Hamburg. Christian Lindners Hochzeit auf Sylt wirft Fragen auf: Für wen gibt es eigentlich welche kirchlichen Angebote? Die Antworten.

Die kirchliche Hochzeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit der Journalistin Franca Lehfeldt auf Sylt sorgt weiter für Gesprächsstoff. Nach Ansicht des Politikberaters Erik Flügge hätte die evangelische Kirche für die Trauung der beiden Nicht-Kirchenmitglieder eine Rechnung ausstellen sollen.

Geistliche berichten unterdessen, dass sie jetzt vereinzelt Anfragen von Paaren bekommen, die sich ebenfalls kirchlich trauen lassen wollen – obwohl keiner der beiden Partner einer Kirche angehört. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die „Dienstleistungen“ der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Norddeutschland und des katholischen Erzbistums Hamburg.

Lindner-Hochzeit: Verlangen Kirchen kein Geld für Trauung?

„Kirchliche Amtshandlungen sind kostenlos. Manchmal wird um Spenden oder Kollekten gebeten“, sagt Remmer Koch, Sprecher des evangelischen Kirchenkreises Hamburg-Ost. Doch wirklich umsonst ist das natürlich nicht. „Denn die Kosten werden durch die Gemeinschaft der Kirchensteuerzahlenden getragen. Die Gemeinschaft ermöglicht, trägt und unterstützt die Empfänger der Amtshandlungen, die nicht Mitglied der Kirche sind.“

In der katholischen Kirche gilt ebenfalls: „Weder für die Sakramente wie Taufe oder Trauung noch für die sakramentsähnlichen Zeichenhandlungen (z. B. Aschekreuz am Aschermittwoch, Blasius-Segen) werden im Erzbistum Hamburg Gebühren erhoben“, sagt Manfred Nielen, Sprecher des Erzbistums.

Wer entscheidet in der evangelischen Kirche, ob ein Paar ohne Kirchenmitgliedschaft getraut wird?

„Die Pastorin und der Pastor vor Ort entscheiden in seelsorgerlicher Verantwortung über die Durchführung jeder Amtshandlung“, betont Monika Rulfs, Sprecherin des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein. Allerdings gibt es diese Möglichkeit nicht in allen Kirchengemeinden. Die Nordkirche erlaubt dies nur in sogenannten „Erprobungsräumen“.

Rund sieben Prozent der kirchlichen Hochzeiten werden von Nichtkirchenmitgliedern in Anspruch genommen, geht aus einer Statistik für die beiden großen Hamburger Kirchenkreise hervor.

Gibt es kirchliche Hochzeiten, bei denen lediglich ein Partner Mitglied einer Volkskirche ist?

Das kommt vor. So hat jeder katholisch Getaufte das Recht auf Eheschließung, soweit dem kein Hindernis entgegensteht. Bei konfessionsverschiedenen Paaren oder nach dem Austritt aus der katholischen Kirche bedarf es gegebenenfalls einer besonderen Erlaubnis oder auch einer Dispens (Freistellung) von einem sogenannten Ehehindernis, etwa bei religionsverschiedenen Paaren.

Der Anteil der konfessions- und religionsverschiedenen Eheschließungen wird im Erzbistum nicht statistisch erfasst. Laut Statistik für die beiden evangelischen Kirchenkreise in Hamburg gehört bei rund 52 Prozent der Trauungen ein Partner einer Kirche an. Bei 42 Prozent der kirchlichen Hochzeiten sind beide Mitglieder einer Kirche.

Können auch Menschen kirchlich bestattet werden, ohne dass diese zum Zeitpunkt ihres Todes einer Kirche angehörten?

In der katholischen Kirche ist das nicht möglich. Bistumssprecher Manfred Nielen: „Das Recht auf ein katholisches Begräbnis haben alle katholisch Getauften und Katechumenen. War jemand zum Zeitpunkt seines Todes aus der katholischen Kirche ausgetreten, hat er das Recht auf ein katholisches Begräbnis verloren.“ Die evangelische Kirche handelt dagegen im Einzelfall flexibler. „Eine Bestattung ohne Mitgliedschaft liegt im Ermessen der Pastorin oder des Pastors“, heißt es bei den beiden Hamburger Kirchenkreisen.

Welche Angebote der Kirchen sind kostenfrei und unabhängig einer Mitgliedschaft nutzbar?

Alle Angebote der evangelisch-lutherischen Kirche sind unabhängig von einer Mitgliedschaft nutzbar. So steht der Besuch einer evangelischen Kita auch Mitgliedern anderer Konfessionen oder Religionen offen. Denn die Kita-Finanzierung ist Sache der Staates. Sozial-diakonische Beratungsstellen helfen unabhängig von der Kirchenmitgliedschaft und kostenfrei – etwa die Suchtberatung, Insolvenzberatung, Erziehungsberatung, Flüchtlingsberatung, die Frühförderung, Müttergenesung, Familienbildung, Stadtteildiakonie, Obdachlosenarbeit und viele andere mehr. Ebenso stehen in der Regel die Chöre von Kirchengemeinden allen offen.

„Ich bin froh und dankbar, dass nach wie vor so viele Menschen durch ihre Kirchenmitgliedschaft diese Angebote ermöglichen. So leisten wir gemeinschaftlich einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag für alle und leben das Solidarprinzip“, sagt Hauptpastorin und Pröpstin Ulrike Murmann. Selbstverständlich sind auch in der katholischen Kirche die Angebote kostenfrei. „Insbesondere Beratungsangebote sind ausdrücklich unabhängig einer Mitgliedschaft nutzbar. Eventuell wird um eine Spende gebeten, beispielsweise in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung“, sagt Manfred Nielen vom Erzbistum.