Hamburg. Einige Mordtaten und Vermisstenfälle beschäftigen die Soko „Cold Cases“ der Polizei Hamburg auch Jahrzehnte später noch.

Die Vergangenheit lässt die Kriminalbeamten nicht los. Auch wenn die Fälle – die Tötungsdelikte und Vermisstensachen – mitunter Jahrzehnte zurück­liegen, landen sie doch wieder auf den Schreibtischen der Dienststelle „Cold Cases“. Die Ermittler suchen seit Oktober 2016 nach neuen Ansätzen, um Schick­sale zu klären und Täter zu ermitteln. Aktuell sind es drei Vermisstensachen und zwei Tötungsdelikte, darunter ein Doppelmord an Kindern, die den Ermittlern von „Cold Cases“ auf den Nägeln brennen.

27. Januar 1999: Es ist einer der spektakulärsten Vermisstenfälle, den die Hamburger Polizei je bearbeitete. Am 27. Januar 1999 verschwand die damals zehn Jahre alte Schülerin Hilal Ercan in Lurup. Die Viertklässlerin hatte sich als Belohnung für ein gutes Zeugnis Süßigkeiten kaufen dürfen. Gegen 13.15 Uhr wurde das Mädchen zuletzt gegenüber der Elbgau­passage von einem Gemüsehändler gesehen. Seitdem ist es spurlos verschwunden. Die Polizei hatte eine Soko „Morgenland“ gebildet, die trotz großen Aufwandes erfolglos ermittelte. Später übernahm „Cold Cases“ den Fall.

Cold Cases: Kinderschänder widerrief im Fall „Hilal“ seine Aussage

Ansätze gab es immer wieder. Vor allem im Zusammenhang mit einem verurteilten Kinderschänder, der einmal zugab, das Mädchen getötet zu haben, der seine Aussage dann aber widerrief. Mehrfach wurde in den vergangenen Jahren außerdem im Volkspark gesucht. In diesem Jahr war die Polizei in einem Waldstück am nördlichen Stadtrand auf der Suche nach der Leiche des kleinen Mädchens. Erfolglos. Für Hinweise, die zur Aufklärung des Vermisstenfalls führen, ist eine Belohnung von 20.000 Euro ausgesetzt.

15. Juni 1981: Ende Juli 1981 wurden im Naturschutzgebiet „Die Reit“ die Leichen des achtjährigen Michael Riesterer und des neunjährigen Haluk Kocal aus Mümmelmannsberg entdeckt. Die beiden Jungen waren bereits zwei Wochen zuvor als vermisst gemeldet worden. Ein Zeuge hatte sie zuletzt am 15. Juni 1981, das war ein Montag, gegen 19.20 Uhr an dem Parkplatz An der Kreisbahn/Unterberg am Rande der Boberger Dünen bei einem vermutlich grünen Fahrzeug zusammen mit einem Mann gesehen.

Am Parkplatz An der Kreisbahn/Unterberg wurden Michael Riesterer (8) und Haluk Kocal (9) 1981 zuletzt lebend gesehen (o.).
Am Parkplatz An der Kreisbahn/Unterberg wurden Michael Riesterer (8) und Haluk Kocal (9) 1981 zuletzt lebend gesehen (o.). © Polizei Hamburg

Die Polizei hatte schon 1982 einen Verdächtigen ermittelt. In seinem Wagen hatten die Beamten Haare gefunden. Sie konnten letztlich aber nicht genau zugeordnet werden. Heute kann man zwar die DNA besser analysieren – allerdings gibt es keine brauchbaren Haare mehr. Sie wurden damals bei mehreren Unter­suchungen verbraucht.

3. Januar 1993: Es waren gleich mehrere Schüsse, die am 3. Januar 1993 durch die Straße Baben de Heid in Rahlstedt peitschten. Kurz darauf wurde der 47 Jahre alte Bernd D. in seinem Carport aufgefunden. Der Mann, der kurz zuvor von einem mehrwöchigen Urlaub zurückgekehrt war, war von mehreren Kugeln getroffen worden. Er verstarb noch am Tatort in Rahlstedt. Die Hamburger Polizei sucht noch heute nach einem wichtigen Zeugen. Es handelt sich um einen Taxifahrer, der zur Tatzeit in dem Bereich Rehwinkel und Baben de Heid zwei Frauen abgesetzt hatte.

18. Februar 1997: Seit dem 18. Februar 1997 ist der Jurastudent Andreas Dünkler verschwunden. Er hatte sich an dem Abend mit zwei Freunden verabredet, um das Zweitligaspiel des FC St. Pauli gegen den VfL Bochum zu besuchen. Das Spiel wurde jedoch kurzfristig abgesagt. Das Trio ging stattdessen in einen Irish Pub in der Altstadt. Gegen 22 Uhr lief Dünkler mit einem Freund zum Hauptbahnhof.

Jurastudent Andreas Dünkler verschwand am 18. Februar 1997 spurlos in Hamburg.
Jurastudent Andreas Dünkler verschwand am 18. Februar 1997 spurlos in Hamburg. © Polizei Hamburg

Dort trennten sich die jungen Männer. Dünkler blieb auf dem Bahnsteig der U-Bahn-Linie 1 zurück. Er wollte dort auf den nächsten Zug warten. Ein Zeuge will damals gesehen haben, wie vermutlich der Vermisste gegen 23 Uhr aus einem Waggon der U 1 an der Station Kellinghusenstraße von zwei Männern aus dem Abteil gebracht wurde. Die Polizei geht mittlerweile davon aus, dass er getötet wurde.

9. April 2015: Seit dem 9. April 2015 wird der damals 79 Jahre alte Paul Hermann Bernhard Schulz aus Poppenbüttel vermisst. Der Mann hatte am Abend zusammen mit seiner Frau ein Theaterstück („Anderthalb Stunden zu spät“) gesehen.

Mysteriöser Fall: Am 9. April 2015  verschwand Paul Schulz spurlos, als er mit dem Fahrrad von Winterhude nach Hause fuhr.
Mysteriöser Fall: Am 9. April 2015 verschwand Paul Schulz spurlos, als er mit dem Fahrrad von Winterhude nach Hause fuhr. © Polizei Hamburg

Von Winterhude aus fuhren beide mit dem Fahrrad zurück. In Hummelsbüttel, auf Höhe der Straßenkreuzung Am Karpfenteich/ Ecke Josthöhe, fuhr der 79-Jährige auf einem schwarz-silbernen Damenfahrrad Silverline von Kettler einen anderen Weg als seine Frau. Er kam nicht zu Hause an. Seitdem fehlt jede Spur von dem Mann. Die Polizei schließt nicht aus, dass der Mann Opfer einer Straftat wurde.

Dass die Dienststelle „Cold Case“ nahezu ausschließlich Tötungsdelikte und Vermisstenfälle bearbeitet, liegt daran, dass Mord nicht verjährt und Totschlagsdelikte in besonders schweren Fällen erst nach 30 Jahren. Nach Vermissten wird bis zur Aufklärung ihres Schicksals gesucht.

Wer Hinweise zu einem der Fälle geben kann, meldet sich bitte unter Telefon 040 428 6-5 67 89 beim Landeskriminalamt Hamburg.