Hamburg. Fast drei Millionen Quadratmeter haben Hamburgs Schulgebäude: eine Menge Sparpotenzial. Welche Vorschläge die Schulbehörde prüft.

Deutschland droht angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine eine Energiekrise. Die Kommunen überlegen, wie sie insbesondere im kommenden Herbst und Winter Energie einsparen können. Und das betrifft auch die Hamburger Schulen, denn hier gibt es beim vermutlich größten Immobilien­betreiber der Stadt mit 2,9 Millionen Quadratmetern Schulgebäude Sparpotenzial.

Erste Vorschläge für Einsparungen gibt es bereits, auch wenn Schulsenator Ties Rabe klargestellt hat, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler trotz möglicher Energieeinsparungen im Herbst und Winter nicht in ihren Klassenräumen frieren sollen. „In der Tat machen wir uns über die Energieversorgung schon Sorgen“, sagte der SPD-Politiker.

Schule Hamburg: Temperatur jetzt schon bei nur 20 Grad

„Wir müssen aber fairerweise sagen, dass wir bereits in der Vergangenheit auch wegen des Klimawandels in den Schulen jetzt keine besonderen Wärmebäder veranstaltet haben, ganz im Gegenteil.“ Die Temperaturen in den Klassenräumen seien auf etwa 20 Grad Celsius justiert. „Und es gab ja auch durchaus Kritik, dass wegen der coronabedingten Lüftungsregeln die Temperatur auf 18 Grad oder kälter fallen würde“, sagte er. „Da ist nicht mehr viel Spielraum, denn zum Lernen gehört natürlich auch dazu, dass man sich wohlfühlt und dort nicht im Schneeanzug mit Kapuze und Handschuhen in der ersten Klasse sitzt“, sagte Rabe.

Klar ist: Auch die Schulen werden sich „daran beteiligen, die Energieverbräuche zu senken – so, wie es auch die Bevölkerung und die Unternehmen tun“, sagte der Sprecher der Behörde, Peter Albrecht, auf Anfrage. „Wir prüfen die technischen Möglichkeiten zur Energiereduzierung in den Schulgebäuden der 375 Hamburger staatlichen Schulen und werden rechtzeitig vor der kommenden Heizperiode detailliertere Angaben machen können.“

Energiekrise: Temperatur in Hamburgs Turnhallen schon unter Empfehlung

Derzeit seien Schulbau Hamburg (SBH) und Gebäudemanagement Hamburg (GMH) dabei, Maßnahmen, wie sie zum Beispiel der Deutsche Städtetag empfiehlt, für einen Einsatz in den Schulen zu prüfen und mit den Partnern – der Schulbehörde und den Sportvereinen – zu klären. Zu den Einsparmöglichkeiten, die der Städtetag nennt, gehört die Abschaltung von mobilen Luftreinigungsgeräten in gut belüftbaren Räumen, was in diesem Segment 25 Prozent weniger Energieverbrauch bedeuten würde.

Ins Spiel bringt der Städtetag auch, die Raumtemperatur in Sport- und Turnhallen mit Beginn der Heizperiode abzusenken, auf 15 Grad. Im Hamburger Schulsport herrschen ohnehin nur 14 Grad, manche Sportvereine benötigen aber mehr, deshalb ist es möglich, die Temperatur auf 17 Grad hochzuregeln. Auf die Anforderungen von Sportverbänden sei aber zu achten.

Corona-Politik widerspricht Energiesparpolitik

Auch in Fluren und Treppenhäusern könnte die Temperatur abgesenkt werden. Der Städtetag bringt zudem eine allgemeine Absenkung der Raumtemperaturen in Schulen (ebenso wie in Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Einrichtungen) ins Spiel. Dies stehe aber lüftungsbedingt – ebenso wie die Abschaltung der Luftfilteranlagen – unter dem Vorhalt des Fortgangs der Pandemie. Grundsätzlich ist dies die Crux: Weniger heizen, aber mehr lüften, das dürfte in Herbst und Winter schwierig werden. Und die Luftreinigungsgeräte, die wir für die Schulen angeschafft haben, sind extreme Energiefresser. Da stoßen Energiesparpolitik und Corona-Politik hart aufeinander.

In Hamburg verfügt ein Großteil der rund 370 Schulstandorte über eine Gasversorgung, heißt es aus der Behörde. Zwar würden rund 160 der Schulstand­orte primär über Fernwärme versorgt, jedoch gebe es auch hier in der Regel einen Gasanschluss, um zum Beispiel Fachräume oder auch einzelne Gebäude wie Sporthallen zu versorgen. Insgesamt wurden 2021 rund 249 Millionen Kilowattstunden (kWh) Gas und rund 115 Millionen kWh Fernwärme verbraucht.

Extrapersonal für Schulen im Gespräch

Aus der Opposition kommen konkrete Vorschläge, wie Hamburgs Schulen Energie einsparen könnten: „Wenn ad hoc Energie eingespart werden muss, sollten die Raumbelegungspläne in den Schulen jeweils täglich überprüft werden, um zielgerichtet in den zeitweise nicht genutzten Räumen die Temperatur herunterzudrehen“, sagt die Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus. „In allen Räumen stets stark zu heizen, aber gleichzeitig wegen Corona viel zu lüften, ist nicht sinnvoll.“ Die Belegungspläne täglich abzugleichen könne aber nicht dem Hausmeister überlassen bleiben, dafür benötigen die Schulen Extrapersonal. Auf die Frage, was sie tun würde, wenn sie Schulsenatorin wäre, sagt Sabine Boeddinghaus: „Ich würde eine Expertengruppe einberufen, die sich Gedanken über Einsparprogramme für alle Schulen macht.“

Birgit Stöver, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, fordert als wichtigen Beitrag zum Energiesparen an Hamburgs Schulen, die Heizungen bis zum Ende der Sommerferien zu warten und sie optimal einzustellen. Schulen sollten einen Energiemanager beauftragen, der mit einem Team dafür sorgt, Türen geschlossen zu halten, Licht auszuschalten, wo es nicht gebraucht wird, und Ähnliches. Stöver plädiert zudem für technische Maßnahmen wie den Einbau von Zeitschaltuhren.

Ideen von Schülern einbeziehen

Auch Schulwettbewerbe könnten hilfreich sein, bei denen die besten Ideen von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften zum Energiesparen in der Schule prämiert würden. Zum energieeffizienten Schulbau gehörten auch Lüftungsanlagen, die nicht nur vor Coronaviren schützten. Wichtig sei es schließlich, das Thema Energiesparen auch in die Lehrerfortbildung einzubeziehen.

„Klimaschutz und Energiesparen werden nicht nur durch eine angekündigte Gasknappheit im nächsten Winter wichtig, sondern sollten in Schulen generell Thema sein. Den Schulen kommt hierbei eine wichtige Funktion zu, das Thema spielerisch und altersgerecht im Unterricht zu vermittelt – das kann nämlich sogar Spaß machen“, sagte die CDU-Politikerin und verwies auf das Hamburger Erfolgsmodell „fifty/fifty“, welches der rot-grüne Senat 2019 in seiner ursprünglichen Form und gegen den Widerstand der CDU-Fraktion eingestellt habe.

Technische Fachkräfte nötig

Um die Energie- und Klimawende zu stemmen, bedürfe es zudem technischer Fachkräfte. Die Grundlage hierfür werde an den Schulen gelegt, daher müsse das Thema im Rahmen der Berufsorientierung an Hamburgs Schulen eine größere Rolle spielen. Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrkräfte müssten frühzeitig für das Thema begeistert werden. Eines stellte Birgit Stöver klar: „Ein verordnetes Frieren im nächsten Winter lehne ich ab.“

Seit vielen Jahren bemüht sich die Hansestadt, die Schulen klimafreundlicher zu gestalten und Energie einzusparen. Einen wichtigen Beitrag leisten die Investitionen, mit denen Hamburg sukzessive neue Schulen nach deutlich energiesparenderen Standards errichtet und Bestandsgebäude entsprechend saniert. Sämtliche Schulneubauten werden im Effizienz­gebäude-40-Standard errichtet, dazu gehört neben einer entsprechenden Dämmung auch zum Beispiel der Einsatz von Fotovoltaikanlagen, Wärmepumpen oder Fernwärme.

Schule Hamburg: Was die Stadt bei der energetischen Sanierung plant

Sanierungen werden im Portfoliodurchschnitt auf Effizienzgebäude-70-Niveau durchgeführt. Im Schnitt wendet die Stadt hier rund 400 Millionen Euro pro Jahr auf. Dazu werden Schulgebäude nach und nach mit Solardächern ausgestattet, die den erneuerbaren Strom direkt vom Dach in die Klassenzimmer liefern sollen. Nach den Erfolgen zweier Projekte in Horn und Farmsen-Berne seien 30 weitere Anlagen bis Ende 2023 geplant, erklärten Umweltbehörde, Schulbau Hamburg und Hamburg Energie Solar kürzlich. Die CDU monierte, Hamburg könnte in diesem Bereich viel weiter sein, was der Senat auch vor dem Hintergrund der heraufziehenden Energiekrise einräumte.

Darüber hinaus werden Schulen mit hohem Verbrauch zu geeigneten Maßnahmen für die Betriebsoptimierung beraten und Hausmeister in Sachen Stromeinsparen, Heizungsregelung und Lüften geschult. Zudem läuft ein Projekt zur Gebäudeautomatisierung, um zum Beispiel Heizungsanlagen zentral steuern und im Verbrauch optimieren zu können.

Das Klimaschutzprogramm „50:50“ wurde durch das Programm „Energie hoch 4“ ersetzt, das mit einem Prämienmodell zur Sensibilisierung der gesamten Schulgemeinschaft beitragen soll. Von 2016 auf 2020 wurden, bezogen auf die Mietfläche, 20,7 Prozent und bezogen auf die Nettoraumfläche 21,7 Prozent eingespart, allerdings gab es 2020 coronabedingte Schulschließungen. Wenn man 2019 als Vergleichsmaßstab nimmt, beträgt die Einsparung 8,6 Prozent.