Hamburg. Zusammenschluss übt scharfe Kritik und macht konkrete Vorschläge zur besseren Versorgung „vordringlich Wohnungssuchender“.

Das „Hamburger Bündnis für eine neue soziale Wohnungspolitik“ übt scharfe Kritik an der Wohnungspolitik des Senats. „Die Lage für Wohnungsnotfälle ist und bleibt dramatisch“, sagte Landespastor Dirk Ahrens, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Hamburg, am Dienstag. Die Halbzeitbilanz des rot-grünen Senats falle in diesem Bereich enttäuschend aus. „Und Besserung ist derzeit nicht in Sicht“, so Ahrens. „Die Zahl der unversorgten Wohnungsnotfälle ist in den letzten Jahren immer weiter angestiegen, auf zuletzt rund 13.000 Haushalte. Gleichzeitig erreicht die Stadt ihre Ziele bei der zusätzlichen Schaffung von Wohnungen für diese Notfälle nicht – nein, ihre Zahl sinkt sogar.“

Im Namen des Bündnisses, hinter dem neben der Diakonie der Verein „Mieterhelfen Mietern“, die Behrens-Stiftung und die Stadtentwicklungsgesellschaft Stattbau Hamburg stehen, fordert Ahrens „einen echten Neustart bei der Bekämpfung der Wohnungsnot gerade der Menschen, die es besonders schwer haben“.

Laut Definition der Bundesarbeits­gemeinschaft Wohnungslosenhilfe gilt eine Person als Wohnungsnotfall, wenn sie wohnungslos oder von Wohnungs­losigkeit bedroht ist oder in unzumut­baren Wohnverhältnissen lebt. Dazu zählen etwa Personen, die eine barrierefreie Wohnung brauchen, Haushalte mit Kindern in sehr beengten Wohnverhältnissen oder von Gewalt betroffene Personen.

Für diese Gruppe der „vordringlich Wohnungssuchenden“, die dringend auf eine Wohnung angewiesen sind und nicht in der Lage sind, eine zu finden, sind Wohnungen mit sogenannter WA-Bindung (Wohnungsamtsbindung) vorgesehen. „Doch davon gibt es zu wenig“, kritisiert Katrin Brandt von Stattbau Hamburg. „Laut Plan sollten jährlich 300 Wohnungen dieser Kategorie gebaut werden, von 2016 bis 2021 also insgesamt 1800 Wohnungen. Tatsächlich fertiggestellt wurden aber nur 563, also nicht einmal ein Drittel.“ Sorge bereitet dem Bündnis auch, dass mehr Wohnungen aus der Bindung fallen. Bis 2031 würden voraussichtlich die Bindungen von rund 22.000 Wohnungen auslaufen, prognostiziert Michael Edele von der Behrens-Stiftung.

Für den geforderten „Neustart“ in der Versorgung von Wohnungsnotfällen appelliert das Bündnis an den Senat, den Anteil des sozialen Wohnungsbaus statt des geltenden Drittelmixes auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen. Zudem schlägt das Bündnis vor, jede zweite Neuvermietung des kommunalen Wohnungsunternehmens SAGA an vordringlich Wohnungssuchende zu vergeben. Damit könnten jährlich zusätzlich bis zu 2500 Wohnungsnotfälle versorgt werden.

Auch bei Konzeptausschreibungen und Grundstücksverkäufen der Stadt sollten ab 20 Wohnungen mindestens 50 Prozent geförderte Wohnungen und davon ein Viertel für vordringlich Wohnungs­suchende vorgesehen werden.

Das Bündnis setzt sich seit 2016 für eine bessere Versorgung vordringlich wohnungssuchender Menschen ein. Mit der Kampagne #einfachwohnen machten sie vor der Bürgerschaftswahl 2020 auf die Situation von Wohnungsnotfällen aufmerksam, indem sie Immobilien aufzeigten, in denen Wohnungen nicht genutzt werden oder neu entstehen könnten.