Hamburg. Zwei Hamburger Kitas haben die Kündigung bekommen, jetzt müssen Alternativen her. Selbst mit dem FC St. Pauli wurde verhandelt.

Renate Rieger gibt sich kämpferisch: „Es muss weitergehen“, sagt die Leiterin der Kita Mucklas an der Kollaustraße in Lokstedt. Es klingt ein wenig nach Zweckoptimismus, denn der Mietvertrag für die Kita, die zur Stiftung Kindergärten Finkenau gehört, läuft Ende des Jahres aus, und alle Bemühungen, eine Ersatzfläche zu finden, sind bislang erfolglos geblieben.„Juristisch ist die Kündigung nicht zu beanstanden“, sagt Konrad Mette vom Vorstand der Stiftung, die an 31 Standorten Kinder betreut.

In der bilingualen Kita an der Kollaustraße werden derzeit 87 Kinder aus 19 Nationalitäten betreut, vorwiegend aus deutsch-russisch-ukrainischen und französischen Familien. „Wir sind deutsch-russischsprachig“, sagt Kita-Leiterin Rieger, in vielen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion werde ja Russisch gesprochen. Wegen der Nähe zum Lycée Français de Hambourg seien auch viele französische Familien bei den Mucklas. Auch etliche Flüchtlingskinder aus der Ukraine haben hier einen Platz gefunden.

Kita Hamburg: Eltern starten Petition

Konrad Mette ist bereits seit einem Jahr aktiv auf der Suche nach einem neuen Standort: „Wir planen einen Neubau für die Kita und suchen dafür schon länger ein geeignetes Grundstück. Leider wurden alle unsere bisherigen Vorschläge für einen Standortwechsel von dem zuständigen Bezirksamt Eimsbüttel abgelehnt“, sagt Konrad Mette. Deshalb würde die Kita vorübergehend auch in Container ziehen, doch auch dafür habe sich bislang keine geeignete Fläche gefunden.

Die Eltern der Kita-Kinder haben inzwischen sogar eine Petition mit dem Namen „Rettet die Mucklas!“ gestartet. Stand Dienstag hatte sie bereits mehr als 1450 Unterschriften. Auch Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) hat der Vorstand inzwischen informiert und um Hilfe gebeten.

Verhandlungen mit dem FC St. Pauli

Sämtliche Grundstücke, die die Stiftung bislang ins Auge gefasst hatte, habe man letztlich verwerfen müssen, sagt Mette. So sei die Wiese bei Tom Tailor in Niendorf eine Option gewesen. Mette hätte dort gern eine Kita samt Seniorenwohnungen und eine Mitarbeiterkantine für das Modeunternehmen gebaut, „aber da kam vor den Sommerferien die Absage“. Und auf einem städtischen Grundstück an der Niendorfer Straße dürfe man nicht bauen und auch keine Container aufstellen – wegen Überflutungsgefahr. Auch mit dem FC St. Pauli habe er verhandelt, sagt Mette: „Die wollen ihr Übungsgelände umgestalten, aber das hätte für uns alles nicht geklappt innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre.“

Vom Bezirk Eimsbüttel heißt es: „Eine Standortanfrage für die Niendorfer Straße ist hier nicht bekannt. Für die Hinschkoppel musste eine Bauvoranfrage abschlägig beschieden werden. Den Bau einer Kita können wir nicht genehmigen, weil der Bebauungsplan eindeutig als Gewerbegebiet festgesetzt ist und das Grundstück in einer Fluglärmschutzzone liegt“, sagte Kay Becker, Sprecher des Bezirks Eimsbüttel auf Anfrage. „Gleichwohl haben uns und die Bezirksversammlung in den letzten Tagen viele Nachrichten von besorgten Eltern erreicht. Als Bezirksamt sind wir vom Träger nun gebeten worden, ihn bei der Suche nach einem neuen Standort zu unterstützen. Dies tun wir auch.“

Container müssen rechtzeitig bestellt werden

Die Stiftung sucht unterdessen händeringend weiter, denn bis Freitag müsste sie die Container bestellen, damit diese rechtzeitig geliefert und aufgestellt werden könnten. Die Eltern hätten kein Problem, wenn ihre Kinder übergangsweise in einen Container-Kita betreut würden, versichert Elternvertreterin Stefanie Daniman, deren fünfjähriger Sohn bei den ­Mucklas untergebracht ist. „Wir haben hier ein fantastisches Kita-Team“, sagt die Ergotherapeutin, die beruflich viel mit Kindergärten zu tun hat.

Jana Lipowitsch, die russische Wurzeln hat, aber in Deutschland aufgewachsen ist, hat ihre drei Jahre alte Tochter bei den Mucklas. „Mein zwei Monate alter Sohn soll später auch hierhin“, sagt die junge Mutter. „Wir wohnen in Eppendorf und hatten auch andere Kitas in Fußnähe, aber wir haben uns für diese Kita entschieden. Das Team und die Kinder auseinanderzureißen und auf andere Kitas aufzuteilen ist definitiv keine Option.“

Auch die Kita St. Simeon sucht neue Räume

Auch die alteingesessene Kita St. Simeon in der Kirchengemeinde St. Simeon Alt-Osdorf sucht dringend neue Räume. Die Einrichtung des Kita-Werks Hamburg-West/Südholstein bekam direkt vor den Sommerferien die Kündigung von der Kirchengemeinde. Ende Juli 2023 muss die Kita ausziehen. Die Begründung seitens der Kirchengemeinde für die Kündigung sei Eigenbedarf, sagte Karin Müller, Geschäftsführerin des Kita-Werks, dem Abendblatt.

Dirk Ahlers, Pastor von St. Simeon, hatte in einem Schreiben an die Eltern und Kita-Mitarbeiter geschrieben, alle Arbeitsfelder seien auf den Prüfstand gestellt. „Nicht nur Geld und Personal sind knapp, auch mit unseren räumlichen Kapazitäten stoßen wir bei unseren Überlegungen für die zukünftige Ausrichtung der Gemeinde an unsere Grenzen. Wir möchten gern die Gemeindearbeit zielgruppen- und generationenübergreifend ausbauen.“

Kita Hamburg: Keine weitere Aufnahme von Kindern

Laut Sabine Kühn, Elternvertreterin der Kita St. Simeon, deren Tochter die Kita besucht, gab es in der vergangenen Woche ein Gespräch mit Ahlers: „Aber da kam nicht wirklich was bei raus. Er hat keine konkreten Pläne benannt.“ Nach Angaben von Karin Müller werden derzeit nur noch 17 Kinder von fünf Beschäftigten betreut, weil nun in Anbetracht der Kündigung keine neuen Kinder mehr aufgenommen worden seien. „Wir wollen die Kita aber so lange wie möglich weiterbetreiben.“

Viel Hoffnung auf ein Verbleiben im Stadtteil hat Müller nicht. Sie sagt in Richtung der betroffenen Eltern: „Wir tun alles, um die Kinder gut unterzubringen.“