Hamburg. Der 72-Jährige entblößte sich häufig in der S-Bahn, wenn Frauen im Abteil saßen. Richterin erläutert, warum es keine Bewährung gibt.
Er hat es wieder getan. Und wieder. Und noch viele weitere Male. Es kommt immer wieder vor, dass Claus T. bei sich selber in der Öffentlichkeit Hand anlegt. Vorzugsweise in der S-Bahn, wenn er in einem Abteil mit Frauen fährt. Dann entblößt der 72-Jährige sich, manipuliert an sich herum.
Seit mehr als zwanzig Jahren geht das nun schon so, und es hat bereits viele Verurteilungen gegen den Hamburger gegeben. Doch etwas ist neu an diesem jetzigen Prozess gegen den Serien-Exhibitionisten: Nun sieht es ernsthaft danach aus, als müsste Claus T. erstmals in seinem Leben wegen solcher Taten ins Gefängnis.
Prozess Hamburg: Serien-Exhibitionist zu Gefängnisstrafe verurteilt
Zu 21 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt ihn am Mittwoch in einem Berufungsverfahren eine Kammer und betont, dass es nicht mehr möglich sei, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Doch genau darauf hatte der Angeklagte gehofft: dass er nicht hinter Gitter muss. Deshalb hatte er gegen ein vorangegangenes Urteil des Amtsgerichts vom August 2021, das noch 14 Monate ohne Bewährung gegen ihn verhängt hatte, Berufung eingelegt.
Allerdings: Auch die Staatsanwaltschaft war gegen die Entscheidung in Berufung gegangen. Ihr war die Strafe zu niedrig. Jetzt, nach dem neuen Urteil von 21 Monaten Gefängnis, bleibt Claus T. nur noch das Rechtsmittel der Revision.
Hamburger Exhibitionist – Gutachter: Handlungen „zwanghaft“
Die Anklage hatte dem 72-Jährigen vorgeworfen, sich unter anderem am 26. Oktober 2019 vor einer damals 16-Jährigen entblößt zu haben. Eine andere Frau wurde von ihm demnach gleich bei drei unterschiedlichen Gelegenheiten durch exhibitionistische Handlungen belästigt. Insgesamt ist er wegen neun Taten angeklagt.
Erst fünf Monate vor dem Vorfall vom Oktober 2019 war er wegen ähnlicher Taten verurteilt worden. Damals hatte ein Gutachter festgestellt, dass die exhibitionistischen Handlungen bei Claus T. „zwanghaft“ seien. Deshalb sei eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit auch „nicht sicher ausschließbar“. Seinerzeit hatte das Urteil gegen Claus T. noch 18 Monate gelautet — „letztmalig zur Bewährung“, wie der Richter betont hatte. Es hätte für den 72-Jährige eine nachhaltige Warnung sein sollen. Doch sie hat nicht gefruchtet.
Prozess Hamburg: Exhibitionist erklärt seinen Drang mit Kindheit
In dem jetzigen Berufungsverfahren hat der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Taten im Wesentlichen eingeräumt, so dass allein über das Strafmaß zu entscheiden war. Claus T. hatte im Prozess angeführt, dass dieser Drang, sich vor anderen zu befriedigen, vermutlich aus seiner Kindheit stamme. Am Großmarkt, wo er aufwuchs, hätten sich Erwachsene dem freizügigen Liebesspiel hingegeben, und er habe sie dabei beobachtet.
Später, in der Bahn, habe er sich ermutigt gefühlt, sich vor den Frauen zu entblößen. Er habe ihre Blicke so verstanden, als wollten sie sexuelle Handlungen von ihm. Wie falsch seine Interpretation war, zeigten spätere Aussagen der Opfer: Darin hieß es, sie hätten Angst, Ekel und Panik empfunden und seinen geschockt gewesen. Dass er, anders als von ihm angenommen, „unangenehm aufgefallen“ sei, bedauere er sehr, hatte der Angeklagte im Prozess betont. Er hat mehrere Therapien gemacht, allerdings keine, die für ihn wirklich geeignet wäre.
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Der Staatsanwalt sagt, bei Claus T. erfolgten die exhibitionistischen Handlungen aus einem „inneren Drang“ und seien „pathologisch“. Die Vorsitzende Richterin begründet die neue Strafe von 21 Monaten ohne Bewährung unter anderem mit der „hohe Rückfallgeschwindigkeit“ des Angeklagten. „Sie haben hartnäckig gehandelt.“ Vor allem habe er sich die letzten drei Jahre um eine vernünftige Therapie „herumgedrückt“. Es gebe auch nichts, was ernsthaft geplant sei. Im Übrigen sei Claus T. seiner Neigung „nicht willenlos ausgeliefert. Man könnte auch aufstehen und aus dem Abteil aussteigen.“