Hamburg. Bundesweit hat Hamburg die höchste Abiturquote und umfassende Betreuung. Aber auch besonders viele Kinder mit Risikofaktoren.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) kann gute Nachrichten durchaus gebrauchen: Zuletzt gab es heftige Diskussionen um die neuen Bildungspläne – Rabe selbst stellte dabei fest, dass viele Schülerinnen und Schüler am Ende der vierten Klasse „gerade eben ein Pixi-Buch“ lesen können und die Schulabgänger im Bundesvergleich nur mittelmäßig abschnitten. Im neuen nationalen Bildungsbericht der Kultusministerkonferenz, der am gestrigen Donnerstag vorgestellt wurde, nimmt Hamburg allerdings gleich mehrere Spitzenplätze ein.

So hat Hamburg die höchste Abiturquote aller Länder – im Jahr 2020 waren es 55,7 Prozent. „Das ist insofern besonders ermutigend, weil Hamburgs Schülerinnen und Schüler in den schriftlichen Abiturklausuren der Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch in erheblichem Maß die gleichen Aufgaben bewältigen müssen wie die Schülerinnen und Schüler in den anderen Bundesländern“, sagte Rabe. Die Gymnasien haben in Hamburg einen sehr hohen Zulauf: Mit einer Übergangsquote von 53 Prozent nach der vierten Klasse liegt Hamburg hier auf dem zweiten Platz hinter Berlin.

Bildung in Hamburg sorgt für hohe Ausgaben

Weiterhin ist Hamburg neben Thüringen das einzige Bundesland, das allen Schülerinnen und Schülern einen Ganztagsschulplatz rechtlich garantiert. „Dieses Angebot ist anders als in fast allen anderen Bundesländern am Nachmittag kostenlos“, betont die Schulbehörde. Rund 85 Prozent aller Grundschüler nehmen an der Nachmittagsbetreuung der Grundschulen teil, auch dies ist der höchste Wert im Vergleich der Bundesländer.

In dem Ranking weit oben zu stehen ist aber nicht immer nur positiv. So haben Hamburg, Berlin und Bremen im Vergleich der Bundesländer pro Kopf auch die höchsten öffentlichen Bildungsausgaben. Die Mittel würden in Hamburg gezielt in die Schul- und Unterrichtsqualität investiert, betont die Behörde.

Schule Hamburg: Viele Kinder mit Risikofaktoren

Die drei Stadtstaaten liegen im Bildungsbericht auch beim Anteil der Kinder in sogenannten Risikolagen auf den Spitzenplätzen – dazu zählen neben einer ärmeren Lebenssituation auch schlechtere Sprachkenntnisse und eine niedrigere Formalbildung der Eltern. Dies seien Faktoren, die den Bildungserfolg in der Schule erschweren könnten. Kinder mit Migrationshintergrund sind hiervon besonders betroffen. Gleichzeitig ist in Hamburg und Berlin der Anstieg der Anzahl von Kindern, die beschult werden müssen, am stärksten. Bei den Null- bis Sechsjährigen stieg die Zahl der Kinder in der Zeit von 2010 bis 2020 in der Hansestadt Hamburg um 25 Prozent, im Bundesdurchschnitt waren es nur 16 Prozent.

Der nationale Bildungsbericht wird alle zwei Jahre unter Federführung des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) erstellt. In der Gesamtbewertung sprach Rabe am Donnerstag davon, dass aus ihm die schwierigen Aufgaben im Bildungssystem sichtbar würden. „Zugleich weisen die Daten aber auch darauf hin, dass viele Hamburger Reformen erfolgreich sind“, so Rabe weiter.

Bildungsbericht: Hamburg sieht „große Erfolge“

Eindringlich warnen die Experten in dem Report vor einem langfristigen Fachkräftemangel im gesamten Bildungssystem – trotz bereits eingeläuteter Personaloffensiven. Rabe verwies hier auf das bereits angestrengte Schulbauprogramm und die Offensive zur Gewinnung neuer Lehrkräfte. „Bislang ist die Initiative erfolgreich, nach wie vor können in Hamburg die vielen zusätzlichen Lehrerstellen besetzt werden“, hieß es.

Trotz der zuletzt geführten Debatte um die Leistungsfähigkeit von Schulabgängern und der Beschreibung Rabes, wonach viele von ihnen im Studium „abgehängt werden“, spricht die Behörde bei den Ergebnissen zum Übergang der Jugendlichen in Ausbildung von „großen Erfolgen“ der Stadt. „Obwohl die Hamburger Wirtschaft im Bundesvergleich nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Ausbildungsplätzen anbietet, gelingt es in Hamburg durch eine gezielte Vorbereitung und Beratung der Jugendlichen, fast alle Ausbildungsstellen zu besetzen.“

Mit den neuen Bildungsplänen will Hamburg nach eigenen Angaben an den inhaltlichen Defiziten arbeiten. Man sei es allen Schülerinnen und Schülern schuldig, „Bildung auf Bundesliganiveau anzubieten“. Erstmals werde in den Bildungsplänen auch verbindlich geregelt, welche Themen in allen Schulen im Unterricht aufgegriffen werden sollen. Ende März hatte Rabe in einem ersten Schritt die Bildungsplanentwürfe für die Grundschule, die gymnasiale Oberstufe und die Hauptfächer der Mittelstufe vorgelegt. Die Pläne sehen auch eine stärkere Gewichtung der Klassenarbeiten und Klausuren vor. Die Elternkammer kritisierte dagegen, dass die Bildungspläne „inhaltlich völlig überfrachtet“ seien und nach Umsetzung wohl weniger Schüler die Abschlüsse schaffen würden.