Hamburg. Diebstähle überschatten die Teileröffnung des denkmalgeschützten Gebäudes in der Talstraße. Welche kuriosen Dinge gestohlen wurden.

Es sollte eine fröhliche, unbeschwerte Feier im denkmalgeschützten Gebäude der Heilsarmee werden. Nach Sanierungsarbeiten in der Talstraße 11–13 auf St. Pauli waren zur Teileröffnung Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) und Oberst Hervé Cachelin, Territorialleiter der Heilsarmee in Deutschland, Litauen und Polen, geladen.

Doch in der Nacht zuvor kamen die Diebe. Heilsarmee-Kapitänin Mareike Walz und Leutnantin Anne Beinker hielten während der Renovierungsarbeiten die Stellung auf St. Pauli und schildern, was sie erlebt haben: „Wir hatten in einer Woche sieben Einbrüche! Dabei wurden unter anderem Lebensmittel, ein Beamer, Decken, Kissen, Putzmittel und der Rost aus dem Kühlschrank gestohlen. Sogar der Einkaufswagen von Penny ist weg.“ Die beiden Frauen stehen im frisch sanierten Andachtsraum des 1890 erbauten Gebäudes und sind noch immer entsetzt: „Es war eine zermürbende Woche.“

Polizei Hamburg: Jetzt ermittelt der Staatsschutz

Nach Abendblatt-Informationen ermittelt inzwischen die Staatsschutzabteilung (LKA 7), weil ein einschlägiger Schriftzug an der Fensterfront aufgebracht worden war. „Bei der Polizei Hamburg wird ein Verfahren wegen des Verdachts des Einbruchdiebstahls bei der Heilsarmee in der Talstraße geführt“, sagte eine Polizeisprecherin. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen verschafften der oder die Täter sich vermutlich durch eine unverschlossene Nebeneingangstür Zutritt zu den Räumlichkeiten, in denen zu dieser Zeit Baumaßnahmen stattfanden.

Darüber hinaus liegt ein Ermittlungsverfahren wegen des besonders schweren Falls des Diebstahls auf der Baustelle in der Talstraße 11 vor. Geschädigt sei hier eine Firma, deren Werkzeugkoffer über das Wochenende vom 17. Juni bis zum 20. Juni von der Baustelle gestohlen wurde. In diesem Fall seien drei Baustellentüren aufgehebelt worden, um die Räumlichkeiten zu betreten. Die Ermittlungen in diesem Fall werden beim zuständigen Landeskriminalamt 112 geführt und dauern ebenfalls noch an.

Auch die Tafel ist am Standort untergebracht

Trotz der Einbrüche und der noch bis September dauernden Gebäudesanierung nimmt die Heilsarmee die ersten Arbeitsbereiche wieder auf. Neu ist die Kleiderkammer im Untergeschoss. In Platz sparenden Apothekerschränken finden die Gäste kostenlos saisonale Bekleidung, Schuhe, Handtücher und Bettwäsche. Daneben befindet sich der Sanitärtrakt. Dort kann ab sofort eine behindertengerechte Dusche genutzt werden.

Hier in der Talstraße auf St. Pauli residiert die Heilsarmee.
Hier in der Talstraße auf St. Pauli residiert die Heilsarmee. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Ein weiterer Arbeitszweig ist die Tafel, die frische Lebensmittel verteilt. „In den vergangenen Monaten waren wir damit in der Schmuckstraße mobil unterwegs“, sagt Leutnantin Anne Beinker. „Nun bekommt die Tafel einen festen Standort im Untergeschoss unseres Gebäudes.“ Die Lebensmittel werden von der Hamburger Tafel zur Verfügung gestellt.

Im Café ist jeder willkommen

Wie die Mitarbeiter an allen Tafel-Ausgabestellen berichtet auch die Heilsarmee von einer stark steigenden Nachfrage. Die Inflation infolge des Ukrainekrieges hat die sozialen Probleme noch einmal verschärft. Weil der Andrang so groß ist, haben die meisten Ausgabestellen einen Aufnahmestopp verhängt. Lebensmittel können dort nur noch an diejenigen ausgegeben werden, die bereits bei der Tafel regis­triert sind. Diesem Beispiel folgt jetzt auch die Heilsarmee auf St. Pauli.

Kurz vor der Eröffnung steht ebenfalls das frisch sanierte Café Heimathafen der Heilsarmee, der größte Raum in der ehemaligen „Herberge zur Heimat“. Von Dienstag bis Freitag ist jeder hier willkommen, der Gespräche führen oder einen Kaffee genießen will. „Selbstverständlich bieten wir auch eine gute Suppe und kleine Gerichte an“, sagen die beiden Heilsarmee-Offizierinnen.

Auch Gottesdienste sollen wieder stattfinden

Von September an sollen in dem Saal wieder regelmäßig Gottesdienste stattfinden. Jeden Mittwoch, so der Plan, steht das Café Heimathafen ausschließlich Frauen mit Kindern zur Verfügung. Abends sei dann das mobile Seelsorge-Team mit warmen Getränken, Snacks und weiteren Aufmerksamkeiten im Rotlichtmilieu unterwegs.

Die nach militärischem Vorbild organisierte Heilsarmee zählt auf St. Pauli vier haupt- und rund zehn ehrenamtliche Mitarbeiter. Die Freikirche engagiert sich seit ihrer Gründung im Jahr 1865 in London für Menschen in Not. Heute ist sie in mehr als 130 Ländern vertreten. In Deutschland gibt es 34 Korps (Gemeinden) und mehr als 1200 Mitglieder sowie 18 soziale Einrichtungen. Das Gebäude in der Talstraße unweit der Reeperbahn entstand Ende des 19. Jahrhunderts und diente zunächst als „Herberge zur Heimat“.

Polizei Hamburg: Haus wird seit 2013 umgebaut

Diese Unterkünfte waren damals einfache Hotels auf der Basis christlicher Hausordnung. Wandergesellen und Handwerker sollten dort auf ihren Reisen eine würdige Bleibe finden, um sie vor den Gefahren des Alkoholkonsums und Glücksspiels zu schützen. Wer dort übernachtete, schlummerte im großen Schlafsaal stets unter der Aufsicht des Hausvaters. Zu den prominentesten Schlafgästen zählte übrigens Joachim Ringelnatz.

Die Heilsarmee erwarb das Gebäude 1922. Es ist Sitz des Hamburger Korps. Seit 2013 wird das denkmalgeschützte Haus umgebaut und saniert. Ziel sei es gewesen, das überlieferte Erscheinungsbild mit der hellen Backsteinfassade zu erhalten. Denn „das Haus an der Talstraße ist heute nicht nur ein Beispiel des 130 Jahre währenden mildtätigen Engagements privater und christlicher Initiativen, sondern auch letztes Zeugnis der Geschichte der ,Herbergen zur Heimat‘“, heißt es bei der Heilsarmee.