Hamburg. In der neuen Folge von „Vier Flaschen“ ist Volkan Baydar, Sänger der Band Orange Blue. Entsprechend bunt wurden die Weine ausgesucht.
Jedes Mal, wenn der Gast für die neue Ausgabe unserer Reihe „Vier Flaschen“ feststeht, muss sich Weinkenner Michael Kutej überlegen, welche Weine zu ihm passen könnten. Das ist relativ leicht, wenn Kutej und seine Kollegen, Rieslingliebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard, Weine mit einem Winzer oder einer Winzerin trinken – meist probiert sich Kutej dann so lange durch deren Sortiment, bis er etwas passendes für den Test gefunden hat.
Bei Gästen, die erst auf den zweiten Blick etwas mit Wein zu tun haben, wird die Auswahl schon schwieriger. Es sei denn, man hat wie heute Volkan Baydar zu Gast, den Sänger von Orange Blue („She’s got that light“). Dessen Musik, vor allem aber der Titel seiner Gruppe halfen Michael Kutej bei der Suche nach den richtigen Flaschen sehr. Aber lesen Sie selbst…
Blauer Silvaner hat einen leichten Rotstich
Los geht es mit einem alten Bekannten: Horst Sauer, einer der vielleicht penibelsten und ehrgeizigsten Winzer Deutschlands, war bereits selbst bei den „Vier Flaschen“ zu Gast, Lars Haider ist ein großer Fan seiner Scheureben. Diesmal wird der Escherndorfer Fürstenberg Blauer Silvaner trocken aus dem Jahr 2021 probiert – und wir ahnen, warum man mit dem Sänger von Orange Blue keinen Grünen Veltliner probiert. Wobei der Name der Rebsorte in die Irre führt.
Denn der Wein aus blauen Trauben, die beim Reifeprozess des Grünen (!) Silvaner entstehen, hat im Glas einen leichten Rotstich und erinnert damit ein wenig an einen Rosé aus der Provence. Geschmacklich hat er damit wenig zu tun, der Blaue Silvaner ist beinahe so mineralisch wie ein Riesling, er schmeckt nach Aprikose und Zitrusfrüchten, Haider verspürt sogar eine leichte Cremigkeit.
Familie Barruol ist schon seit dem Jahr 1490 an der Rhone aktiv
Die ist aber bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei der zweiten Flasche, Domaine de Saint Cosme Les Deux Albion Blanc, ebenfalls aus dem Jahr 2021, einem Bio-Wein von einem besonderen Weingut aus Frankreich. Die Familie Barruol ist seit 1490 an der Rhone aktiv und auf Weißweine spezialisiert. Der Les Deux Albion Blanc ist eine Mischung verschiedener Trauben, die wichtigste Rebsorte ist Viognier. Haider findet, dass der Wein „fast etwas von einem Chardonnay hat, ich schmecke weniger die Mineralität als eine starken Schmelz, aber ich mag das sehr“. Kutej riecht Rosenwasser und schmeckt danach Popcorn, und glaubt, „dass dieser Wein in fünf Jahren noch besser ist als heute“.
Zur teuersten Flasche der Runde, die mit fast 40 Euro mehr kostet als die anderen drei zusammen. Der Château Le Grand Verdus Macerat 2019 stammt aus dem Bordeaux, also einem Rotwein-Anbaugebiet, und warum Michael Kutej ausgerechnet diesen, eher exotischen Wein ausgesucht für den heutigen Gast hat, ist auch klar. Er zählt zu den sogenannten Orange-Weinen, das sind Weißweine, die wie Rotweine hergestellt werden. Tatsächlich hat er auch eine leichte orange Färbung, und man glaubt, das Tannin herauszuschmecken. „Wenn man die Augen schließt, könnte man denken, einen Rotwein zu trinken“, sagt Baydar. Er probiert zum ersten Mal einen sogenannten Orange-Wein, und Kutej kann nachvollziehen, dass man sich daran erstmal gewöhnen müsse: „Ich habe erst nach 20 verschiedenen Weinen dieser Machart angefangen, sie wirklich zu mögen.“
Ein großer Wein mit kleinem Preis
Bleibt Flasche vier, ein echter Rotwein und ein vermeintlich großer Name mit einem kleinen Preis: Der Tarantinto Barrica „el cacho“ 2019 kostet nicht einmal neun Euro, dabei hat er ein Etikett, das insbesondere dem Filme-Macher und -Enthusiasten Axel Leonhard gut gefällt, wenn auch nicht so gut wie das altehrwürdige Label der Domaine de Saint Cosme. Und was sagt Rotwein-Liebhaber Volkan Baydar?
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Der erzählt die Geschichte eines Mouton Cadet Rothschild aus dem Jahr 1969, den er einst für einen besonderen Anlass gekauft hat, „und der nach dem Öffnen so fürchterlich geschmeckt hat, dass ich sogar einige Schlucke direkt aus der Flasche genommen habe, weil ich mich so darüber geärgert habe“. Was vielleicht ein Fehler war: „Als ich den Wein am nächsten Tag getrunken habe, schmeckte er viel, viel besser, offenbar hatte ihm die Luft sehr gutgetan“, so der Sänger, und dabei heiße es doch immer, dass man alte Rotweine möglichst schnell austrinken und möglichst kurz mit Sauerstoff in Kontakt kommen lassen sollte.
Kutej: 1969 kein besonders guter Jahrgang
Was sagt der Experte? Michael Kutej sagt, dass 1969 erstens kein besonders guter Jahrgang gewesen sei, und dass Baydar mit dem Mouton Cadet die Supermarktvariante von Rothschild erwischt habe – zu einem Preis übrigens, der zehnmal so hoch war wie der des Tarantinto, der nach Sauerkirsche und dunkler Schokolade schmeckt „und ziemlich viel Wein für neun Euro ist“, so Kutej.
Den Wein-Podcast gibt es zum Hören und auf Youtube – und als Kurzversion
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem Youtube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss und die von allen am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.