Hamburg. In der neuen Folge von „Vier Flaschen“ ist Markus Schneider zu Gast. Warum der aktuelle Jahrgang kein einfacher war.
Es ist ein fester Termin: Einmal im Jahr, immer im Sommer, treffen sich ein paar der besten deutschen Winzer und viele deutsche Spitzenköche in Hamburg auf der MS „Europa“, um gegenseitig (und natürlich mit Gästen) zu probieren, was es in Flaschen und auf Tellern Neues gibt.
Auf der gastronomischen Seite war Kevin Fehling von The Table genauso dabei wie Thomas Imbusch (100/200), Karlheinz Hauser, Cornelia Poletto und Heinz Wehmann (Landhaus Scherrer), aufseiten der Winzer waren es Anne Dönhoff, Martin Bartsch (Gut Hermannsberg), Jade Martin und Hendrik Thoma (Roc de L’Abbaye), Günther Jauch – und natürlich der populärste deutsche Winzer, Markus Schneider.
Viel Flaschen: Schneider will es ruhiger angehen lassen
Der traf sich an Bord des Schiffes mit Weinkenner Michael Kutej, Rieslingliebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard für unsere Reihe „Vier Flaschen“, um die Weine des Jahrgangs 2021 testen zu lassen – und um über das Jahr 2022 zu sprechen, das für den Mann aus der Pfalz ein besonderes ist.
Denn Schneider, der bisher rund 800.000 bis 900.000 Flaschen Wein pro Saison verkauft hat, beginnt jetzt, seine Anbauflächen in der Pfalz deutlich zu reduzieren, und zwar um fast 25 Prozent. „Ich steuere auf die 50 zu, bin jahrelang mit meinem Team im sechsten Gang unterwegs gewesen“, sagt er, und dass es an der Zeit sei, es ruhiger und bewusster angehen zu lassen, auch, weil man als Weinbauer nicht in Jahren, sondern in Generationen denke.
Weine von Markus Schneider waren oft schnell ausverkauft
Noch ein Grund für den neuen Kurs ist, dass die Weinberge, die Schneider seit gut zwei Jahrzehnten betreibt, inzwischen dort seien, wo er sie immer haben wollte. Die älteren Reben lieferten eine gute Qualität, die Menge der Trauben, die man verwerten kann, werde aber in den nächsten Jahren zurückgehen. Was eine schlechte Nachricht für all die vielen Fans ist, die Schneider nicht nur in Deutschland hat. Denn schon in der Vergangenheit konnte der Mann, der um die Jahrhundertwende sein Geschäft mit „keinem einzigen Kunden“ begann, den Anfragen schon nicht gerecht werden, oft waren seine Weine ausverkauft, bevor sie auf den Markt kamen.
Das ist umso erstaunlicher, wenn man sich daran erinnert, dass Schneider für seinen ersten Rotwein nicht mal ein richtiger Name einfiel. Den hat er tatsächlich schlicht als „Markus Schneider Rotwein“ verkauft – heute heißt die entsprechende Linie Einzelstück.
2021 war kein einfaches Jahr für Winzer
Zum aktuellen Jahrgang, der von Schneider zu bekommen ist und der kein einfacher war. Der Regen und die Feuchtigkeit in 2021 hätten ihm zu schaffen gemacht, so der Winzer, die Erträge seien deutlich geringer ausgefallen als erwartet: „2021 war in dieser Hinsicht aber eine Ausnahme.“ In den Jahren zuvor waren die Probleme der Winzer in Deutschland und anderswo noch Hitze und Trockenheit gewesen.
Sie werden auch 2022 dazu führen, dass Schneider mit seinem Team die Ernte schon auf Anfang September terminiert statt, wie 2021, auf Ende September. Es werde immer schwieriger, den richtigen Zeitpunkt zu finden, an dem die Trauben einerseits ihren vollen Geschmack haben, andererseits aber auch nicht zu viel Alkohol, so der Winzer.
Jahrgang 2021 schmeckt nach Stachelbeere
Zu den vier Flaschen, von denen die ersten drei aus 2021 stammen. Dass Kaitui in Neuseeland, also dem Land, das man bei uns am stärksten mit dem Sauvignon Blanc verbindet, Schneider heißt, wissen die Fans des Pfälzer Winzers längst. Er darf, wie alle anderen deutschen Winzer, die Rebsorte erst seit 2003 anbauen, zuvor war das verboten: „Und ich habe mich strikt daran gehalten.“
Heute ist Schneider froh, dass er den Kaitui Sauvignon Blanc im Angebot hat, „der wird in der Beliebtheit niemals an den Grauburgunder herankommen, aber er holt auf“. Der Jahrgang 2021 schmeckt nach Stachelbeere, Grapefruit und grünem Apfel und erhält von Michael Kutej ein Kompliment: „Er ist ernstzunehmender als seine Vorgänger, hat eine ganz andere Länge.“
Haider favorisiert den Rosè Saigner
Flasche Nummer zwei enthält einen der Lieblingsweine von Markus Schneider aus 2021, einen Chardonnay, der nach Apfel, Honigmelone und Banane schmeckt, aber überhaupt nicht, wie man es eigentlich erwarten würde, nach Holz. „Das ist ein Chardonnay für alle, die normalerweise diese Rebsorte überhaupt nicht mögen“, sagt Lars Haider.
Dessen Favorit unter den heutigen Weinen ist aber der Rosè Saigner, eine Cuvee verschiedener Rebsorten, unter anderen Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah aber auch Blaufränkisch, was natürlich den Österreicher Michael Kutej sehr freut: „Das ist ein Rosé, der nicht nach Himbeer- oder Erdbeersaft riecht, sondern eher nach Rotwein, das mag ich“, sagt er.
Der Ursprung ist Schneiders bekanntester Rotwein
Bleibt Flasche Nummer vier: Der Ursprung, probiert wird Jahrgang 2020, ist neben Blackprint der wahrscheinlich bekannteste Rotwein von Markus Schneider, „ohne ihn wäre ich heute nicht dort, wo ich bin“, sagt der Winzer. Er besteht aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Portugieser, wird überwiegend im Edelstahltank ausgebaut und schmeckt nach Johannisbeere und Kirsche. „Mit dem Ursprung endete die Zeit, in der man in Deutschland glaubte, keine vernünftigen Rotweine im Einstiegsbereich produzieren zu können“, so Kutej.
- Eine Weinverkostung im Atlantic mit großem Publikum
- Name ist Programm: Bei diesen Weinen ist viel Farbe im Spiel
- Hamburger entkorkt 28 Weinflaschen in zwei Minuten
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.