Panikrocker bekommt am Mittwoch im Hamburger Rathaus eine besondere Auszeichnung. Proben mit einem weiteren bekannten Sänger.
- Udo Lindenberg erhält am Mittwoch die Ehrenbürgerwürde
- Festakt im Rathaus – das Abendblatt übertragt live seit 19.30 Uhr
- Udo Lindenberg – dunkle Vergangenheit mit Alkoholexzessen
Er ist Panikrocker, Maler und Schriftsteller – und bald reiht sich in diese Aufzählung auch Ehrenbürger der Stadt Hamburg. Udo Lindenberg soll mit dieser Auszeichnung für sein außerordentliches Engagement für die Hansestadt geehrt werden. Denn dieses mache den 76-Jährigen zu einer herausragenden Persönlichkeit, die mit der höchsten Ehrbezeugung der Stadt gewürdigt werden solle, heißt es von der Hansestadt.
Am Mittwoch, 7. September, wird Lindenberg die Ehrenbürgerwürde während eines Festakts im Rathaus verliehen. Das Abendblatt übertragt den Festakt live seit19.30 Uhr. Zuvor stimmte die Bürgerschaft gegen 18.30 Uhr über den entsprechenden Senatsantrag ab.
Udo Lindenberg wird Ehrenbürger – Proben im Rathaus
Der Hamburger Jugendchor Gospel Train berichtete am Mittwochvormittag auf Facebook von den aufregenden Proben im Rathaus – zusammen mit Udo Lindenberg und Sänger Johannes Oerding. " Es ist toll, mit so großartigen Künstlern proben zu dürfen!", heißt es in dem Gacebook-Beitrag.
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte Udo Lindenberg anlässlich dessen 75. Geburtstags im Mai 2021 als Ehrenbürger vorgeschlagen. Nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen sei als Termin für die Verleihung der Tag der ersten Bürgerschaftssitzung im September festgelegt worden, hieß es.
Udo Lindenberg verhalf deutschsprachiger Rockmusik zum Durchbruch
Geboren wurde Udo Lindenberg am 17. Mai 1946 in Gronau (Nordrhein-Westfalen). Seine Biografie und sein Werk seien eng mit Hamburg und Norddeutschland verbunden, hieß es. Mit markanter Sprache und zeitbezogenen Texten habe Lindenberg der deutschsprachigen Rockmusik zum Durchbruch verholfen und sie über Jahrzehnte erfolgreich gemacht. Sein Bemühen um die innerdeutsche Verständigung gehöre zur Geschichte der Wiedervereinigung.
Seine neue Heimat fand der Panikrocker in Hamburg. Mit Schlapphut und Zigarre steht er auf dem Dach der Hamburger Elbphilharmonie: „Ey willkommen mittendrin, schönen Gruß hier aus dem Hurricane“, singt Udo Lindenberg in dem Video. Der Song „Mittendrin“ ist Udos Botschaft in der Corona-Zeit: „Wir starten wieder durch, das war genug Entbehrung.“ Denn auch die dunkelste Stunde habe schließlich nur 60 Minuten.
Mit dem Stück melde sich der „Panik-Präsident“ zurück, schreibt Lindenberg im Frühjahr 2021 auf seiner Facebook-Seite, „mittendrin im Auge des Orkans, des Hurricanes“, wo der „Udonaut“ relaxe und seine Power nachladen könne.
Lindenberg wächst mit drei Geschwistern auf
Während der Pandemie hat er sich, wie er berichtet, wieder mehr mit seiner Kunst beschäftigt, den mit bunten Likörsorten kolorierten „Likörellen“. Neue Songs hat er aber auch aufgenommen. Diese erscheinen wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag in der großen Werkschau über seine 50-jährige musikalische Karriere. Titel: „Udopium - Das Beste“.
In der westfälischen Kleinstadt Gronau wächst Udo Lindenberg mit drei Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Schon als Kind beginnt er, mit einem ausgeprägten Rhythmusgefühl auf Fässern zu hämmern. Der damals bereits berühmte Jazz-Saxophonist Klaus Doldinger engagiert Lindenberg als Schlagzeuger für seine Formation „Passport“. Der Durchbruch gelingt ihm dann 1973 mit der Platte „Alles klar auf der Andrea Doria“.
2021 gratuliert ihm der Bundespräsident zum 75.: „Hits wie 'Cello', 'Sonderzug nach Pankow' oder 'Hinterm Horizont geht's weiter' haben viele Menschen mehr geprägt als manche Schulstunde“, schreibt Frank-Walter Steinmeier dem Jubilar. Der Wunsch des Bundespräsidenten: „Bleiben Sie, wie Sie sind: ein Rock'n'Roller, den die Sehnsucht nach einer besseren Welt jung und lebendig hält!“
Panikrocker hat dunkle Vergangenheit mit Abstürzen und Alkoholexzessen
Lindenberg hat in seiner Laufbahn jede Menge Höhen, aber auch Abstürze überlebt. Inzwischen hat er seine Alkoholexzesse hinter sich gelassen und ist seit Jahren wieder ganz oben: Sein Comeback-Album „Stark wie zwei“ (2008) und der Nachfolger „Stärker als die Zeit“ (2016) landen ebenso an der Spitze der Albumcharts wie auch seine beiden in Hamburg aufgenommenen „MTV Unplugged“-Livealben von 2011 und 2018.
Mit seinen Konzerten füllt er bis zur Corona-Zwangspause die großen Stadien. Auch im Kino feiert er im Jahr 2020 mit „Lindenberg! Mach dein Ding!“ über die Anfangsjahre des Musikers Erfolge. Inzwischen ist der Film bei diversen kostenpflichtigen Streaming-Diensten zu sehen, im Juli 2022 hebt die ARD ihn ins Free-TV.
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Der „kleine Partytime-bedingte Durchhänger“ von zehn, 20 Jahren sei nötig gewesen, erzählt Udo Lindenberg rückblickend. „Als Sänger musst du ja auch was zu erzählen haben: ohne Drama kein Comeback.“
Lindenberg hat gezeigt, dass auf Deutsch zu singen auch cool sein kann. Musiker einer neuen Generation wie Jan Delay, Max Herre oder Clueso treten mit ihm gemeinsam auf. Lindenberg sei „der Auslöser, das Fundament und der Wegbereiter für eine neue deutsche Songsprache“ gewesen, sagt Johannes Oerding, der mit ihm „Mittendrin“ geschrieben hat.
„Udo-Deutsch“ gehört schon zum Kulturgut
Lindenberg sei zwar nicht der Erste gewesen, der deutschgesungene Texte in die Rockmusik eingeführt habe, sagt der Kurator des Gronauer Rock'n'Popmuseums, Thomas Mania. Andere Bands hätten nicht diesen spielerischen Umgang mit der deutschen Sprache, jenseits philosophischen oder ideologischen Ballasts gehabt. „Lindenbergs Texte dagegen waren geerdet, lebten von ihrer Inspiration durch den Alltag“, sagt Mania.
Anfang der 70er-Jahre habe es an deutschsprachiger Musik „fast nur so Schlagermist“ gegeben, erinnert sich Lindenberg: „Dem musste man was entgegensetzen.“ Seine Redewendungen in „Udo-Deutsch“ gehören schon zum Kulturgut: „keine Panik auf der Titanic“, „alles unter Kontrolle“, „mit dem Sakko nach Monaco“. Für seine Verdienste um die deutsche Sprache erhält er im Jahr 2010 den Jacob-Grimm-Preis.
Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehört auch das Bundesverdienstkreuz, das er 1989 für Verdienste um die Verständigung zwischen Ost und West erhält. Seine Heimatstadt Gronau ernennt ihn zum Ehrenbürger, Fans lassen ihm dort ein Udo-Denkmal errichten. Lindenberg stößt auch die Gründung des Gronauer „Rock’n’Popmuseums“ an. Zu den Exponaten gehört unter anderem der Astronautenanzug, den Lindenberg bei diversen Live-Auftritten nutzte.
Wahl-Hamburger engagiert sich gegen Nazis
Seit Jahren residiert Udo Lindenberg überwiegend im Hamburger Hotel Atlantic. Er selbst strickte in seinem ersten großen Hit Anfang der 70er-Jahre „Hoch im Norden“ noch die Legende, dass er hoch im Norden, hinter den Deichen, geboren sei und nicht in Westfalen.
Lindenberg engagiert sich immer wieder politisch: gegen Nazis, Atomkraft, Rüstung sowie jede Art von Diskriminierung und Spießertum. Corona habe ihm zugeflüstert: „Umdenken ist möglich“, sagt er dem UN-Kinderhilfswerk Unicef. „Stoppt Klimawandel und Kriege, Schluss mit Egomanie und Profitdenken.“ Die Pandemie zeige ja, dass vieles gehe, was vorher undenkbar gewesen sei.
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Er wolle nicht nur den Entertainer geben, sondern sich einmischen, „vor allem für die Schwächsten, die sich am wenigsten wehren können“, sagt er anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Unicef Ehrenpreis Kinderrechte im Jahr 2020.
In Hamburg steht Lindenberg für den Tatort vor der Kamera
2021 steht er in Hamburg beim „Tatort“-Dreh vor der Kamera. In der Folge mit Maria Furtwängler als Kommissarin Charlotte Lindholm sind unter anderen Udo-Lindenberg-Doppelgänger mordverdächtig. Noch im selben Jahr, am zweiten Weihnachtstag, läuft die Folge „Alles kommt zurück“ im Fernsehen, seitdem ist sie in der ARD-Mediathek abrufbar.
Dass es mit 75 Jahren um Udo Lindenberg ruhiger wird, erwartete niemand. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schlug aus Anlass des Geburtstages vor, den Rocksänger zum Hamburger Ehrenbürger zu ernennen. Lindenberg sei einer der „bedeutendsten Musiker unserer Zeit“, sagte Tschentscher. Und er habe seine Popularität genutzt, um klare Botschaften zu senden „für Freiheit und Toleranz, gegen Gewalt und Diskriminierung“.
Eine Auswahl der Hamburger Ehrenbürger
- 2021: Musiker Udo Lindenberg
- 2019: Kinderbuchautorin Kirsten Boie
- 2013: Unternehmer Michael Otto
- 2009: Loki Schmidt (1919–2010)
- 2007: Chef des Hamburg Balletts John Neumeier
- 2005: Mäzene Hannelore und Helmut Greve (1922–2016)
- 2003: Fußballidol und HSV-Legende Uwe Seeler
- 2001: Schriftsteller Siegfried Lenz (1926–2014)
- 1999: Verlegerin und Publizistin Gräfin Marion Dönhoff (1909–2002)
- 1993: Verleger und Publizist Rudolf Augstein (1923–2002)
- 1991: Unternehmer und Stifter Kurt A. Körber (1909–1992)
- 1991: Kaufmann und Stifter Prof. Alfred C. Toepfer (1894–1994)
- 1986: Politiker und Unternehmer Gerd Bucerius (1906–1995)
- 1986: Politiker Herbert Wehner (1906–1990)
- 1985: Schauspielerin und Theaterleiterin Ida Ehre (1900–1989)
- 1983: Altkanzler Helmut Schmidt (1918–2015)