehmen Sie beim Wort.“

Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen räumte zwar ein, vorab nicht sehr viel über Lindenberg gewusst zu haben, war aber nach einem Gespräch mit dem Musiker schon beim Du gelandet. „Du warst schon in den 70er-Jahren der deutsch-deutsche Musiker. Du hast ein Stück der Mauer niedergerissen“, sprach Lorenzen Lindenberg direkt an. „Udo Lindenberg ist der erste Rockmusiker und der erste politische Aktivist, der Ehrenbürger wird. Udo gehört zu Hamburg und hat Großes geleistet“, sagte Lorenzen.

„Hut ab, Respekt und herzliche Gratulation“

CDU-Fraktionschef Dennis Thering betonte, Udo Lindenbergs „ganz eigenen künstlerischen Stil“, der „unverkennbar“ sei. Er habe der deutschsprachigen Rockmusik zweifelsohne zum Durchbruch verholfen. „Udo Lindenberg kommt an, weil seine Musik aktuell ist und weil sie sich einfach echt anfühlt“, sagte Thering. Dabei charakterisiere das Lied „Ich mach mein Ding“ Lindenberg „ganz besonders“. Er sei „Teil der DNA unserer Stadt an Alster und Elbe“ und „ein würdiger Ehrenbürger“. Am Ende seiner Rede holte Thering eine Flasche Eierlikör hervor und überreichte sie Lindenberg mit den Worten „bitte vermalen sie diese nicht“, als Anspielung auf sein bildnerisches Schaffen.

„Hut ab, Respekt und herzliche Gratulation“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. „Udo Lindenberg hat immer politisch klare Kante gezeigt – gegen rechts und gegen Antisemitismus. sich aber nicht von der Politik vereinnahmen lassen.“

Udo Lindenberg wird "nicht Uns Udo werden"

Die ansonsten gelöste Stimmung in der Bürgerschaft kippte, als AfD-Vizefraktionschef Alexander Wolf ans Rednerpult trat. Udo Lindenberg sei „zweifellos ein Künstler mit außergewöhnlichem musikalischem Talent“, aber „ein Ehrenbürger sollte sich um Hamburg in besonderem Maße verdient gemacht haben. Das gilt sicher für das Hotel Atlantic, nicht aber für Hamburg“, so Wolf. „Verglichen mit Uns Uwe wird Udo Lindenberg nicht Uns Udo werden“, sagte er in Bezug auf den kürzlich verstorbenen Ehrenbürger Uwe Seeler. Dieser Seitenhieb wurde von lauten Buhrufen flankiert.

Die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein leitete ihren Redebeitrag anschließend mit den Worten ein: „Hören Sie nicht auf die. Wir freuen uns alle, dass sie hier sind. Sie werden mit Sicherheit der coolste Ehrenbürger dieser Stadt.“ Dass Lindenberg ein etwas anderer Ehrenbürger ist, zeigte sich auch nach der Abstimmung: Zahlreiche Abgeordnete wollten Selfies mit dem Musiker machen, was der geduldig ertrug.