Hamburg/Lanzarote. Triebwerkfehler beim Start, Flammen schlagen aus der Turbine: So erlebten Hamburger die Notlandung der Condor-Boeing auf Lanzarote.
Kevin Wienrich war das traumatische Reiseerlebnis noch immer anzumerken, als er am späten Mittwochabend gegen 21 Uhr als einer der letzten Passagiere des Condor-Flugs DE1439 durch den Ankunftsbereich am Flughafen Hamburg ging. Einen Tag zuvor war er unfreiwilliger Zeuge einer Notlandung auf Lanzarote geworden, weil eines der Triebwerke bei der geplanten Rückreise in die Hansestadt ausfiel und Feuer fing.
„Manche Passagiere sahen, wie Flammen aus der Turbine herauskamen. Es war sehr laut. Ich hatte Todesangst und dachte, wir stürzen ab“, berichtet Wienrich gegenüber dem Abendblatt über die dramatischen Szenen, die er 24 Stunden zuvor im Flieger erlebt hatte.
Notlandung auf Lanzarote: Hamburger lobt Leistung des Piloten
Die Aufnahmen einer Webcam am Flughafen Arrecife zeigen, wie der Jet abhebt – wenige Sekunden später hört man laute Knallgeräusche.
Die Piloten hätten entschieden, zum Flughafen Lanzarote zurückzukehren, um das Triebwerk technisch überprüfen zu lassen, teilte eine Airline-Sprecherin auf Anfrage des Abendblatts mit. „Dabei handelt es sich um ein gängiges Manöver, bei dem auch in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die 266 Gäste und die acht Crewmitglieder bestand“, so die Sprecherin. Die Maschine sei nach nur 20 Minuten sicher um 17.40 Uhr in Lanzarote gelandet und werde dort nun technisch überprüft.
„Der Pilot hat einen top Job gemacht, er hat sehr beruhigend auf uns gewirkt“, sagt Wienrich stellvertretend für die meisten Augenzeugen. „Als wir gelandet waren, war ich sehr, sehr glücklich. Auch wenn ich immer noch am ganzen Körper zitterte und schweißnasse Hände hatte.“
Condor-Chaos nach Notlandung auf Lanzarote
Doch danach, auch das versicherten mehrere Betroffene dem Abendblatt, begann für viele das Chaos erst so richtig. Denn die 266 Passagiere wurden in mehrere Gruppen aufgeteilt und für eine Nacht in umliegenden Hotels untergebracht. Nicht jeder Reisende fühlte sich dabei gut versorgt. „Es fing schon am Flughafen an. Dort war nur eine Sprecherin, die sehr schlechtes Englisch sprach. Wir verstanden nur wenig und warteten drei bis vier Stunden. Es war ein großes Hin und Her“, klagt Wienrich. „Wir sind gegen 21 Uhr ins Hotel gekommen und haben erst um 22.30 Uhr etwas gegessen.“
Ein weiterer Betroffener schildert ähnliche Erfahrungen. „Es ist das erste Mal, dass ich in über 30 Jahren so ein Problem mit Condor erlebt habe. Man hat uns am Flughafen regelrecht stehen gelassen. Es dauerte sehr lange, bis wir Informationen bekamen“, sagt Michael Weiß. „Einige haben sich in der Empfangshalle auf Lanzarote übergeben“, ergänzt seine Partnerin Barbara Thormählen, die zudem berichtet, dass andere, glücklichere Urlauber ohne lange Wartezeit in Luxushotels unterkamen.
Am nächsten Tag empfand Wienrich ein mulmiges Gefühl, als er sich erneut in ein Flugzeug setzte, um endlich nach Hamburg zurückzukehren. „Ich hatte direkt beim Start Herzklopfen. Als wir oben in der Luft waren, war dann aber alles okay.“ Trotz seiner Erfahrungen, auf die er gerne verzichtet hätte, will er auch beim nächsten Mal in den Urlaub fliegen – auch wieder mit Condor.
Notlandung statt Heimflug: Zweiter Vorfall mit Condor-Boeing
Erst Anfang des Jahres waren 209 Condor-Passagiere mit dem Schrecken davongekommen: Auch sie starteten mit einem Condor-Jet vom Flughafen Arecife auf Lanzarote – auch sie mussten kurz nach dem Start notlanden, weil ein Triebwerk versagte. Sowohl bei der Notlandung im Januar als auch bei dem Vorfall am Dienstag handelte es sich laut der Condor-Sprecherin um eine Boeing 757, es sei aber nicht dieselbe Maschine, betonte sie.
Nach dem Vorfall im Januar hatte der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt im Gespräch mit dem Abendblatt erklärt, dass Piloten auf genau solche Vorfälle vorbereitet sind und auch mit nur noch einem Triebwerk landen können: "Das ist ihr Job, das müssen sie können."