Hamburg. Dr. Michael Wölfel vom Israelitischen Krankenhaus – nach seinem Musikstudium entschied er sich doch noch für Medizin.
Für viele Patienten, die teilweise aus ganz Europa kommen, sind Michael Wölfel und seine Kollegen vom Israelitischen Krankenhaus in Alsterdorf „die letzte Hoffnung“. „Viele kommen von sehr weit her zur Funktionsdiagnostik, wenn ihr Magen-Darm-Trakt nicht so arbeitet, wie er soll“, sagt der Oberarzt. Die Klinik habe viel Erfahrung in dem Bereich. „Wir sind eines der Krankenhäuser, die Magenschrittmacher implantieren.“ Das seien sehr belastende Krankheiten, die dazu führten, dass Menschen nicht mehr essen könnten, weil beispielsweise die Speiseröhre krampfe. „Das sind oft jahrelange Leidensgeschichten.“
Internistisch sei das Israelitische Krankenhaus breit aufgestellt, die Patienten kämen mit ganz vielfältigen Beschwerden, sagt der 40-Jährige. Bekannt sei die Klinik für Behandlungen von Blinddarm- und Gallenblasenentzündungen, die chirurgisch versorgt werden, aber eben auch für Behandlungen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder Leberzirrhose. Viele Patienten hätten auch mehr als nur eine Erkrankung.
Michael Wölfel vom Israelitischen Krankenhaus: Zuerst Musiker, dann Arzt
Michael Wölfel hat sich erst ein wenig zeitverzögert für seinen jetzigen Beruf entschieden. Der Oberarzt im Israelitischen Krankenhaus ist Internist und diplomierter Musiker. „Ein Freund von mir, ein Saxofonist, hat gesagt, er kennt ganz viele Mediziner, die begeisterte Musiker sind, aber ganz wenige Musiker, die im Hobby operieren.“ Wölfel gehört nun also zu denen, die nur mehr hobbymäßig musizieren. Schon am musischen Gymnasium hatte der heute 40-Jährige Kontrabass gespielt und war auch Mitglied des Bundesjugendorchesters. Der Weg zur Musikhochschule in Lübeck sei dann fast logisch gewesen, sagt der Jazzfan. Doch zum Ende seines Studiums habe er eine kleine Sinnkrise bekommen.
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Medizinisch ist Wölfel „familiär vorbelastet“, wie er im Podcast „Hamburger Klinikhelden“ erzählt. Sein Vater ist Anästhesist, seine Mutter Kinderkrankenschwester. Die Arbeit der Eltern sei am Abendbrottisch immer ein Thema gewesen. Auch er habe während des Musikstudiums mehrere Krankenhauspraktika gemacht und nach dem Studienabschluss doch noch ein Medizinstudium begonnen. Nach Stationen in Erlangen und Nürnberg führte ihn der Weg nach Hamburg. Seine Frau, eine Hamburgerin, habe es nach der Geburt ihres ersten gemeinsamen Kindes wieder zurück in die Heimat gezogen, sagt Wölfel. Da sei er natürlich mitgekommen und habe sich dann hier beruflich orientiert. Inzwischen hat das Paar drei Kinder im Alter von viereinhalb und drei Jahren und sieben Monaten.
Kleines Krankenhaus, was patientenzentriert arbeitet
Er habe viel Positives über das Israelitische Krankenhaus gehört, ehe er vor drei Jahren seinen Job angenommen habe, sagt Wölfel. Der Leitspruch der Klinik sei: „Die Menschenliebe ist die Krone aller Tugenden“, und das werde im Haus gelebt. Das Israelitische Krankenhaus sei mit weniger als 200 Betten ein recht kleines Haus, daher sehr patientenzentriert. Die Klinik, in der er davor tätig war, hatte etwa 1300 Betten. „Man sieht die Kollegen hier jeden Tag, die Wege sind sehr kurz, man kann sehr schnell mit den Kollegen Kontakt aufnehmen, zwei Minuten später steht dann ein Chirurg am Bett und guckt sich den Patienten an, wenn das notwendig ist“, sagt der Arzt. Das sei sehr wichtig, beispielsweise, wenn jemand eine Tumor-Diagnose bekommen hat, dann werde der Patient noch am selben oder am nächsten Tag operiert.
Er selbst mache viele Magen- und Darmspiegelungen, Ultraschall des Herzens und Belastungstests. „Männer kommen mit ihren Beschwerden noch später als die Frauen. Es gibt ja Untersuchungen, wonach Männer davon profitieren, wenn sie in einer Beziehung leben, das gilt andersherum nicht.“ Für manche Patienten sei der Umgang mit ihren Beschwerden schambehaftet, wenn es um Körperausscheidungen geht. Ihnen müsse man die Scheu nehmen, sagt Wölfel.
Warum Darmkrebsvorsorge so wichtig ist: Frühes intervenieren möglich
Er spricht auch darüber, welche Vorsorgen man auf keinen Fall unterlassen sollte: „Am wichtigsten ist die Darmkrebsvorsorge.“ Das sei eine ganz tolle Untersuchung, weil, wenn man da beispielsweise kleine Wucherungen habe, diese sofort abtragen könne. „Da kann man ganz früh intervenieren.“ Das Schlimmste daran sei die Abführlösung, die man vorher trinken müsse. Frauen sollten sich außerdem regelmäßig gynäkologisch untersuchen lassen, rät Wölfel, Männer sollten zur Prostatauntersuchung.
Es bleibt nicht aus, dass Ärzte ihren Patienten schlimme Diagnosen mitteilen müssen. Das gehöre zum Arztsein, sagt der Mediziner, „man muss das Gespräch mit dem Patienten lernen, und man muss auch das Überbringen von schlechten Nachrichten lernen. Das Leid der anderen zu verarbeiten sei nicht einfach. „Man muss einen Umgang für sich selbst finden.“ Den schlimmen Satz, der häufig in Filmen fällt „Wir können nichts mehr für Sie tun“, werde er nie sagen, versichert Wölfel. „Ich würde immer sagen, wir können Sie nicht wieder gesund machen, wir können aber ganz viel für Sie tun.“ Er sehe viel Leid und viel Schmerz und nehme das auch immer wieder mit nach Hause. Aber zugleich erinnere es ihn immer wieder daran, wie wertvoll Gesundheit sei und dass man die Zeit mit seinen Liebsten gut nutzen solle. Wölfel hat sich deshalb erneut zur Elternzeit für sein jüngstes Kind entschieden – wie schon bei seinen beiden anderen Kindern. Probleme in der Klinik habe er deshalb nie bekommen: „Es ist eine Frage der Organisation, es ist gut mit den Kollegen besprochen, niemand ist unersetzlich.“