Hamburg. Einige Opfer, darunter Minderjährige, fielen Claus T. (72) wiederholt zum Opfer. Jetzt wehrt er sich gegen eine Gefängnisstrafe.
Eine junge Frau erwischte es gleich dreimal. So oft begegnete sie dem Exhibitionisten Claus T. in der S-Bahn, einmal im Sommer 2019, dann Anfang und Ende Januar 2020. Der 72-Jährige entblößte sich vor ihr und machte etwas mit der Hand, was die Frau ganz sicher nicht sehen wollte. In einem Zug der Linie U 2 zeigte er einer 16-Jährigen sein Geschlechtsteil. Das war im Oktober 2019. Nur fünf Monate zuvor war er wegen ähnlicher Taten in Altona verurteilt worden.
Claus T. ist ein Serien-Exhibitionist mit atemberaubendem Rückfalltempo. Seit mindestens 21 Jahren schlägt er bevorzugt in Hamburgs S-Bahnen zu: Er hat Dutzende Frauen belästigt, auch Jugendliche, im November 2011 ein erst 13 Jahre altes Mädchen. Doch die Gerichte ließen meist Milde walten, stellten ihre Urteile unter Strafvorbehalt oder ließen noch Bewährung zu.
Prozess: Serien-Exhibitionist legt Berufung gegen 14 Monate Haft ein
Als das Amtsgericht Altona den 72-Jährigen im Mai 2019 zu 18 Monaten Haft („letztmalig zur Bewährung“) verurteilte, stellte es auf Basis eines Gutachtens fest, dass seine exhibitionistischen Handlungen „zwanghaft“ seien. Eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit sei auch deshalb „nicht sicher ausschließbar“.Für die jüngsten seiner kaum noch zählbaren Übergriffe ist Claus T. im August 2021 zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden, die er erstmals auch verbüßen sollte. Gestern hat das Landgericht seine dagegen gerichtete Berufung verhandelt. Rechtsmittel hatte zuvor auch die Staatsanwaltschaft eingelegt – sie hält die Strafe für zu milde.
Claus T. ist Vater von drei Töchtern, zweifacher Großvater, Handwerker. Ein Mann, der leutselig wirkt, der sich einst im Verein für arme Menschen in Südasien engagierte. Der aber wegen Betrugstaten auch schon viele Jahre hinter Gittern verbracht hat. Dieser Drang, sich vor anderen zu befriedigen, stamme vermutlich aus seiner Kindheit, sagt er: Da, wo er aufwuchs, am Großneumarkt, hätten sich Erwachsene dem freizügigen Liebesspiel hingegeben. Mit Freunden habe er die Erwachsenen beobachtet und die Erwachsenen ihn.
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Später, in der Bahn, habe er aus den „Blicken“ und „Verhaltenspositionen“ von Frauen gefolgert, dass sie sich sexuelle Handlungen von ihm wünschten. Dass dies mindestens abseitige Gedanken waren, ist aktenkundig: Die Frauen reagierten mit Angst, Ekel und Panik; sie waren geschockt, litten unter Albträumen und fühlten sich gedemütigt. Einigen blieben sogar wiederholte Begegnungen mit Claus T. nicht erspart.
„Ich bedauere es sehr, wenn ich unangenehm aufgefallen bin“, sagt der Angeklagte. Er hat Therapien gemacht, mangels freier Plätze sogar in einer Beratungsstelle für Jugendliche – doch die Therapie, die er benötigt, war nicht darunter. „Ich gehe davon aus, dass das Ende ohnehin vorprogrammiert ist“, sagt er und meint: Je älter er werde, desto mehr lasse sein Verlangen nach. „Ich bin zu einer stationären Behandlung bereit“, sagt Claus T. S-Bahnen meide er bereits. Der Prozess geht weiter.