Hamburg. Das Problem ist nicht neu: Anwohner klagen über die Zustände auf Grünfläche vor dem Hamburger Wahrzeichen. Wut auch in Eimsbüttel.
Saftig und grün sieht die Michelwiese in diesen Sommertagen ohnehin nicht aus. Aber das trockene Gras ist nicht das Problem, sondern der Müll. Auch Alkoholexzesse sorgen für Unmut unter den Anwohnern. Das ist nicht nur auf der Wiese unterhalb des Michels so. Auch in anderen Stadtteilen klagen Anwohner über Müll, Lärm und Trinker.
Seit 16 Jahren wohnt Josef Gazdik in der Nähe der Michelwiese. In den vergangenen drei Jahren und vor allem in den vergangenen drei Monaten sei die Situation schlimmer geworden. Eklig: Obdachlose verrichten ihre Notdurft auf der Wiese. Sie sorgen nach Angaben Gazdiks auch für Ruhestörungen. „Man kann sich hier im Sommer nicht mehr aufhalten“, sagt der 45-Jährige. Mittlerweile fahre er jeden Morgen mit seinem Hund an die Alster, um dort spazieren zu gehen.
Parks in Hamburg: Stadtreinigung kommt nicht hinterher
Auch die überfüllten Mülleimer seien ein Problem, sagt Simonetta Manos. „Es gibt viele Möwen, Amseln und Raben, die den Müll in den Mülleimern zerpflücken“, so die 57-Jährige. Die Stadtreinigung würde zwar kommen, dies bringe aber nicht viel. Abiturientin Kiara Brands erlebt den Verfall der Michelwiese. „Seit drei bis vier Jahren merke ich, dass sich dort immer mehr Obdachlose aufhalten. Es werden Drogen konsumiert, und ich musste mehrmals einen Krankenwagen rufen, weil Obdachlose bewusstlos auf der Wiese gelegen haben. Manchmal kommt man morgens um 9 Uhr an der Wiese vorbei und sieht dort schon Betrunkene liegen“, sagt die 21-Jährige.
Die Hamburger Stadtreinigung räumt ein: „Der Bereich rund um Landungsbrücken, das Portugiesenviertel und Michel ist durch den Tourismus stärker beeinflusst. Deshalb mag es sich hin und wieder nicht vermeiden lassen, dass mehr Müll zu sehen ist.“ Die Reinigungsfrequenz und die Zahl an Papierkörben sei aber angemessen. Jeder Einzelne trage die Verantwortung für seinen Müll. „Mit der App der Stadtreinigung Hamburg können Verschmutzungen gemeldet werden. Die Verschmutzung entfernen wir dann in der Regel innerhalb von drei Tagen.“
Anwohner melden sich häufig bei Polizei
Die Anwohner am Michel melden sich häufig beim Ordnungsamt und bei der Polizei. Dass Leute zusammen trinken, feiern und grillen, sei im Bereich der Innenstadt typisch. „Auf der Michelwiese passiert nichts anderes als auf anderen Wiesen in der Stadt“, so ein Polizeisprecher. Es seien auch schon mal Platzverweise erteilt worden, aber das löse das Problem nicht auf Dauer. Zudem habe die Polizei kaum Handlungsspielraum, denn „es ist erlaubt, Alkohol zu trinken und obdachlos zu sein“.
Vor allem der Umgang mit Obdachlosen bereitet dem Bezirksamt Mitte Sorgen. „Wildpinkeln bleibt ein Problem. Der Täter müsste auf frischer Tat ertappt werden, um eine Anzeige zu erhalten. Dies ginge aber nur bei sesshaften Personen, da der Schriftverkehr an eine zustellfähige Anschrift zugestellt werden muss“, so Bezirksamtssprecherin Sorina Weiland. „Es ist ein Thema, das wir in den nächsten Ausschüssen angehen wollen“, sagt Kay Dassow, umweltpolitischer Sprecher der SPD Fraktion.
Wut auch in anderen Bezirken
Auch in anderen Bezirken klagen Anwohner über Dreck, Lärm und alkoholisierte Männer. Beispiel Eimsbüttel: Obdachlose übernachten am Kaifu-Ufer in Schlafsäcken auf der Wiese oder unter der Brücke am Isebekkanal. Das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen untersagt das Lagern in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen, aber selten werden solche Camps geräumt. „Hierbei wird mit Augenmaß unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Einzelfall entschieden“, heißt es in der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage.
Was die Anwohner dort stört, sind die Trinker und Saufgelage. „Ich mag meine 14-jährige Tochter dort nicht mehr mit dem Hund langgehen lassen“, sagt eine Anwohnerin. Eine andere, die am Mansteinpark wohnt, kommt im Sommer kaum zum Schlafen. „Bei gutem Wetter wird laut Musik gehört, bis spät in den Abend.“ Oder auch schon mittags.
Alkoholisierte Männer belästigen Passanten
So wie am vergangenen Sonntag, als drei stark alkoholisierte Männer, deren Tätowierungen im Gesicht in Kombination mit dem Alkohol nicht besonders vertrauenswürdig wirkten, laute, teilweise rechtsradikale Musik hörten und Passanten belästigten. Beispiel Kaiser-Friedrich-Ufer Ecke Grindelberg. In der Nähe der U-Bahn-Station Hoheluftbrücke sitzen täglich alkoholisierte Männer, lassen ihren Müll dort liegen.
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„Leider ist in vielen Bereichen unserer Gesellschaft ein Rückgang gegenseitiger Rücksichtnahme zu beobachten. Dies gilt insbesondere für Bereiche, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen und die leider immer wieder verschmutzt werden“, sagt der Sprecher des Bezirksamts Altona Mike Schlink.
Parks in Hamburg: Bezirksamt nur bedingt handlungsfähig
Allerdings sei das Bezirksamt bei ausufernder Parknutzung nur bedingt handlungsfähig. André Trepoll, Sprecher für Bezirke und Verfassung der CDU-Fraktion, fordert stadtweit die Wiedereinführung des bezirklichen Ordnungsdienstes, der für Sauberkeit und Ordnung sorgen könnte: „Nicht all diese Problemlagen können der Polizei aufgedrungen werden. Auch das Thema öffentliche WCs wird von der CDU in den Bezirken immer wieder gefordert.“ Trotz der misslichen Lage möchte Josef Gazdik das Viertel an der Michelwiese nicht verlassen. Er wird weiter mit den Behörden in Kontakt treten.