Hamburg. Rassismus, Beleidigungen oder unangebrachtes Verhalten: Worüber sich die Hamburger bei der Polizei beschweren.

1249 Beschwerden über die Hamburger Polizei sind vom 1.März 2021 bis zum 28. Februar 2022 bei der Beschwerdestelle der Hamburger Polizei (BMDA) eingegangen. Am Montag hat hat sie ihren Tätigkeitsbericht für das erste Jahr veröffentlicht.

Polizei Hamburg: Beschwerden per Mail, persönlich oder anonym

Ruppiges Auftreten, unangebrachte Kommentare oder diskriminierendes Verhalten: Jede und jeder, die oder der sich im Kontakt mit der Polizei ungerecht behandelt fühlt, kann bei der BMDA, die sich im März des vergangenen Jahres neu aufgestellt hat, Beschwerde einreichen. Ziel der insgesamt 20 Mitarbeitenden der Dienststelle sei es, Vorwürfen wegen Fehlverhaltens der Polizei "proaktiv und nachhaltig zu begegnen", so heißt es in dem Bericht.

Die große Mehrheit der Beschwerden sei per Mail eingegangen (805 Hinweise), ein kleinerer Teil anonym über ein digitales Hinweisgebersystem (95 Hinweise) und 16 wurden persönlich in der Dienststelle der BMDA in Mönckebergstraße eingereicht.

Zudem wurden 14 interne Hinweise von Mitarbeitenden der Polizei Hamburg eingereicht – ein Anstieg zum Vorjahr, wo lediglich eine interne Beschwerde eingereicht wurde. Aufgrund der neuen Strukturen der Dienststelle seien Mitarbeitende der Polizei ermutigt worden, unangenehmes Verhalten zu melden, so ein Sprecher der Polizei.

Ein Polizeigebäude in Hamburg mit großen Schriftzug Polizei (Symbolbild).
Ein Polizeigebäude in Hamburg mit großen Schriftzug Polizei (Symbolbild). © picture alliance / Fotostand | Fotostand / K. Schmitt

Grund für viele Beschwerden: Corona-Kontext

Bei den 1082 Beschwerden, die in dem genannten Berichtzeitraum abgeschlossen werden konnten, wurden lediglich 7,8 Prozent als berechtigt und 10,7 Prozent als teilberechtigt bewertet. Der Großteil wurde als unberechtigt eingestuft (62,2 Prozent). Laut einem Sprecher der Polizei seien Kriterien für die Bewertung stark abhängig vom Einzelfall: In vielen Fällen spielt die subjektive Wahrnehmung des Polizei-Einsatzes eine große Rolle – in anderen Fällen können aufgrund anonym eingereichter Beschwerden keine Rückfragen gestellt werden.

Der häufigste Beschwerdegrund wird in dem Bericht unter der Kategorie "Einsatzwahrnehmung" eingeordnet. Diese schließt das kommunikative Verhalten der Polizei Hamburg ein, sowie zu lange Wartezeiten und ein empfundener Mangel an Objektivität. Laut einem Sprecher der Polizei seien 37 Beschwerden aufgrund von Rassismus-Vorwürfen eingereicht worden – hiervon wurden jedoch lediglich drei als berechtigt eingestuft.

Zudem seien allein 172 Beschwerden im Kontext der Corona-Pandemie eingegangen. Auch im Rahmen des Verkehrssektors wurde das Verhalten der Polizei kritisiert.

Konsequenzen für die Polizei: Im Ernstfall Umsetzung

Innerhalb kürzester Zeit werden die eingereichten Beschwerden auf mögliche straf- oder disziplinarrechtliche Relevanz geprüft: In maximal 48 Stunden wird versucht, die betroffenen Personen zu kontaktieren und gegebenenfalls Rückfragen zu klären. Handelt es sich um einen Straftatbestand, so wird der Sachverhalt an das zuständige Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) weitergegeben.

Die als berechtigt oder teilberechtigt bewerteten Beschwerden ziehen Konsequenzen für die Polizei Hamburg nach sich: 151 Sensibilisierungs- und Kritikgespräche wurden veranlasst, in welchen die Betroffenen laut einem Polizeisprecher über angemessenes Verhalten aufgeklärt werden. In einem Fall musste sogar eine Umsetzung stattfinden, und in zwei Fällen wurde Dienstunterricht verordnet. In zehn Fällen wurden weitere Ermittlungen angeordnet.

Polizeipräsident Meyer: "Kritik stößt auf offene Ohren"

Der Polizeipräsident Ralf Martin Meyer zeigt sich äußerst zufrieden mit der Arbeit der Beschwerdedienststelle: „Wir haben unseren Umgang mit Beschwerden modernisiert und eine Institution geschaffen, die mit ihrer schnellen Reaktion Maßstäbe setzt und die emotionalen Bedürfnisse mitberücksichtigt," so heißt es in dem Bericht. Das Signal sei klar: "Kritik stößt bei uns auf offene Ohren und wir gehen damit sehr professionell und transparent um.“

Auch Innensenator Andy Grote lobt das Team der Beschwerdestelle, das laut dem Bericht besonders sensibilisiert in den Bereichen Diversität, Rassismus und Radikalisierung sei: "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen mit großer Motivation und Sorgfalt jedem Hinweis nach und sind direkt und persönlich für Anliegen der Hamburgerinnen und Hamburger, aber auch für Hinweise aus den eigenen Reihen ansprechbar."