Hamburg. Flammen schlugen aus dem Triebwerk. Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt über die Probleme der Condor-Maschine.

Heinrich Großbongardt gilt als einer der führenden Luftfahrtexperten hierzulande. Wolfgang Horch sprach mit ihm über die Notlandung der Condor-Maschine auf Fuerteventura.

Herr Großbongardt, wie gefährlich ist es, wenn Flammen aus dem Triebwerk schlagen?

Heinrich Großbongardt Gar nicht. Die Flammen schlagen hinten raus, an dem Flugzeug kann durch den starken Luftstrom in der Höhe nichts in Brand geraten. Sie sind einfach ein Zeichen dafür, dass im Motor etwas nicht stimmt.

Was kann die Ursache dafür sein?

Darüber lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren. Ein Vogelschlag wäre theoretisch möglich, allerdings gibt es dafür in diesem Fall keine Anzeichen. Wahrscheinlich war es ein Fehler im Motor. Solche Triebwerksausfälle sind generell harmlos – auch wenn sie für die Passagiere beunruhigend sein mögen und sie sich alles andere als wohlfühlen in so einer Situation. Die Triebwerksverkleidungen werden so konstruiert, dass nach menschlichem Ermessen keine Teile rausgeschleudert werden können.

Das ist aber schon passiert. Bei einem A380 der australischen Fluglinie Qantas schlugen Trümmerteile in Rumpf und Flügel ein.

Bei dem A380 sind damals wichtige Systeme zerfetzt worden. Das war eine sehr schwierige Situation und hätte böse enden können. Aber letztlich ist der Qantas-A380 sicher gelandet. Der Condor-Flieger aber war von einer Katastrophe Lichtjahre entfernt. Flugzeuge sind auch so konstruiert und die Größe der Triebwerke ist so bemessen, dass ein Flugzeug nach dem Ausfall eines Motors den Steigflug fortsetzen kann – wie man es bei der Condor-Maschine sah – und wieder auf einem Flughafen landen kann.

Wie häufig üben Piloten solche Situationen?

Das gehört zu den Standardszenarien, die Piloten bei ihren regelmäßigen Simulatorprüfungen üben. Sie müssen zeigen, dass sie das Szenario beherrschen. Mindestens zweimal im Jahr stehen solche Simulatorstunden an, damit Piloten ihre Lizenz erhalten und sie in solchen Fällen sofort wissen, was zu tun ist. Früher gehörten solche Ereignisse übrigens fast zum Pilotenalltag. Aber durch stetige Verbesserungen bei der Sicherheit kommen sie heute nur noch selten vor.

Wie häufig kommen solche Notfälle vor?

Es gibt eine einstellige Zahl solcher Situationen bezogen auf 100.000 Flüge.

Wie schwierig ist es, eine Maschine mit nur einem Triebwerk zu landen?

Wenn nicht sehr schwierige Wetterverhältnisse wie starker Wind herrschen, ist es für Piloten Routine, das Flugzeug mit einem Triebwerk zu starten und zu landen. Das ist ihr Job, das müssen sie können. Wichtig ist in solchen Fällen die Kommunikation mit den Passagieren, damit keine Panik aufkommt. Das scheint gut geklappt zu haben.

In welche Kategorie der Vorkommnisse in der Luft wird das Ereignis eingestuft?

Das läuft unter leichtem technischen Zwischenfall. Dennoch wird natürlich genau geschaut: Warum ist das passiert? Hat ein Bauteil im Triebwerk versagt, das man verbessern muss? Oder gab es einen Fehler in der Instandsetzung? Es wird nach der Ursache gesucht, mit dem Ziel, diese zu beheben – gegebenenfalls auch bei anderen Maschinen der Bauart.