Hamburg. Bedingungsloser Qualitätsfanatismus von Patron Philipp Berg im Afrikahaus. Hier sind nicht nur die Steaks von erlesener Qualität.

Nicht aus Gründen der landesüblichen politischen Korrektheit, sondern weil es sich über die Jahre allmählich so ergeben hat, essen wir zunehmend weniger Fleisch. Wenn allerdings doch, dann bitteschön ein richtig gutes Stück.

Deshalb kehren wir gern im Estancia Steakhaus im Afrikahaus ein. Gäbe es im Himmel ein Steakhaus, wo sich die – allerdings notwendigerweise etwas betuchteren – Engel wohlfühlen könnten, wäre es mutmaßlich so wie dieses. Denn das Estancia punktet mit erlesenen Fleischqualitäten von einigen der weltbesten Produzenten, aber auch sehr spannenden, in der Regel ebenfalls fleischlastigen Vorspeisen.

Restaurant Hamburg: Kalbsmarkknochen ein Genuss

Vorzüglich ist das handgeschnittene Tatar (80 g, 17,50 Euro), ebenso wie die würzige kleine gegrillte Chorizo Criollo oder die pikante Salsiccia (je 4,50 Euro). Ich allerdings gehe nie ins Estancia, ohne als Vorspeise die großartigen gegrillten Kalbsmarkknochen aus dem Ofen mit Petersiliensalat und geröstetem Brot zu ordern (17,50 Euro): Das Mark behutsam auf dem Röstbrot verstrichen und mit Meersalz und dem Petersiliensalat als frischem Konterpart gemeinsam verzehrt, ist eine besondere Delikatesse.

Bei den Steaks hegen die Eigner eine – von mir vollumfänglich geteilte – Vorliebe für Rib-Eye alias Entrecôte (Filet, ganz ehrlich, braucht eh kein Mensch): Gleich sechs verschiedene Sorten davon werden offeriert. Da uns das australische Wagyu (300 g für 87 Euro) schlicht zu teuer war, haben wir uns neulich für zwei vielfach prämiierte Alternativen entschieden: Dry aged aus Irland versus klassisch gereiftes Gras Fed Beef von Atria aus Finnland (jeweils 300 g für 39 Euro, 500 g für 65 Euro).

Beilagenpolitik von Automobilherstellern abgeschaut

2021 gewann Atria damit die Steakweltmeisterschaft. Final hatte bei vier Essensteilnehmern das finnische Rib-Eye mit 4:0 die Nase vorn: Ungemein würzig und saftig mit ganz großartiger Konsistenz ist das einfach d a s perfekte Steak. Die Beilagenpolitik hat sich das Estancia von den deutschen Automobilherstellern abgeschaut: Alles kostet extra, und nicht zu knapp: Die exzellenten Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln, die ebenfalls guten Pommes (je 5 Euro), die Gemüsebeilagen (je 6,50 Euro), die Saucen wie Béarnaise oder Café de Paris-Butter (je 3 Euro) – durchweg sehr gut und frisch zubereitet, aber „mit allem“ liegt man selbst beim kleinsten Rib-Eye schnell mal über 50 Euro.

Der bedingungslose Qualitätsfanatismus von Patron Philipp Berg setzt sich auch in der kundig edierten Weinkarte fort: Schon der Hausriesling (0,2 l für 8,50 Euro, Flasche 28,90 Euro) stammt aus dem Bremmer Calmont, dem steilsten Weinberg der Welt, und von Familie Franzen, einem der besten Moselerzeuger.

Restaurant Hamburg: Spätburgunder schmeckt faszinierend

Wer wissen will, wie unendlich faszinierend deutscher Spätburgunder (allerdings sehr selten) schmecken kann, findet hier mit dem Freinsheimer Spätburgunder der genialen Brüder Rings (meine deutschen Rotwein-Favoriten) schon einen richtig guten, auch offen ausgeschenkten Vertreter (0,2 l für 11,50 Euro, Flasche 39 Euro), kann sich aber mit dem beglückenden, berückend sinnlichen 2019 Leistadter Kalkofen 1. Lage vom selben Erzeuger (Flasche 79 Euro) in Kombination mit dem finnischen Rib-Eye schnurstracks in den Genießerhimmel begeben.